von Redaktion

Tempo 30 an besonders gefährlichen Strecken und „unechte Fahrradstraßen“ mitten im Ort? Die Gemeinde Stephanskirchen will fahrradfreundlicher werden. Dafür plant sie einige Maßnahmen, die bald umgesetzt werden sollen. Wie genau diese aussehen – und wo die Gefahr noch besonders groß ist.

Stephanskirchen – Nicht jeder, der mit dem Rad im Gemeindegebiet Stephanskirchen unterwegs ist, fühlt sich immer sicher. Dafür sorgen viel Verkehr, schmale Radwege und wenige Querungshilfen. Fahrradfreundlich sieht anders aus. Das will die Gemeinde jetzt ändern. Im Zuge dessen plant sie einige Maßnahmen, die kurzfristig – also in den kommenden Jahren – umgesetzt werden sollen.

Dafür engagierte die Gemeinde das Stadt- und Verkehrsplanungsbüro Kaulen. „Bei der Entwicklung des Radverkehrskonzepts sind wir mittendrin, eigentlich schon im Endspurt“, sagte Bürgermeister Karl Mair in der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses.

Tempo 30 und
Radfahrer auf der Straße

Einige Maßnahmen stellte nun Maurice Funk vom Stadt- und Verkehrsplanungsbüro vor. Bis 2027 sollen ihm zufolge zumindest Unfallschwerpunkte entschärft, Sicherheitsmängel behoben und die Schulwege gesichert werden.

Bereits bei einem Bürger-Workshop im Oktober 2024 wurde deutlich: Innbrücke und Salzburger Straße gelten als das gefährlichste Pflaster. Das soll sich ändern. Die Gemeinde will für den Bereich östlich der Einmündung der Wasserburger Straße die Benutzungspflicht des Geh- und Radweges aufheben. Statt auf dem schmalen Fahrradweg fahren zu müssen, könnten Radfahrer dann auf die Fahrbahn ausweichen. Das wiederum schützt laut Funk auch die Fußgänger.

Um zu verdeutlichen, dass Radfahrer auch die Fahrbahn nutzen dürfen, sollen zudem sogenannte Piktogrammketten angebracht werden. Dabei handelt es sich um wiederkehrende Fahrradsymbole auf der Fahrbahn. „Das ist ein gutes Instrument, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen“, sagte Funk. Durch die Zeichnungen werde für Autofahrer deutlich, dass Radfahrer auf der Straße erlaubt sind. Im Abschnitt von Gehering bis zur Einmündung der Wasserburger Straße und weiter bis zur Innbrücke wünscht sich die Gemeinde zudem Tempo 30.

Sorge um Situation am
neuen Feuerwehrhaus

Das Planungsbüro schlägt für mehrere Straßenabschnitte „unechte Fahrradstraßen“ vor. Dabei handelt es sich laut Funk um Flächen für den Radverkehr, die zusätzlich für ausgewählte Fahrzeuge freigegeben sind. „Fahrradfahrer haben dort Vorrang, dürfen weder gefährdet noch behindert werden und können sogar nebeneinander fahren“, erklärte Funk. Dort gilt Tempo 30. Zuerst will die Gemeinde das in der Schulstraße und der Kreuther Straße umsetzen. Die Fahrradstraße soll mit „Anlieger frei“ und „Linienbus frei“ beschildert werden.

Bei Günther Juraschek (CSU) sorgte das allerdings für Stirnrunzeln. „An der Kreuther Straße wird das neue Feuerwehrhaus gebaut. Muss die Feuerwehr dann beim Einsatz hinter den Fahrradfahrern herfahren?“ Maurice Funk vom Planungsbüro wies darauf hin, dass sich Fahrradstraße und Feuerwehrroute nicht gegenseitig ausschließen würden. „Die Feuerwehr darf natürlich überholen. Und Fahrräder können auch schnell Platz machen“, betonte er.

Ein „Skandal“
an der Kreisstraße?

Uwe Klützmann-Hoffmann (SPD), der in Vertretung von Steffi Panhans (SPD) anwesend war, stimmte Juraschek aber zu. „Man muss auch bedenken, dass die Feuerwehrler mit privaten Autos zum Feuerwehrhaus fahren“, so Klützmann-Hoffmann. Er betonte deshalb, dass gegenseitige Rücksichtnahme sehr wichtig sei. „Sonst funktioniert das nicht.“ Der Radverkehrsbeauftragte der Gemeinde, Frank Wiens, äußerte sich positiv über das erarbeitete Konzept. „Ich möchte die Lanze brechen für Tempo 30“, betonte er. Das komme auch Anwohnern und Fußgängern zugute. „Es gibt weniger Lärm und ist insgesamt sicherer“, so Wiens. Seiner Meinung nach würde das sogar die Lebensqualität im Ort deutlich erhöhen.

Wiens berichtete als Radverkehrsbeauftragter auch über Tätigkeiten und Ereignisse im Bereich Radverkehr. Dabei hob er besonders die Situation an der Kreisstraße RO5 als „skandalös“ hervor. Die Gefahr für Radfahrer sei dort gewaltig. „Die Situation ist genauso schlecht, wie sie vor der Sanierung war“, betonte der Radverkehrsbeauftragte. Um seinen Standpunkt zu verdeutlichen, zeigte Wiens ein Video, das ein Anwohner dort aufgenommen hatte. Darauf war ein Mädchen zu sehen, das auf dem sehr schmalen Seitenstreifen radelt. „Das ist ihr Schulweg“, erklärte Wiens.

Video zeigt
gefährlichen Schulweg

Immer wieder wird das Kind von Autos überholt, die den gesetzlich erforderlichen Mindestabstand (außerorts zwei Meter) offensichtlich nicht einhalten. „Hinzu kommt, dass sie eigentlich nicht auf dem Seitenstreifen, sondern auf der Fahrbahn fahren müsste“, betonte Wiens. Doch dort sei die Gefahr wahrscheinlich noch größer. Zudem würden Radfahrer dann oft angehupt. „Wahnsinn“, fand Johannes Lessing (Grüne), der Nicole Eckert (Grüne) vertrat.

Der Ausschuss war sich einig, dass sich dort etwas ändern muss. „Die Sanierung ist nicht so gelaufen, wie man es sich gewünscht hätte“, betonte der Bürgermeister. Man befinde sich aber derzeit schon in Gesprächen mit dem Landratsamt und den beiden Nachbargemeinden Riedering und Rohrdorf. „Wir hoffen, dass wir für diese Situation eine Lösung finden.“

Gemeinderat stimmt
im November ab

Auch über die geplanten Maßnahmen für mehr Fahrradfreundlichkeit war sich der Ausschuss einig. Zumindest fast. Mit einer Gegenstimme (6:1) beschloss er die besprochenen ersten Maßnahmen.

Im November soll im Gemeinderat abgestimmt werden. Weitere Anträge will die Gemeinde im nächsten Jahr stellen. „Wichtig ist, dass wir schon mal den Mut haben, die Dinge zu diskutieren“, betonte der Bürgermeister.

Stephanskirchen will Radler besser schützen

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