Hilfe für pflegende Angehörige

von Redaktion

Die Pflege von Angehörigen kann schnell überfordern. Das Christliche Sozialwerk Brannenburg startet deshalb die Initiative „PAsst“. Sie wollen unterstützen, wenn gar nichts mehr geht – mithilfe von denen, die diese Situation bereits kennen. So sieht das neue Konzept aus.

Brannenburg – Das Hinterhältige an der Überforderung ist, dass sie schleichend vor sich geht. Lange meint man, es ist anstrengend, aber es muss gehen und irgendwie geht es auch – bis man mit einem Mal erkennt: Da geht jetzt nichts mehr, ich kann nicht mehr.

Für das Christliche Sozialwerk Degerndorf-Brannenburg-Flintsbach ist diese Situation etwas, das man bei Menschen, die Angehörige zu Hause pflegen, unbedingt vermeiden möchte. Eine Idee dazu ist die neue Initiative „PAsst“, die am Wochenende in Brannenburg vorgestellt wurde. Im Namen steckt dabei schon das Ziel: Pflegende Angehörige zu stärken und zu unterstützen.

Hilfe von Betroffenen
für Betroffene

Darum bemüht sich das Sozialwerk auch heute schon. Neu ist aber, dass man dafür Menschen einbinden möchte, die aus eigener Erfahrung wissen, worum es geht: Weil sie selbst Angehörige gepflegt haben oder derzeit noch pflegen. Die Überlegung dabei: Jeder, der eine Pflegesituation bereits hinter sich hat, kennt die Situation besser als jeder andere.

Etwa die Tatsache, wie schnell man sich übernehmen kann. Für Albert Kreilinger von der TH Rosenheim, welche die Initiative des Sozialwerks wissenschaftlich begleitet, ist das sogar eines der Hauptphänomene bei der Pflege durch Angehörige. „Sie sehen sich lange nicht als Pflegende, stellen es so dar, dass sie Mutter oder Vater, Oma oder Opa einfach etwas zur Seite stehen und unterstützen.“ Denn Pflege, so sagt er weiter, ist einfach kein cooles oder attraktives Thema. Dass man tatsächlich pflegender Angehöriger sei, werde den Menschen oft erst dann so richtig klar, wenn ihre Kräfte schwinden und die Überforderung ständiger Begleiter wird.

Frühzeitige
Unterstützung

Ein erstes Ziel von „PAsst“ ist es nun, zunächst bekannt zu werden. Denn dann könnte auch Nachbarschaftshilfe greifen: Im näheren Umfeld desjenigen, der in eine Pflegesituation kommt, weiß man in der Regel davon. Und könnte dann die Betroffenen mit denen in Verbindung bringen, die sich in Zukunft als Menschen mit eigener Pflegeerfahrung bei „PAsst“ engagieren werden.

Denn es ist keine Frage: Ratschläge, die von Menschen kommen, die dieselbe Situation bereits hinter sich haben – oder auch mitten in ihr stecken – werden mit weniger Vorbehalten entgegengenommen. Weil das „Gespräch auf Augenhöhe stattfindet“ und man weiß, dass da einer redet, der wirklich weiß, wovon er spricht. Deren Kontakt, so hofft Gaby Dorn, die zusammen mit Verena Steinmaier Projektkoordinatorin beim Sozialwerk ist, sucht man vielleicht auch schon dann, wenn man sich noch gar nicht wirklich als Pflegender empfindet.

Auf diese Weise könnte man schon frühzeitig in einer Pflegesituation erfahren, welche Unterstützungsmaßnahmen es eigentlich gibt. Diese seien wesentlich vielfältiger, als man zunächst annähme, betont Albert Kreilinger: „Das Problem ist, dass die meisten, die in eine Pflegesituation geraten, die Angebote überhaupt nicht oder kaum kennen.“ Auch da, davon ist Gaby Dorn überzeugt, könnte es wesentlich helfen, wenn es Menschen gäbe, die ihr Erlebnis des „Wenn ich das nur früher gewusst hätte“ mit denen teilen, die aktuell betroffen sind.

Politische
Unterstützung

Große Unterstützung erfährt das Projekt auch von den beiden Bürgermeistern, von Matthias Jokisch aus Brannenburg und Stefan Lederwascher aus Flintsbach. Für beide ist klar: Menschen, die gepflegt werden müssen, sollen so lange wie möglich in ihrer heimischen Umgebung bleiben können. Das schon deshalb, weil es ein Gebot der Menschlichkeit sei, alte Bäume nicht so einfach und beinahe gewaltsam zu verpflanzen.

Aber auch deshalb, weil die heimische Pflege zu einem Muss werde, „in Zeiten, in denen, wie Stefan Lederwascher sagt „wir erleben müssen, wie im Inntal ein Seniorenheim nach dem anderen schließt.“ Jede Maßnahme, die helfe, pflegende Angehörige so zu unterstützen, dass sie möglichst gar nicht erst in eine Überforderung hineinschlittern, verdiene deshalb alle Unterstützung, und das Projekt „PAsst“ sei hier ein äußerst hoffnungsvoller Ansatz, so Lederwascher.

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