Bad Endorf – „Es geht nur über den Geldbeutel“, sagt Alexandra Rieger, Polizeioberkommissarin bei der Wasserschutzpolizei Prien. Damit meint sie eine mögliche Geldstrafe für einen Verstoß gegen das Naturschutzgesetz. Denn in jüngster Vergangenheit wurden sie und ihre Kollegen abermals wegen eines zerstörten Biberdamms gerufen. Dieses Mal zum Brandbach in der Nähe des Pelhamer Sees. Über die Echtzeitübertragung einer Wildkamera wurde der Umweltfrevler beobachtet und konnte noch mit der Mistgabel in der Hand auf frischer Tat ertappt werden.
Biberdämme mit Misthaken zerstört
Wie die Wasserschutzpolizei mitteilt, habe der 76-Jährige aus Bad Endorf in den vergangenen Wochen mehrmals die Stelle aufgesucht und den burgstützenden Biberdamm komplett entnommen. Die Kamera nahm ihn in Echtzeit dabei auf, wie er mit einem Misthaken die Biberkonstruktion zerstörte. „Der Eingang zur Biberburg lag dadurch teilweise trocken und war nicht mehr vor Feinden geschützt“, erklärt Rieger.
Nun wird wegen Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz gegen den Mann ermittelt. Denn – „wie inzwischen hinreichend bekannt sein sollte“, so Rieger – wer sich ohne Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde an Biberbauten zu schaffen macht, begeht eine Straftat. Der Mann habe sich zunächst uneinsichtig gezeigt, räumte die Tatvorwürfe aber schließlich ein. Er gab zu, die Biberdämme am Brandbach seit etwa fünf Jahren regelmäßig einzureißen, damit das Wasser fließen kann.
Die Polizei arbeitet bei derartigen Vorfällen eng mit den vom Landkreis Rosenheim bestellten Biberberatern zusammen. „Das Revier wird regelmäßig vom Biberberater kontrolliert und sein Zustand dokumentiert“, sagt die Kommissarin. Diesem sei aufgefallen, dass an vier verschiedenen Stellen große Asthaufen mit teils recht verwittertem Holz neben dem Brandbach fein säuberlich aufgestapelt worden seien. Dies deute laut Polizei darauf hin, dass der Biber in den vergangenen Jahren immer wieder versucht hat, an verschiedenen Stellen einen Damm zu bauen, um seine Burg und damit auch seine Familie zu schützen. Und jemand anders habe sie eingerissen.
Zahlreichen Landwirten ist der Biber ein Dorn im Auge. Denn während sie versuchen, ihre Wiesen eher trocken zu halten, kommt es durch den Nager und dessen Aufstauen häufig zu Überflutungen. „Wenn es ein Starkregenereignis gibt und der Bach übergeht, liegt das aber selten am Biber“, sagt Alexandra Rieger. In einigen Fällen führt der Frust über den Nager und die hohen Auflagen zum Schutz des Tiers dazu, dass Bauern selbst Hand anlegen. Doch nur wenn berechtigtes Interesse besteht, etwa wenn erheblicher Schaden durch das Hochwasser entsteht, kann der Biberdamm mit behördlicher Erlaubnis entnommen werden. Als erste Maßnahme setzen die Behörden jedoch auf Prävention, beispielsweise durch den Einbau von Drainagen. Denn sobald ein Damm zerstört wird, beginnt der Biber sofort mit dem Wiederaufbau.
Die Anzeige wird nun an die Staatsanwaltschaft Traunstein weitergeleitet. Wie Oberstaatsanwalt Dr. Rainer Vietze auf Nachfrage des OVB bestätigt, sei diese bereits in Kontakt mit der Wasserschutzpolizei. „Wir ermitteln wegen eines möglichen Verstoßes gegen ein Zugriffsverbot für Fortpflanzungs- oder Ruhestätten streng geschützter Tierarten.“ Bei derartigen Vergehen drohen dem Täter eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Haft. Laut Vietze haben Gerichte in ähnlichen Fällen Geldstrafen um die 60 Tagessätze verhängt – pro Tat, bei einem nicht vorbestraften, einsichtigen Ersttäter.
Entsprechende Fälle kämen laut dem Oberstaatsanwalt regelmäßig vor. „Wobei die Dunkelziffer relativ hoch sein dürfte.“ Nicht immer könne ein Täter ermittelt werden. Die Strafverfolgungsbehörden seien deswegen auch auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Das kann auch Alexandra Rieger bestätigen. Allein in diesem Jahr sei es zu zwei weiteren Anklagen in derartigen Fällen am Chiemsee gekommen: im März 2025 in Hittenkirchen bei Bernau und im April 2025 in Breitbrunn.
Wenn die Kamera zum Zeugen wird
Die Verwendung der Wildkameraaufnahmen als Beweismittel ist grundsätzlich erlaubt, erklärt Vietze. Jedoch müssten sie im Einzelfall geprüft werden. Die Untere Naturschutzbehörde kann sich zum Fall am Brandbach nicht weiter äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, heißt es auf Nachfrage.
Wie Sibylle Gaßner-Nickl, Sprecherin des Landratsamtes Rosenheim, mitteilt, kommen Wildtierkameras im Landkreis Rosenheim seit einigen Jahren zum Einsatz – und nicht nur im Rahmen des Bibermanagements. „Die Aufnahmen dienen dazu, konkrete Tieraktivitäten festzustellen.“
Außerdem gebe es dabei einiges zu beachten: „Aus Datenschutzgründen müssen die Kameras so positioniert werden, dass zufällige Aufnahmen von Personen nicht möglich sind“, erläutert Gaßner-Nickl. Zudem sei vorgeschrieben, dass es dort, wo Wildkameras zum Einsatz kommen, durch entsprechende Hinweise oder Schilder mit der Aufschrift „Dieser Raum wird videoüberwacht“ kenntlich gemacht wird. „Beim Einsatz von Wildtierkameras geht es ausdrücklich nicht darum, Umweltsündern auf die Spur zu kommen.“