Großkarolinenfeld – „Wenn ich durch das frisch renovierte Portal der ältesten evangelischen Kirche Oberbayerns trete, betrete ich eigentlich ein Stück Zukunft. Denn jetzt ist sie die älteste und doch zugleich die neueste Kirche unserer Region“, sagte Regionalbischof Thomas Prieto Peral und traf damit voll ins Schwarze. Schon bei der Einweihung des neuen Kulturraums am Freitag mit dem Konzert von LBT waren die Besucher voll des Lobes für die gelungene Sanierung gewesen.
Der Andrang
war enorm
Der Festtag am gestrigen Sonntag begann bei bewölktem, aber trockenem Wetter am Rathaus, wo sich die Vereine mit ihren Fahnenabordnungen versammelten. Von dort zog der Festzug weiter zum Kolberer Platz und zur Karolinenkirche. Vor der Kirche waren entlang der Bahnhofstraße und der Pfälzerstraße bereits zahlreiche Tische und Bänke aufgestellt. Der Andrang war so groß, dass viele Besucher nur noch Stehplätze fanden.
Pfarrer Dr. Richard Graupner begrüßte die riesige Festgemeinde und betonte mit Blick auf die abgeschlossene Sanierung: „Es war ein langer Weg, der nun zu Ende geht.“ Für ihn, Graupner, sei das protestantische Leben in Oberbayern hier in Großkarolinenfeld förmlich greifbar. Nach diesen Eröffnungsworten wurden Taufbecken, Ambo und Altar eingeweiht, Glocken angeläutet und die Orgel angespielt.
Vor dem Anläuten der Glocken offenbarte der katholische Pfarrer Herbert Aneder daran, dass die Glocken morgens, mittags und abends läuten und daran erinnern, dass die Zeit in Gottes Händen liegt. „18 Monate haben die Glocken jetzt geschwiegen“, so Aneder, „nun erklingen sie wieder in ökumenischer Selbstverständlichkeit“.
Ein bewegender Moment war die Schlüsselübergabe an die Mesnerin Gertrud Adam. Kurz darauf erfüllten die kräftigen Klänge des Geläuts den Platz rund um den Glockenturm. Zur Einweihung des neuen Taufbeckens waren alle anwesenden Kinder aufgerufen, nach vorne zu kommen und von Pfarrerin Birgit Molnar einen Segen zur Erinnerung an ihre Taufe zu erhalten.
Höhepunkt war die Einweihung des neuen Altars. „Am Altar feiern wir das Abendmahl“, betonte Graupner und verwies mit Lob auf die Künstlerin Katharina Gaenssler, die die 3,50 Meter lange Tafel gestaltet hat. „In dieser Kirche können die Menschen nun Gott näherkommen“, betonte Dekanin Dagmar Häfner-Becker. Hier sind jetzt die Glocken geweiht, auch der Ort zu taufen und der Ort für das Mahl des Herrn. Gemeinsam sang die Festgemeinde dann „Großer Gott, wir loben dich“.
Regionalbischof Thomas Prieto Peral oblag es, die Festpredigt zu halten. Er nahm die Sorgen und Ängste der Menschen ins Visier und bezog sich auf Jesu Worte „Sorgt euch nicht“. Das sei ein starkes Wort in der heutigen Zeit mit den vielen Krisen, bedeutete der Bischof – bei einem Krieg vor der Haustür, bei Konflikten überall und einer Demokratie, die um ihr Bestehen kämpft. Es wäre doch fahrlässig, sich hier keine Sorgen zu machen, fragte der Bischof. Jesu Worte „Sorgt euch nicht“ seien vielmehr ein Aufruf zur Freiheit. „Die Diktatoren dieser Welt wollen doch nur, dass wir uns Sorgen machen“, so Prieto Peral. Aus der Angst wächst die Macht derer, denen es nur um Macht gehe. „Hier in Großkarolinenfeld haben Christen vor über 200 Jahren ihre Antwort in Stein gefasst. Die Karolinenkirche, die älteste evangelische Kirche in Oberbayern, erzählt vom Glauben, der Angst und Sorgen überwunden hat.“ Auch ein Zitat von Königin Karoline zitierte er: „Glaube darf kein Gefängnis sein, Glaube muss Heimat sein“. Und diese Haltung, so der Regionalbischof, habe in Großkarolinenfeld Geschichte geschrieben.
Auf Schirmherrn Herzog Franz von Bayern angesprochen, sagte er: „Die Tradition der Familie Wittelsbach lebt hier weiter. Einst gaben sie den Evangelischen Heimat in Bayern und brachten Toleranz ins Land, und heut gebührt Herzog Franz Dank für die Renovierung, die er zusammen mit Regionalbischöfin em. Susanne Breit-Keßler so tatkräftig unterstützt hat.“
Reigen von
Danksagungen
Am Ende des beeindruckenden Gottesdienstes gab es noch Grußworte. Der stellvertretende Landrat Sepp Hofer war beeindruckt vom neuen Konzept, das viele Bedürfnisse abdecke. Gerade die „Mehrfachnutzung“ sei ein Weg der Zukunft. Bürgermeister Bernd Fessler fieberte in den vergangenen Wochen der rechtzeitigen Fertigstellung der „Perle Großkarolinenfelds“ entgegen, wie er kundtat. Die Kirche hier sei ein wahrer Identitätsspender für die Gemeinde. Er lobte die Offenheit der Kirchengemeinde und das Erlebnis der gelebten Ökumene. Pfarrer Herbert Aneder wiederum freute sich, dass die evangelische Kirchengemeinde wieder ihre Heimat gefunden hat. Pfarrer Graupner bedankte sich explizit bei Herzog Franz von Bayern und Susanne Breit-Keßler. Als letzte Rednerin oblag es dann Breit-Keßler, dem Spiritus Rector der Sanierung, Dr. Richard Graupner, Dank auszusprechen. „Es gehörte viel Mut und Kraft dazu, so ein Projekt zu stemmen“, so Breit-Keßler.
Nach einem Mittagsmahl spielte die Kolberer Dorfmusi auf, es gab Kirchenführungen und Auftritte der Siebenbürger Jugendtanzgruppe, der Kindertanzgruppe des GTEV Kolbermoor und ein Rope-Skipping. Den Abschluss bildete um 17 Uhr eine ökumenische Andacht.