Lippertskirchen – Rosserer, Fuhrleute und Reiter feiern am kommenden Sonntag mit stolzen Pferden und kunstvollen Gespannen am Wallfahrtsort in Lippertskirchen nach gutem Brauch „Leonhardi“. Den Anfang macht ein Festgottesdienst, gestaltet von der Musikkapelle Bad Feilnbach. Beginn ist um 10 Uhr am Feldaltar auf der Köglwiese. Als Höhepunkt folgt im Anschluss die traditionelle Fahrt um die Wallfahrtskirche Maria Morgenstern. Dort spendet Pfarrer Ernst Kögler den geistlichen Segen.
Die Wallfahrt in Lippertskirchen zu Ehren des legendären Abts und Eremiten von Noblat bei Limoges datiert zur Mitte des 14. Jahrhunderts zurück und zählt zu den ältesten ihrer Art im oberbayerischen Alpenvorland. Zu den traditionsreichen Fuhrleuten bei der Lippertskirchener Wallfahrt gehört Georg Kuchler senior vom Lehrhof am Weiler Mooseck in Brannenburg. Er sowie Georg Rechenauer von Oberulpoint in Litzldorf und Pferdepflegerin Lisa Höck aus Kolbermoor erklärten den OVB-Heimatzeitungen im Vorfeld der Wallfahrt Wissenswertes über das Leonhardi-Brauchtum.
Von Kindheit an ist der inzwischen 80-jährige Georg Kuchler im Umgang mit Pferden vertraut. Als 13-Jähriger verbrachte er mit seinem „Ross“ die Sommermonate auf der „Antretter Alm“. Dabei viel Verantwortung wahrnehmend, entwickelte sich seine Liebe für Tiere, insbesondere für das „Süddeutsche Kaltblutpferd“. Diese Leidenschaft hält bis heute an. Wallfahrten zur Ehre des heiligen
Leonhard als Schutzpatron für das Vieh, für Gefangene und Wöchnerinnen haben seit 55 Jahren einen festen Platz im Terminkalender Kuchlers. Anfangs waren es Zweispänner, die bei Leonhardifahrten zum Einsatz kamen, später wurde auch um Vierspänner erweitert.
Beim Leonhardifest in Nußdorf beteiligte sich Kuchler auch als Reiter. Als zuverlässiger Partner bei Leonhardi-Teilnahmen erwies sich der „Schol-Bauer“ von Oberulpoint in Litzldorf, Georg Rechenauer senior, dessen Sohn Georg Rechenauer junior die Tradition nun weiter pflegt. Dritter im Bunde war der Litzldorfer Valentin Gsinn, der heuer im Alter von 89 Jahren verstarb.
Die Ziele der Leonhardifahrten, an denen Kuchler teilnahm, waren Niederaudorf, Leonhardspfunzen, Hundham und Lippertskirchen – und das bei jeder Witterung von herbstlichem Sonnenschein, Regen, Sturm und Schnee und Eis.
Die Teilnahme an Leonhardi-Wallfahrten bedeutet Kuchler zufolge, die Rösser bereits am Vortag oder am frühen Morgen zu waschen, zu striegeln, zu putzen und zu schmücken. Das stolze Aussehen seiner Pferde wird von einem wertvollen Geschirr vom einstigen Sattlermeister Hans Moosegger aus Brannenburg unterstrichen.
In der Anfangszeit machten sich die Rosserer bei der Teilnahme am Leonhardiritt in Hundham zu Fuß und bei Dunkelheit mit ihren Kaltblütern auf den Weg von Litzldorf in Richtung Feilnbach und übers Thalhäusl nach Deisenried, wo der kunstvoll gestaltete Wagen der Schalkfrauen vom Trachtenverein GTEV „D’Sulzbergler“ Litzldorf stand. Kuchler und Rechenauer erinnerten sich im Gespräch mit dem OVB, dass zum Zusammenspannen das spärliche Licht der Zigarren reichen musste. Einen Tag darauf folgte die Wallfahrt in Lippertskirchen, verbunden mit einem Fußmarsch von Litzldorf zur Köglwiese, wo Geistliche, Ehrengäste und zahlreiche Teilnehmer mit Pferden und Gespannen eine prachtvolle Kulisse boten.Peter Strim