Chronist mit Pinsel und Zeichenstift

von Redaktion

Ausstellung im Rohrdorfer Rathaus würdigt das Werk von Cajetan Dreißer

Rohrdorf – Kultur und Kunst im Rathaus: Muss das sein? Rohrdorfs Bürgermeister Simon Hausstetter meint „eindeutig ja“. Denn das Schlimmste, was Kunst passieren könne, sei, dass sie in den Depots von Museen verstaube. „Sie muss dorthin, wo die Leute sind.“

Er hat deshalb im Rathaus eine Ausstellung über den Rohrdorfer Maler Cajetan Dreißer initiiert, die jetzt zwei Monate lang zu sehen sein wird. Dreißer deshalb, weil sich jetzt zum 50. Mal sein Todestag jährt, vor allem aber deshalb, weil gerade seine Werke den Rohrdorfern das bieten, was Kunst soll: einen Anlass, sich mit anderen über sie zu unterhalten.

Malte zahlreiche
Bauernanwesen

Denn Dreißer war gewissermaßen der Bildchronist eines heute vergangenen Rohrdorfs. Er lebte in der Gemeinde seit 1944, nachdem seine Münchner Wohnung samt Atelier ausgebombt worden war. Seinen Lebensunterhalt bestritt er, indem er für die Bauern in der Umgebung Bilder malte – eine Ansicht des jeweiligen Anwesens. So etwas war zu verkaufen, sogar mit zunehmendem Erfolg. Dreißer hat auch viele Außenfassaden malerisch gestaltet, oft mit religiösen Motiven, aber auch Innenräume.

Für die Rohrdorfer, das zeigte schon die Eröffnung, bei der sich um die Bilder immer wieder dichte Trauben scharten, sind die ausgestellten Werke wie eine Zeitreise: Um welches Anwesen handelt es sich hier, von welchem Standpunkt aus ist es gemalt und wie sieht es heute aus?

Doch die Ausstellung ist nicht nur für Ortsansässige sehenswert, dank ihrer Kuratorin Michaela Firmkäs. Die Kunsthistorikerin, vielen bekannt als Nußdorfer Heimatpflegerin, hat es geschafft, über die Bilder den Lebensweg eines Künstlers zu rekonstruieren, aber auch die ihn begleitenden Zeitumstände. So sieht man in der Ausstellung auch den frühen Cajetan Dreißer noch in seiner Münchner Zeit in den 20er- und 30er- Jahren. Deutlich wird hier vor allem die Ausdrucksbreite, über die er verfügte: Da sind großformatige Landschaftsbilder durchaus streng nach der Münchner Schule, daneben aber auch kleine Werbekarten für Firmen und Ausstellungen, die in ihrer Expressivität die sogenannten „wilden Zwanziger“ des letzten Jahrhunderts richtiggehend lebendig werden lassen.

Ein großes Verdienst von Michaela Firmkäs und der sie begleitenden Grafikerin Astrid Balk ist aber auch die Ausstellungsgestaltung an sich. Es sind nicht nur Bilder einfach mit Erläuterungstexten an die Wand gehängt, hier ist durch Einbauten, die von Sebastian Schmid vom Bauhof vorgenommen wurden, vorübergehend ein echter Erlebnisort geschaffen.

Da Cajetan Dreißer außerhalb Rohrdorfs vergleichsweise unbekannt geblieben ist und über ihn bislang so gut wie nichts veröffentlicht wurde, hat Michaela Firmkäs mit der Ausstellung aber auch mit dem knapp 100 Seiten starken Begleitbuch echte Pionierarbeit geleistet, wie Bürgermeister Simon Hausstetter betont. Dass ihr dabei, wie sie sagt, die Person Cajetan Dreißers, aber auch seine Werke ans Herz gewachsen sind, sieht man der Ausstellung in jedem Detail an. Etwa daran, dass die Wände, an denen die Werke aus der Münchner beziehungsweise der Rohrdorfer Zeit unterschiedlich hoch sind: Es ist damit auf die jeweiligen Zimmerhöhen zu verweisen, die erklären, warum die Formate sich unterscheiden: kleiner in der Rohrdorfer Zeit, groß in der Münchner Zeit, wo er für großbürgerliche Kundschaft malte, die in Räumen wohnte, die deutlich höher waren als heute üblich.

Führungen an
den Wochenenden

Ein Plus der Ausstellung ist auch, dass Firmkäs und auch Hausstetter an den Wochenenden, an denen das Rathaus jeweils von 14 bis 15 Uhr geöffnet ist, immer wieder anwesend sein werden, um auf Wunsch auch kleine Führungen anzubieten. Natürlich aber kann die Ausstellung auch unter der Woche zu den normalen Rathausöffnungszeiten besucht werden.

Ein Besuch der Ausstellung ist auf jeden Fall ein Gewinn, ganz gleich, ob man aus Rohrdorf kommt, oder nicht. Denn die Chance ist groß, dass es einem nach dem Besuch so geht wie Firmkäs, die von sich sagt: „Mir ist, als sähe ich unsere heimische Landschaft, auch die Lichtstimmungen, die mit ihr spielen, seither mit ganz neuen Augen.“

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