„Geheimnisverrat“ in Halfing

von Redaktion

Wegen Brandschutz fliegen Vereine aus dem Rathaus – Welche Lösungen es jetzt gibt

Halfing – Es klingt wie ein Agententhriller vom Lande. Drei Vereine und die Bürgermeisterin hatten ein geheimes Abkommen. Das kam jetzt an die Öffentlichkeit, ausgeplaudert von den „Geheimnisträgern“ selbst. Die Konsequenzen sind hart, aber offenbar alternativlos.

Für die Halfinger Blasmusik, den Trachtenverein „Almenrausch“ sowie den Musik- und Gesangverein ist jetzt „Schicht im Schacht“. Bis Mittwoch vergangener Woche hatten sie unterm Dach des Halfinger Rathauses ihr „geheimes“ Domizil. Nun plauderten sie öffentlich aus, dass sie auf dem Dachboden proben. Und das brachte Bürgermeisterin Regina Braun (CSU) in eine ziemlich prekäre Lage.

Nutzung war
offiziell nie erlaubt

Nach einer Brandschutzbegehung im Jahr 2023 hatte sie dem Landratsamt und der Kreisbrandinspektion in einer E-Mail offiziell mitgeteilt, dass sich unterm Dach des Rathauses wirklich „nur Abstellflächen für die Vereine“ befinden. Die Brandschutzexperten hatten empfohlen, vor einer Nutzung des Dachgeschosses für den Aufenthalt von Menschen einen geeigneten zweiten Fluchtweg zu errichten. Zwar gibt es neben der vorhandenen offenen Treppe am Haupteingang auch eine zweite Treppe am anderen Ende des Dachbodens. Aber die, so informiert Kreisbrandrat Richard Schrank auf OVB-Anfrage, sei als zweiter Fluchtweg „höchst mangelhaft“.

Da die Halfinger Feuerwehr keine Drehleiter besitzt, müsse für die Rettung aus mehr als acht Metern Höhe – also beispielsweise aus dem Dachgeschoss des Rathauses – ein baulicher zweiter Fluchtweg vorhanden sein. „Ansonsten ist eine Nutzung nicht möglich“, so Schrank. Doch die Halfinger schlugen die Warnungen in den Wind. Zwar wurde für rund 10000 Euro eine zusätzliche Brandmeldeanlage eingebaut. Doch selbst die hätte im Ernstfall nicht ausgereicht, um den gesetzlich geforderten Brandschutz der Menschen im Dachgeschoss zu garantieren.

Dafür gab es in Halfing aber die stille Übereinkunft, dass niemals öffentlich über diese Nutzung des Dachgeschosses gesprochen, geschweige denn in Wort und Bild darüber berichtet werden dürfe, wie Regina Braun in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates erklärte. Die Verantwortung für den Ernstfall trug die Bürgermeisterin persönlich. „Ich erinnere nur an Schneizlreuth“, reagiert Kreisbrandrat Schrank auf diese Information. In der Nähe von Berchtesgaden kamen 2015 sechs Menschen in den Flammen eines Gästehauses um. 20 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Da es für den zu einem Event-Stadl und Gästehaus umgebauten Bauernhof weder eine Baugenehmigung noch Brandschutzvorkehrungen gab, und das von allen toleriert wurde, musste sich auch der damalige Bürgermeister vor Gericht verantworten: wegen fahrlässiger Tötung in sechs und fahrlässiger Körperverletzung in 18 Fällen.

In Halfing ist zum Glück noch nichts passiert. Doch nach dem „Geheimnisverrat“ sprach die Bürgermeisterin in der jüngsten Gemeinderatssitzung am vergangenen Donnerstag ein Machtwort mit schmerzlichen Konsequenzen: „Die Räume sind ab sofort für jeglichen Aufenthalt, für Proben und andere Veranstaltungen zu schließen.“ Das betrifft vor allem die zum Probenraum umgebauten Lagerflächen.

Doch auch die Bereiche, die Theaterverein, Feuerwehr, Trachten- und Dorfverein auf der anderen Seite des Dachbodens als Abstellflächen nutzten, gehen verloren. Diese allerdings für einen guten Zweck: für die Daseinsfürsorge der Halfinger. Der Gemeinderat sprach sich mehrheitlich dafür aus, einen etwa 300 Quadratmeter großen Bereich des Dachgeschosses zu einer Gemeinschaftspraxis um- und auszubauen. Gebraucht wird sie schon im Juni 2026.

Für eine Übergangszeit, so Bürgermeisterin Regina Braun, müsse man jetzt zusammenrücken, würden sich für die Vereine in Schule, Pfarrheim oder Mehrzweckhalle sicher Ausweichmöglichkeiten finden. Mit einem Blick in die zukünftige Ortsmitte mit Reismühle und Brunnerhaus verdeutlichte sie, dass dieses Großprojekt einzig und allein für die Bürger und Vereine der Gemeinde Halfing gebaut werde.

Zukunft in Reismühle und Brunnerhaus

Hier sollen ein Bürgersaal, Vereins- und Probenräume sowie eine Bühne entstehen. Zudem bekomme jeder Verein sein Büro. „Die Investitionen und auch die Folgekosten sind sehr hoch. Und das alles für die Vereine“, betonte Regina Braun. Zweifel räumte sie schon vorab aus: „Kommt mir jetzt nicht mit dem Argument, dass das sowieso nichts wird. Wir sind auf einem guten Weg.“ Braun kritisierte, dass über die sozialen Medien Zwietracht in der Gemeinde gesät werde. „Doch wir sind ein Ort, der zusammenhält. Und wir werden es schaffen, die Vereine gut unterzubringen.“ Die Reismühle sei das Fernziel, man brauche jetzt eine kurzfristige Lösung, mahnte Peter Aicher (Halfinger Wählervereinigung) an. Er ist zwar optimistisch, dass die Gemeinde Halfing das Problem lösen werde, erinnerte aber auch daran, dass „Kommunen mit ihren Vereinen leben und sterben.“

Johannes Guggenberger (parteilos) zeigte sich überzeugt, dass die Vereine auf ewig unterm Dach des Rathauses bleiben werden. Er stellte zwar einen Antrag auf den Ausbau eines zweiten Rettungsweges. Doch der ging in der anschließenden Diskussion völlig unter. In der Sitzung am Donnerstag stimmte der Gemeinderat nicht darüber ab.

Auch Sepp Hofer und Sepp Stettner von den Freien Wählern Halfing sprachen sich dagegen aus, den Vereinen die Räumlichkeiten zu nehmen. Doch am Ende fiel die Entscheidung des Gemeinderats mehrheitlich gegen sie (12:2): Der Dachboden des Rathauses muss freigeräumt werden. Und die Vereine müssen sich auf die Suche nach neuen Lagerflächen und Proberäumen machen. Es sei denn, es findet sich noch eine Alternative. Die soll es offenbar geben, wie Gemeinderat Peter Aicher mehrfach betonte. Darüber diskutiert wurde aber im nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Und das heißt: Die Alternative ist vorerst geheim.

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