Rott – Die Gemüter in Rott sind so erhitzt wie lange nicht mehr. Anlass war die Sondersitzung des Gemeinderats am vergangenen Montag zum Thema Flüchtlingsunterkunft im Gewerbegebiet „Am Eckfeld“. Hierbei hatte sich das Gremium über fehlende Angaben zum konkreten Bauantrag empört. Und die weitere Unterbringung von Geflüchteten – trotz der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH), die aufschiebende Wirkung der Baugenehmigung zu erteilen – kritisiert.
BI und Freie
Wähler verärgert
Auch die Bürgerinitiative (BI) „Rott rottiert“ sowie die Freien Wähler Rott äußern sich verärgert. „Was hier seit über einem Jahr geschieht, ist aus unserer Sicht kein gewöhnlicher Verwaltungsprozess mehr, sondern ein Fall von politischer Ignoranz, Missachtung von Gemeinderechten und einem eklatanten Vertrauensbruch gegenüber den Bürgern“, so die BI. Ähnlich äußern sich die Freien Wähler und sprechen in einer Mitteilung von einem „inakzeptablen Maß an Intransparenz und Verwaltungsversagen“.
Harte Vorwürfe, zu denen sich nun auch das Landratsamt Rosenheim äußert. Öffentlich bedauert die Behörde jetzt die „verursachte Verwirrung in der Rotter Gemeinderatssitzung“. Diese sei entstanden, weil das Landratsamt zunächst davon ausgegangen sei, dass es ausreiche, eine angepasste Baugenehmigung auf Basis des bisherigen Bauantrags zu erlassen. „Um weitere Verzögerungen zu vermeiden und gleichzeitig den formellen Vorgaben zu genügen, wurde der Gemeinde schnellstmöglich das hierfür erforderliche Anhörungsschreiben zugesandt“, so die Behörde. Im Zuge einer genaueren Prüfung sei aber auch das Landratsamt zu dem abschließenden Ergebnis gekommen, dass doch ein völlig neuer Bauantrag erforderlich ist. Darüber sei zwar die Gemeindeverwaltung telefonisch in Kenntnis gesetzt worden. „Wir räumen aber ein, dass ein schriftlicher Widerruf des Anhörungsschreibens an die bevollmächtigte Anwaltskanzlei fälschlicherweise unterblieben ist“, so das Landratsamt.
Ein Fehler also, der dazu geführt hatte, dass der Gemeinderat nicht wusste, worüber genau diskutiert werden sollte. Ein komplett neuer Bauantrag soll in Kürze eingereicht werden, zu diesem werde dann auch die Gemeinde Rott am Inn gehört, so das Landratsamt. Mit dem Abschluss dieses Verfahrens ist zum Ende des Jahres zu rechnen. Dennoch stehen auch noch weitere Vorwürfe, wie die anhaltende Unterbringung von Geflüchteten trotz Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH), im Raum.
Auf Anfrage erklärt die Behörde dazu, dass nach dem Beschluss des BayVGH „die weitere Nutzung des Gebäudes als Ankommenseinrichtung zwar derzeit nicht genehmigt“ sei, „die Genehmigungsvoraussetzungen liegen aber nach unserer Auffassung grundsätzlich vor“. Das Landratsamt erklärt dazu: „Wenn das Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde Kenntnis über baurechtswidrige Zustände erlangt, ist es nicht automatisch auch dazu verpflichtet, diese umgehend zu beseitigen. Vielmehr muss in diesen Fällen immer eine Ermessensentscheidung zum weiteren Vorgehen getroffen werden.“ Im Falle der Flüchtlingsunterkunft von Rott bestehe „keine kurzfristige Alternative für den vollständigen Auszug der betroffenen Menschen.“ Um die Obdachlosigkeit der Bewohner zu vermeiden, sei daher entschieden worden, die Personen so lange in der Unterkunft zu belassen, bis eine Verlegung in andere Unterkünfte möglich sei. Zudem liege dem Urteil des VGH lediglich ein einfacher Formfehler – eine fehlende Rückbauverfügung für Sanitärcontainer – zugrunde, der im weiteren Verfahren leicht behoben werden könne. Dennoch bemühe sich das Landratsamt, „um einen schnellen Abschluss der Abverlegung“. Im Moment (Stand: 16. Oktober) würden nach Angaben der Behörde noch 37 Personen in Rotter Unterkunft leben. Wann diese umziehen würden, könne noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Behörde betont zwar, „von der Recht- und Zweckmäßigkeit dieses Vorgehens fest überzeugt“ zu sein, „dennoch steht es der Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde natürlich jederzeit frei, unser Handeln entsprechend zu prüfen“, so das Landratsamt.
Außerdem wird betont, dass „selbstverständlich bis zum Erlass einer neuen Baugenehmigung keine weiteren Bewohner in der Unterkunft untergebracht wurden und werden.“ Zuletzt seien hier am 26. August Personen untergebracht worden, also noch vor der Entscheidung des BayVGH. Dabei habe es sich um den derzeit letzten Bus an zugewiesenen Personen gehandelt. „Aufgrund der Entscheidung des BayVGH sind weitere Zuweisungen durch die Regierung von Oberbayern derzeit bis auf Weiteres ausgesetzt“, so das Landratsamt.
In Zukunft müsse aber grundsätzlich weiterhin mit regelmäßigen Zuweisungen durch die Regierung von Oberbayern gerechnet werden. Die Behörde betont deshalb, dass „die Ankommenseinrichtung in Rott am Inn weiterhin dringend benötigt“ werde, trotz sinkender Flüchtlingszahlen. „Der Landkreis Rosenheim liegt nach wie vor deutlich unter der Erfüllungsquote für Oberbayern“, so die Behörde.
Mietvertrag
nicht veröffentlicht
Die Bürgerinitiative „Rott rottiert“ und die Freien Wähler Rott am Inn werfen dem Landratsamt jedoch auch fehlende Transparenz bezüglich der Kosten vor. Beide Gruppierungen stellen die Behauptung auf, dass über 300000 Euro für den Sicherheitsdienst allein im Jahr 2024 ausgegeben worden seien. Außerdem monieren beide Gruppierungen die weiterhin fehlende Offenlegung des Mietvertrags und stellen Vermutungen über eine fehlende Rücktrittsklausel oder eine im Fall einer vorzeitigen Kündigung hohe Vertragsstrafe an und glauben, dass dies der eigentliche Grund für das Festhalten an der Unterkunft sei.
Auf Anfrage möchte sich das Landratsamt zu diesen Vorwürfen aber nicht äußern. „Das Landratsamt Rosenheim ist nicht dazu berechtigt, Vertragsinhalte aus zivilrechtlichen Mietverträgen öffentlich preiszugeben. An der Unterkunft wird – wie oben erwähnt – weiter festgehalten, da diese auch in Zukunft benötigt wird“, so die Behörde.