„Der Pilot der Drohne war in der Nähe“

von Redaktion

Experte aus Kiefersfelden analysiert das Chaos am Münchner Flughafen

Kiefersfelden/München – Rund 3000 Passagiere blieben am vergangenen Freitag am Boden, weil der Flughafen in München Start- und Landebahnen sperren musste. Grund waren mehrere Drohnen, die bereits am Donnerstagabend auf dem Gelände gesichtet wurden. Der Vorfall sorgt nun bundesweit für Diskussionen. So vermutete Bundeskanzler Friedrich Merz in einem ARD-Interview, dass „Russland hinter den meisten dieser Drohnen-Flüge steckt.“ Demnach kommt eine Bedrohung wie in München von denen, die Deutschland aus der Ferne testen wollen.

Pilot wohl in der
Nähe des Flughafens

„Zumindest was den Fall in München angeht, glaube ich, dass der Pilot der Drohnen nicht in Russland saß, sondern ganz in der Nähe war”, meint hingegen Professor Christian Arbinger. Er beschäftigt sich mit seiner Kiefersfeldener Firma „Dimos” schon seit Jahren mit sicherheitskritischen Satellitendiensten und digitaler Mobilität. Seine Vermutung: „Wäre die Drohne aus irgendeiner russischen Zentrale gekommen, wäre das technisch zwar möglich gewesen, dann hätte man sie aber definitiv früher sehen müssen.” Natürlich wäre es demnach trotzdem möglich, dass der Pilot aus Russland kam. Direkt gesteuert wurde das Gerät jedoch sehr wahrscheinlich direkt vor Ort.

Daher wurden die Drohnen von der Polizei erst wahrgenommen, als sie schon über der Flugbahn schwebten. Laut eines Sprechers der Bundespolizei konnten sie die Flugobjekte zwar erkennen. Doch bevor sie identifiziert werden konnten, waren die Drohnen bereits wieder verschwunden. Auch dafür hat Arbinger eine Erklärung. „Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Drohne aufzuspüren. Meistens erkennt man sie an ungewöhnlichen Funkfrequenz-Signalen“, sagt der Experte. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter auf dem Radar des Münchner Flugplatzes vermutlich erkennen konnten, dass sich etwas Seltsames auf dem Gelände befindet, jedoch nicht genau, was es ist.

Arbinger vermutet nach der Beschreibung des Zwischenfalls, dass es sich bei der Aktion eher um Trittbrettfahrer handelt, die sich unter dem Deckmantel potenzieller, russischer Spione entweder einen Scherz erlauben oder gezielt Angst schüren wollen. Zudem beschäftigt den Kiefersfeldener Techniker, was alles hätte passieren können. „Alle reden nur darüber, dass wir potenziell ausspioniert wurden, aber was ist, wenn so eine Drohne einen Störsender dabei hat?” Im schlimmsten Fall könnte man damit nicht nur den Flughafen, sondern sämtliche Infrastruktur wie beispielsweise Energieversorger oder Krankenhäuser angreifen. Dementsprechend ist Arbinger froh, dass durch den Vorfall wieder über das Thema diskutiert wird. „Ich würde allerdings lieber über das notwendige Abwehrsystem sprechen, als nur über ein besseres Radar.“ Schließlich habe man die Drohne ja zumindest gesehen. Ob es dabei reicht, dass die Drohnen von der Bundeswehr abgeschossen werden können, wagt Arbinger zu bezweifeln. „Auch eine abgeschossene Drohne kann beim Absturz Probleme verursachen.” Er wünscht sich stattdessen eine Möglichkeit, die Signale des Drohnen-Piloten an das Gerät zu unterbrechen und die Maschine damit selbst zu übernehmen. „Auch das“, so Arbinger, „ist technisch auf jeden Fall möglich.“

Die Bayerische Staatsregierung reagiert nun ebenfalls und kündigt nach der jüngsten Kabinettssitzung am vergangenen Dienstag an, ein Gesetz anzustoßen, das die Drohnenabwehr für die Landespolizei vereinfachen soll. Ziel sei es, dass die Beamten Drohnen selbst erkennen, identifizieren und unschädlich machen können. „Dazu wird ein neuer Artikel in das Polizeiaufgabengesetz eingefügt“, kündigt die Regierung an. Zudem soll ein Drohnenabwehrzentrum in Erding entstehen und ein Konzept für ein neues Landesamt für Bevölkerungsschutz erarbeitet werden.

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