Vogtareuth – Die Schön-Klinik Vogtareuth ist mit 240 Planbetten und den Fachrichtungen Chirurgie, Herzchirurgie, Kinder- und Jugendmedizin, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Neurochirurgie und Neurologie im Krankenhausplan des Freistaates Bayern verankert. Am 23. September teilte die Klinik-Geschäftsführung mit, dass zum 31. Dezember eine Reihe von Fachzentren der Erwachsenenmedizin geschlossen wird, da „im Spannungsfeld zwischen Krankenhausreform und ökonomischer Stabilisierung eine Neuausrichtung der Klinik unausweichlich ist, um langfristig ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern.“
Keine gesetzliche
Sicherstellungspflicht
„Grundsätzlich steht es einem Privatunternehmen frei, welche Leistungen angeboten werden“, erklärt Landrat Otto Lederer auf OVB-Anfrage. Ein privater Klinikbetreiber muss also keine Verantwortung für die Versorgungssicherheit einer Region übernehmen. In Vogtareuth werden Herzchirurgie, Neurologie, Schmerztherapie, Neurochirurgie, Epilepsiechirurgie, Wirbelsäulenchirurgie und Skoliosebehandlung zum 31. Dezember geschlossen.
Hunderte Patienten fallen aus der stationären und ambulanten Versorgung heraus. Bereits vereinbarte Behandlungen und Operationen im Jahr 2026, auf die sie monatelang gewartet haben, wurden abgesagt. Am 31. Dezember gehen die Lichter aus. Ohne Konsequenzen für den Klinikträger, denn, so bestätigt auch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention: „Privaten Klinikträgern obliegt keine gesetzliche Sicherstellungspflicht.“
Krankenhäuser seien keine nachgeordneten Behörden des Staates und auch sonst keinen Weisungen hinsichtlich ihres Betriebsablaufs unterworfen. „Entscheidungen über die interne Organisation des Betriebsablaufes, aber auch über Standortverlagerungen oder -schließungen treffen die Krankenhausträger grundsätzlich in eigener Verantwortung“, so die Sprecherin. „Bayerns Gesundheitsministerium kann den Weiterbetrieb eines Krankenhauses gegen den Willen des privaten Krankenhausträgers nicht erzwingen oder die geplante Schließung hinauszögern.“
Einen Versorgungsnotstand befürchtet das Ministerium nicht: „In Bayern besteht ein engmaschiges Netz an insgesamt rund 400 leistungsfähigen Krankenhäusern. Aus Sicht der Krankenhausplanungsbehörde ist die Versorgung der Patientinnen und Patienten in der Region durch die umliegenden Krankenhausstandorte weiterhin gewährleistet.“ Die Versorgungssicherheit sei aufgrund der Krankenhausreform „nicht im Generellen gefährdet“, erklärt die Sprecherin auf OVB-Anfrage. „Das gilt auch und gerade, nachdem der Bund zuletzt Zugeständnisse an die Länder im Bereich von Kooperationsmöglichkeiten und Ausnahmeregelungen gemacht hat.“
Die Schön-Klinik-Gruppe hat diese Entscheidung nicht abgewartet, sondern ihre wirtschaftliche Zukunft „proaktiv“ gestaltet, wie die Klinik-Geschäftsführung gegenüber dem OVB erklärte. Sie stellt sich neu auf, konzentriert sich künftig auf die Neuropädiatrie, Kinderorthopädie und die stationäre Rehabilitation sowie Orthopädie für Erwachsene mit dem Schwerpunkt Endoprothetik (Gelenkersatz).
Kommt es hart auf hart,
muss der Landkreis ran
Das Gesundheitsministerium als zuständige Krankenhausplanungsbehörde muss die Krankenhausreform in Bayern umsetzen. Es weist die künftigen Leistungsgruppen den im Krankenhausplan des Freistaates Bayern aufgenommenen Krankenhäusern zu. Dabei „wird darauf zu achten sein, dass die zur Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Leistungen auch weiterhin angeboten werden“, betont eine Ministeriumssprecherin. „In diesem Zusammenhang kommt zur Vermeidung etwaiger Versorgungslücken gegebenenfalls die gesetzliche Sicherstellungspflicht der Landkreise und kreisfreien Städte zum Tragen.“
Wo Lücken aufbrechen, müsste also der Landkreis Rosenheim ran. „Richtig ist, dass der Landkreis nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften für die klinische Grundversorgung zuständig ist“, sagt Landrat Otto Lederer. Daraus ergebe sich jedoch nicht, „dass wünschenswerte stationäre Angebote aufrechterhalten werden müssen“. Vielmehr sei das Bayerische Gesundheitsministerium für die Krankenhausplanung in Struktur und Umfang verantwortlich – auch in Bezug auf die Zuordnung der Fachbereiche an private, öffentliche und frei-gemeinnützige Träger. Das Ministerium seinerseits stellt klar: „Die Pflicht zur Sicherstellung der stationären Versorgung liegt nach den gesetzlichen Vorschriften in Bayern bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten.“
Wohin also mit den Patienten, die in Vogtareuth behandelt wurden? Kann die Schließung der sechs Fachzentren an der Schön-Klinik in Vogtareuth in der Region überhaupt aufgefangen werden? Landrat Otto Lederer ist überzeugt davon. „Relevante Fallzahlen sind in der Neurologie, Neuro- und Wirbelsäulenchirurgie zu erwarten“, sagt er. „Die Romed-Kliniken haben sich mit OP- und Bettenkapazitäten darauf vorbereitet. Die Epilepsiechirurgie ist integraler Bestandteil des Leistungsportfolios der vor über zwei Jahren am Romed-Klinikum Rosenheim neu gegründeten Klinik für Neurochirurgie.“
Für Herz-Notfälle
steht München bereit
Die Fachdisziplinen Gefäßchirurgie, Handchirurgie, plastische Chirurgie und multimodale Schmerztherapie halte der Romed-Verbund mit erforderlichen Kapazitäten vor, erläutert der Landrat. Wirbelsäulenchirurgie und Skoliose-Behandlungen würden an den Standorten Rosenheim und Prien angeboten. „Um auf die Veränderung im Landkreis zu reagieren, wurden Kapazitäten an beiden Standorten ausgeweitet“, informiert Otto Lederer. Die Herzchirurgie in Vogtareuth sei eine „primär elektiv ausgerichtete Fachabteilung“. (Anm. d. Red.: Das heißt, alle operativen Eingriffe sind geplant.) Und, so macht der Landrat deutlich: „Für kardiale Notfälle, die eine Herzchirurgie benötigen, stehen mehrere Kliniken in München zur Verfügung.“