Raubling – Die Entscheidung war erwartbar – dennoch ist die Gesamtsituation für die Vereinsmitglieder frustrierend. In der jüngsten Sitzung des Raublinger Bauausschusses wurde über einen besonderen Antrag entschieden. Konkret ging es um die Nutzungsänderung einer Gewerbehalle – und zwar die Halle, in der künftig eigentlich Cannabis vom Cannabis-Social-Club (CSC) in Raubling angebaut werden sollte. Die Nutzungsänderung durch die Gemeinde ist nötig, da laut dem bayerischen Bauministerium die Anbauflächen der Cannabis-Anbauvereinigungen baurechtlich als „nichtgewerbliche Sondernutzung eigener Art (sui generis)“ zu beurteilen sind.
Großer Andrang
im Bauausschuss
Dementsprechend hat der CSC Inntal-Raubling die Umnutzung der Fläche bei der Gemeinde beantragt. Beim Vorsitzenden des Clubs, Florian Degenhart, war allerdings schon zuvor die Hoffnung gering, dass der Ausschuss zustimmt. „Ich erwarte heute die Ablehnung unseres Bauantrags“, sagte er vor der Sitzung. „Von den Legalisierungsparteien erhoffe ich mir dagegen eine klare Zustimmung.“ Mit rund 20 weiteren Vereinsmitgliedern hatte er sich kurz vor der Sitzung vor dem Rathaus eingefunden. Im Saal mussten schließlich zusätzliche Bänke organisiert werden, damit alle Zuhörer Platz fanden.
Als es schließlich zum entsprechenden Tagesordnungspunkt kam, äußerte sich Bürgermeister Olaf Kalsperger recht deutlich zum Vorgehen des Ministeriums. „Es ist ein bisschen schiefgelaufen“, sagte er, „unabhängig davon, wie man jetzt zu Cannabis steht.“ Er kritisierte, dass man den Antragstellern erst vermittelt habe, dass der Anbauort so genehmigungsfähig sei – und dies dann doch plötzlich wieder änderte. Er zeigte außerdem Verständnis für die missliche Lage des Vereins. „Mir ist bekannt, dass Sie in Vorleistung gegangen sind und finanzielle Probleme haben“, sagte der Bürgermeister.
Dennoch könne man in einem Mischgebiet aus Gewerbeflächen und Wohnungen – wo sich die Anbaufläche befindet – kein Sondernutzungsgebiet ausweisen. „Das wird Ihnen nicht gefallen, das weiß ich“, sagte Kalsperger in Richtung der Vereinsmitglieder. „Aber wir als Bauausschuss müssen uns an die Vorgaben halten. Und ein Sondernutzungsgebiet in einem bestehenden Wohnhaus auszuweisen, ist nicht möglich.“ Außerdem, merkte ein weiteres Ausschussmitglied an, würde bei einer Zustimmung wohl dann das Rosenheimer Landratsamt den Plänen einen Strich durch die Rechnung machen und die Umnutzung wieder einkassieren – aufgrund der Vorgaben aus München.
Dem ist sich auch Degenhart bewusst. „Die Landräte erhalten entsprechende Weisungen, um den politischen Willen von Söder durchzusetzen“, sagte er. Entsprechend der vorangegangenen Diskussion wurde im Bauausschuss einstimmig gegen die Umnutzung gestimmt. Auch die beiden Mitglieder von SPD und Grünen sprachen sich gegen den Antrag aus. Zur Enttäuschung von Degenhart. „Mir wäre ein Statement der Legalisierungsparteien wichtig gewesen“, sagte er im Nachgang. „Während in allen Bundesländern der Anbau durch Vereine ermöglicht wird, bleibt Bayern das ‚gallische Dorf‘ des Widerstands“, so Degenhart. Und auch die erste Evaluierung des Gesetzes habe gezeigt, dass die CSCs keine drastischen Auswirkungen hätten. Es sei weder zu einem Anstieg des Cannabiskonsums unter Jugendlichen gekommen, noch sei die Zahl der Autounfälle in Zusammenhang mit Cannabiskonsum gestiegen. „Offenbar fühlen sich manche Politiker nicht an Fakten gebunden, sondern vertreten lieber ihre eigene Meinung“, kritisiert Degenhart. Die Vorgehensweise der Landespolitiker sei einfach nicht korrekt. „Es ist hinterlistig und sie treiben viele persönliche Schicksale in den Ruin.“ Schließlich sei die Gründung eines CSC auch mit vielen laufenden Kosten verbunden.
Club setzt Hoffnung auf
Bauministerkonferenz
Aufgeben kommt für ihn aber dennoch nicht in Frage. „Bei der Bauministerkonferenz am 20. und 21. November besteht die Hoffnung, dass endlich eine baurechtliche Handlungsempfehlung für Behörden und Bundesländer beschlossen wird“, sagte Degenhart. Das Bundesbauministerium habe bereits deutlich gemacht, dass die bayerische Forderung nach Sondergebieten dem „Willen des parlamentarischen Gesetzgebers im Konsumcannabisgesetz widerspricht“. Dies wurde seitens des Ministeriums mit einem Schreiben an den Cannabis Verband Deutschland belegt. Darin betont man aber auch, dass „die verbindliche Auslegung von Rechtsnormen der Rechtsprechung obliegt“. Werde eine Baugenehmigung versagt, könne der Rechtsweg beschritten werden. Das ist auch der Plan des CSC Inntal-Raubling. Zumindest, sofern sich im Rahmen der Bauministerkonferenz keine Neuerungen ergeben.