Aschau steigt bei „Rosi“ aus

von Redaktion

Rufbus „Rosi“ ist ein „Fass ohne Boden“ – Gemeinde schustert 15 Euro pro Fahrt zu

Aschau – „Raus!“ Die Entscheidung des Aschauer Gemeinderates war eindeutig: Das Rosi-Mobil wird zum 30. September in der Gemeinde eingestellt. Nicht zum ersten Mal, doch vielleicht zum letzten Mal redete Aschaus Erster Bürgermeister Simon Frank (ZfA) zum Thema „Rosi“ Tacheles: „Eine Fortführung des Projekts ist nach allgemeiner Rechtsauffassung in der Form nicht weiter zu verantworten.“

Kein Überblick über
tatsächliche Kosten

Die Gründe dafür sind seit langem bekannt. Und trotz vieler Nachfragen und Mahnungen der Gemeinde hat sich über viele Monate nichts geändert: „Wir haben keinen Überblick über die tatsächlichen Projekt-Ausgaben. Es fehlen nach wie vor Nachtragsrechnungen aus dem abgeschlossenen dritten Betriebsjahr sowie die Rechnungsstellungen für das laufende vierte Betriebsjahr“, informierte Frank den Gemeinderat. Doch die Gemeinde sei in der gesetzlichen Pflicht, mit dem Geld der Steuerzahler sorgsam umzugehen.

Bislang hat die Gemeinde Aschau die Idee unterstützt, den On-Demand-Verkehr im ländlichen Raum zu fördern und das ÖPNV-Angebot zu ergänzen. Aber damit ist jetzt Schluss: Der Gemeinderat beschloss einstimmig, das Pilotprojekt „Rosi-Mobil“ im Gemeindegebiet einzustellen. Und zwar schon zum 30. September 2025.

Das Landratsamt Rosenheim werde darüber in Kenntnis gesetzt, informierte der Bürgermeister. Eine qualifizierte Gesamt-Schlussrechnung werde angefordert. Frank begründete noch einmal ausführlich, warum die Gemeinde ein Projekt, „das immer neue Probleme aufwirft und deren finanzielle Anforderung keine Grenzen zu kennen scheint“, nicht weiter unterstützen wolle.

Im Juni 2021 wurde per Gemeinderatsbeschluss ein Projekt-Zuschuss für sechs Betriebsjahre in Höhe von 175000 Euro genehmigt. Bislang hat die Gemeinde einen Defizitzuschuss für durchgeführte Fahrten in Höhe von rund 100000 Euro gezahlt. Nach einer internen Hochrechnung der Gemeinde müsse man voraussichtlich mit weiteren 50000 Euro für die fehlenden Rechnungen für das dritte Betriebsjahr und die ersten Monate des vierten Betriebsjahres 2025 ansetzen. Dies entspreche einem Defizitausgleich von circa 15 Euro pro Fahrt.

Ein Ausblick für den Abschluss des vierten Betriebsjahres ergibt rund 193000 Euro. Damit werde das ursprünglich veranschlagte Gesamt-Budget bereits weit vor dem Ende des laufenden Pilotprojektes überschritten, erläuterte Simon Frank. Eine im Juli 2024 beschlossene Budgeterhöhung der Gemeinde auf 225000 Euro sei nicht wirksam geworden, weil die Auszahlungsvoraussetzungen nicht erfüllt wurden.

Ende März diesen Jahres hatte das Landratsamt der Gemeinde mitgeteilt, dass die Gesellschaft RoVG gelöscht wurde und die Fahrten nunmehr von der DB Regio Bus Bayern GmbH (DRB) durchgeführt und gemanagt werden. Mit dem sogenannten Sektorenmodell, das seit 1. Mai praktiziert wird, sollte durch Fahrtenreduzierung und eine Verdopplung der Fahrpreise das Defizit gesenkt werden. Wie sich das Sektorenmodell allerdings auf Kundenverhalten und Wirtschaftlichkeit ausgewirkt habe, sei den Gemeinden bis heute nicht bekannt, erklärte Frank.

