Betriebsrat erhebt schwere Vorwürfe

von Redaktion

Schön-Klinik-Management nach massiven Schließungsplänen in Vogtareuth unter Druck

Vogtareuth – 200 Mitarbeiter der Schön Klinik Vogtareuth wurden am vergangenen Dienstag eiskalt erwischt. Dass es aufgrund der Krankenhausreform Veränderungen geben würde, war zwar allen klar. Doch dass sie so umfassend sein würden, damit hatte keiner gerechnet. Die Neurochirurgie für Erwachsene, die Neurologie inklusive der multimodalen Schmerztherapie und des Bereiches für Junge Erwachsene (Jerwa), die Herz- und Gefäßchirurgie, die Hand-, die Plastische und die Brustchirurgie sowie die ambulante Rehabilitation werden zum Jahresende geschlossen. „Uns wurden am Dienstagvormittag die gleichen Informationen vorgelesen, wie sie unmittelbar danach den Beschäftigten in der Mitarbeiterversammlung bekannt gemacht wurden“, informiert der Betriebsrat auf OVB-Anfrage.

Vollendete Tatsachen ohne Vorwarnung?

Die Pläne waren vorab weder mit Chefärzten, noch mit dem Betriebsrat des Hauses besprochen worden. Alle Mitarbeiter der Schön Klinik Vogtareuth wurden am Dienstagmorgen vor vollendete Tatsachen gestellt. „Wir planen mit Strukturen und nicht mit Personen“, hatte Klinik-Geschäftsführer Georg Thiessen gegenüber dem OVB begründet. Das bedeute, dass man „stabile, funktionale Strukturen schaffen müsse, aus denen Qualität resultieren“ könne.

Am Dienstag saß der Schock in der Belegschaft tief. Die Sprachlosigkeit war groß. Erst am Donnerstag hatte der Betriebsrat seine Beratungen abgeschlossen und meldete sich mit einer Stellungnahme öffentlich zu Wort: „Die Unsicherheit, wie es nun weitergeht und welche Arbeitsplätze erhalten bleiben, ist verständlicherweise sehr groß.“ Zumal nur die Schließung der Fachabteilungen verkündet wurde. Weiterreichende Informationen gab es nicht.

Zukunftspläne bleiben intern bislang unklar

So wurde den Beschäftigten etwa nicht aufgezeigt, wie sich die Schön Klinik Vogtareuth zu einem führenden Fachkrankenhaus für die neurologische Behandlung von Kindern (Neuropädiatrie) mit Kinderorthopädie, stationärer Rehabilitation, neurochirurgischer Behandlung von Kindern und der Erwachsenen-Orthopädie mit dem Schwerpunkt Gelenkersatz (Endoprothetik) entwickeln will. Auch gab es keinerlei Information darüber, wie viele der 200 hoch qualifizierten Mitarbeiter, die nun ihre Jobs verlieren, für die Neuausrichtung der Vogtareuther Klinik gebraucht werden. Klar ist bislang nur eines: „Um die Strukturvoraussetzungen für ein Zentrum Pädiatrie zu erfüllen, braucht die Schön Klinik Vogtareuth einen Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie“, informiert Geschäftsführer Thiessen auf OVB-Anfrage. Die neue Stelle ist bereits ausgeschrieben. „Wir warten auf die gesetzlich vorgeschriebenen umfassenden Informationen mit Unterlagen und Begründungen vom Arbeitgeber, um uns auf die Verhandlungen zu Interessenausgleich und Sozialplan vorzubereiten“, informiert der Betriebsrat. Die Verhandlungen hätten noch nicht begonnen, auch wenn die Schön Klinik dies suggeriere. „Wir haben Gesprächstermine vorgeschlagen“, so Geschäftsführer Thiessen gegenüber dem OVB.

Dass ausgerechnet der 23. September für die Ankündigung der Schließungspläne gewählt wurde, könnte den Eindruck erwecken, dass die Geschäftsführung sicherstellen will, dass alle Fachabteilungen der Klinik noch bis zum Jahresende funktionstüchtig bleiben. Dem widerspricht Thiessen: „Die Beschäftigungsverhältnisse der betroffenen Mitarbeiter enden nicht zum Ende des Jahres“, betont er. „Aufgrund der langen Betriebszugehörigkeiten gehen viele weit über den 31. Dezember hinaus.“ Zudem seien noch keine Kündigungen ausgesprochen worden. Grundsätzlich stellte er klar: „Wir müssen uns der Gesamtsituation stellen und unsere Patienten an jedem Tag bestmöglich versorgen.“

Neuausrichtung
im „Spannungsfeld“

Die Neuausrichtung der Schön Klinik Vogtareuth erfolge im „Spannungsfeld von Krankenhausreform und wirtschaftlicher Stabilität“, betonte Georg Thiessen, der seit Juni Klinikgeschäftsführer in Vogtareuth ist. Die ökonomische Stabilität sei aus der Balance geraten. Nur mit einer Neuausrichtung könne die Zukunftsfähigkeit der Klinik gesichert werden. Nur so werde es gelingen, die Arbeitsplätze in den Kernbereichen zu sichern. Nach Ansicht des Betriebsrates resultiert „die wirtschaftlich angespannte Situation der Klinik aber im Wesentlichen aus Fehlentscheidungen des Managements der Schön Kliniken“. Allein der häufige Austausch der Klinikleiter in der Schön Klinik Vogtareuth spreche für sich. In zehn Jahren habe es hier neun Klinikgeschäftsführer gegeben. „Leider baden die Beschäftigten, wie so oft, diese Fehler und Versäumnisse aus“, kritisiert der Betriebsrat.

Klinikreform nur
ein Vorwand?

Dass es allein die Vorgaben der Krankenhausreform sein sollen, die zu den umfangreichen Bereichsschließungen in Vogtareuth führen, zweifelt der Betriebsrat an und verspricht: „In den Verhandlungen zu Interessenausgleich und Sozialplan werden wir uns mit unseren Juristen intensiv für die Beschäftigten einsetzen.“ Mit dem Ziel, finanzielle Nachteile auszugleichen und den Standort zu sichern.

Marcus Sommer, Regionalgeschäftsführer Süd der Schön-Klinik-Gruppe, ist überzeugt davon, dass „die Versorgungsqualität im Landkreis für die Bereiche, die wir künftig nicht mehr anbieten, gewährleistet“ ist. Die Mitarbeiter der Klinik in Vogtareuth sehen das anders, und der Betriebsrat spricht es aus: „Nach 40 Jahren Behandlungszentrum und Schön Klinik Vogtareuth sind die angekündigten Teilbetriebsschließungen ein schwerer Schlag für die Klinikmitarbeiter und für die Region. Wir bezweifeln, dass eine gleichbleibend hochqualitative Versorgung in den betroffenen Fachbereichen weiter sichergestellt werden kann.“

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