Vogtareuth/Chiemgau – Ein weiterer Großabnehmer eines 29-jährigen Marquartsteiners, der zehn Jahre lang als Umschlagplatz für Drogen im Chiemgau und Südostbayern mit einem Umsatz von wahrscheinlich bis zu zweieinhalb Millionen Euro agierte (wir berichteten), muss sich vor der Siebten Strafkammer am Landgericht Traunstein verantworten. Der 31-jährige Überseer belieferte überwiegend Rauschgiftkonsumenten in Südostbayern, aber auch vereinzelt Wiederverkäufer.
Konsumenten
in Südostbayern
Eine zentrale Rolle in diesem und kommenden weiteren Verfahren spielt der Handwerker aus Marquartstein, der vor der Polizei voll ausgepackt und beispielsweise Einkäufe von circa 500 Kilogramm Rauschgift offengelegt hatte. Das honorierte die Siebte Strafkammer mit Vorsitzender Richterin Christina Braune, die bisher alle Verfahren in diesem Zusammenhang führte, Ende Juli 2025 mit einer Freiheitsstrafe von „nur“ vier Jahren acht Monaten plus Unterbringung in einer Entzugsklinik. Geständig war in der Folge ein 47-jähriger Großabnehmer aus Vogtareuth, den das Gericht Mitte September 2025 zu achteinhalb Jahren Gefängnis und Unterbringung verurteilte. Er hatte insgesamt fast 100 Kilogramm Marihuana, gut zwei Kilogramm Haschisch und fünf Kilogramm Kokain, alles von dem Marquartsteiner, unter die Leute gebracht. Bei ihm entdeckten Ermittler neben großen Drogenmengen ein Waffenarsenal, fast 31000 Euro Bargeld, kiloweise Edelmetall und Aufzeichnungen zu seinen Geschäften.
Dem 31-jährigen Überseer legt Staatsanwältin Carolin Regensburger an die 30 Deals mit einem Volumen von mindestens 20 Kilogramm Rauschgift zur Last, darunter Kokain, Marihuana, Haschisch und andere Substanzen wie MDMA und Ketamin. Unter den Abnehmern zwischen Anfang 2023 und der Festnahme Anfang Oktober 2024 waren gemäß Anklage Selbstständige, Firmeneigner und Söhne von Unternehmerfamilien aus dem südostbayerischen Raum.
Ein zusätzlicher Vorwurf der Staatsanwältin gilt einem Vorfall am Abend des 31. August 2024 in einem Zug von Rosenheim nach Freilassing. Der 31-Jährige soll gegenüber Passagieren immer aggressiver und schließlich handgreiflich geworden sein. Mehrere Personen versuchten vergeblich, den Mann zu beruhigen. Als sie ihn zu Boden bringen und fixieren wollten, biss der unter Alkohol und Drogen stehende Angeklagte einen Geschädigten mehrmals in den Arm. Dazu schlug er das Opfer schmerzhaft ins Gesicht. Polizeibeamte nahmen den 31-Jährigen damals vorläufig fest. Auf der Dienststelle beleidigte und bedrohte er sie wie ihre Familien in übelster Weise.
Die Anklage enthält außerdem den Erwerb von erheblichen Mengen an Marihuana, Haschisch und Kokain zum Eigenkonsum des 31-Jährigen. Sein Lieferant war wiederum der 29-jährige Marquartsteiner. Inwieweit sich seine Drogenprobleme auf die Straffindung auswirken, dazu wird der psychiatrische Sachverständige Dr. Franz Xaver Obermaier in dem Prozess noch Stellung beziehen.
Nach einem Rechtsgespräch erklärte Verteidiger Peter Dürr aus Rosenheim, der 31-Jährige räume die Anklage weitgehend ein, bestreite lediglich sechs Einzeltaten. Schulden und Drogensucht seien das Motiv gewesen.
Die Staatsanwältin konnte noch nicht mitteilen, welche kleineren Vorwürfe mit Blick auf das strafrechtliche Gewicht der verbleibenden Taten eingestellt werden können. Vorsitzende Richterin Christina Braune betonte zusammenfassend, das Gericht könne aktuell keinen Verständigungsvorschlag unterbreiten. Noch sei die Rolle des Angeklagten hinsichtlich der Kronzeugenregelung nicht klar. Mit genaueren Erkenntnissen rechne die Kripo Traunstein im Laufe der kommenden Woche.
Drogensucht und
Schulden als Motiv
Erste Zeugen, wie der gebissene Mann, schilderten das Geschehen im Zug. Die Verletzungen waren schnell verheilt, wie er sich erinnerte. Der Angeklagte nahm die Gelegenheit wahr, sich bei den Zeugen zu entschuldigen.