Anfang Juli teilte das Landratsamt der Gemeinde auf Nachfrage mit, dass die Fördermittel nur bis zum dritten Betriebsjahr bewilligt sind. Die eingeplanten Fördermittel für die letzten drei Betriebsjahre seien aktuell nicht bewilligt. „Der Businessplan und die Geschäftsgrundlage für die Beschlussfassungen stehen allein diesbezüglich in schwerem Zweifel“, so Frank. Schon nach Ablauf des ersten Betriebsjahres sei den Gemeinden zudem mitgeteilt worden, dass die staatlichen Fördermittel nicht zehn Euro pro Einwohner betragen, sondern nur in Höhe von sechs Euro bereitgestellt werden.

Die Gemeinde hat immer wieder ihre Kritik geäußert. Dazu gehören lange bekannte technisch-organisatorische Defizite, die nicht beseitigt wurden, was bei den Fahrgästen häufig für Unmut sorgt. Dazu gehört aber auch das unprofessionelle Projektmanagement. „Es fehlen klare Strukturen, definierte Verantwortlichkeiten, effiziente Kommunikation, Flexibilität und Zielorientierung“, erklärt Frank. In einer E-Mail vom 18. August sei der Gemeinde vom Landratsamt bestätigt worden, dass „weder das Landratsamt, noch die RoVG, noch deren Liquidatorin projektverantwortlich sind“. Dies seien allein die beteiligten Gemeinden. Und diese könnten für sich entscheiden, ob sie unter den gegebenen Umständen an „Rosi“ festhalten oder nicht.

Die Gemeinde Samerberg stieg schon im Mai 2025 aus Rosi aus. Nach eigenen Angaben wegen schlechter Verfügbarkeit der Busse und einem hohen Defizitbeitrag von etwa 50 Euro pro Fahrt. Nun scheidet auch Aschau aus. „Das Projekt war gut gedacht und für den Nutzerkreis sicherlich attraktiv. Aber es gibt nichts mehr auszusitzen“, so Bürgermeister Simon Frank.

Die Meinung der Gemeinderäte war deutlich. Dr. Silke Helfmeyer (FWG) bewertete die Sache als „traurig“, aber „da müssen wir raus“. Gerhard Knickenberg (ZfA) äußerte sich ähnlich. Simon Hösch (ABL) bedauerte den Ausstieg, aber: „Eine Mobilitätswelle muss von oben gewollt sein.“ Michael Andrelang (CSU) bezeichnete einen Verbleib im Rosi-Projekt als „Ritt ins Ungewisse“. Die Idee sei gut gewesen, aber es habe die Grundlage für Planungssicherheit gefehlt.

Veronika Lang (Bürgerbewegung Aschau) sagte, dass die Rosi „ein Fass ohne Boden“ sei. Die Gemeinde habe lange guten Willen gezeigt, eine Fortführung sei nicht mehr zu verantworten. Sepp Hobelsberger (CSU) forderte die Einstellung des Rufbusses in Aschau. Auch wenn man eine Rückkehr nicht ausschließen sollte, falls es Verträge und Kostenberechnungen gebe. Eine Idee, die Bürgermeister Frank kategorisch ablehnte.

Sebastian Pertl (FWG) erklärte, dass er sich einen Ausstieg vor einem Jahr nicht habe vorstellen können. Er sei immer für den Rufbus gewesen. Aber „der Dilletantismus zieht sich wie ein roter Faden“ durch das Projekt. Die „Traudi“ im Nachbarlandkreis Traunstein sei da ganz anders aufgestellt.

Der Gemeinderat hat die schwierige rechtliche Situation ernstgenommen und rechtzeitig die Reißleine gezogen. Aschau im Chiemgau steigt aus „Rosi“ aus. Der Beschluss erfolgte einstimmig. „Eine unbequeme, aber verantwortungsbewusste Entscheidung. Auch das gehört zum Verantwortungsbewusstsein im Sinne der treuhändischen Verwaltung der Steuergelder unserer Bürger“, betonte Simon Frank. „Wir werden uns weiter Gedanken zu ÖPNV-Angeboten machen und uns zunächst neu sortieren, selbstverständlich gerne mit unseren Nachbargemeinden.“ Aktuell bleibe zumindest ein kleines Trostpflaster: Mehrmals täglich fahren die Chiemgaubahn, der MVV und der Bus Bernau-Sachrang die Gemeinde an, es gebe den AHK-Bus und Taxis.

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