Einmal wie ein Schlossherr fühlen

von Redaktion

Zum 150. Jubiläum der Familie von Cramer-Klett gewährte Schloss Hohenaschau seltene Einblicke. Eine exklusive Führung durch die sonst privaten Gemächer ließ die Teilnehmer in die prunkvolle Welt des Adels eintauchen und sich wie Schlossherren fühlen.

Aschau – „Einmal sich wie ein Schlossherr fühlen“, wollte ein älterer Herr aus dem Landkreis Traunstein. „Wir kennen die Familie schon immer“, sagten wiederum so manche ältere Aschauer. Dieser Wunsch einte alle Teilnehmer der exklusiven Führung durch den Kavalier- und Vogelbau auf Schloss Hohenaschau. Die Möglichkeit dazu ergab sich im Rahmen der Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen der Familie von Cramer-Klett.

Veranstaltet von
der Tourist-Info

Martina Stoib und Michaela Thomas wechselten sich bei den Führungen ab, die von der Tourist-Info Aschau veranstaltet wurden. Deren Leiter Herbert Reiter zeigte sich bei der Begrüßung in der großzügigen Eingangshalle auf der Südseite des Schlosses überwältigt vom großen Interesse. Er dankte dem Sozialwerk der Bundesfinanzverwaltung, das die Öffnung der sonst nicht öffentlich zugänglichen Wohn-, Empfangs- und Schlafräume der Familie des Theodor von Cramer-Klett junior erst ermöglichte.

Martina Stoib und Michaela Thomas beflügelten gleich zu Beginn die Fantasie der Besucher: „Vor 100 Jahren wären wir mit dem modernsten Verkehrsmittel der damaligen Zeit, mit der Bahn angereist, wären am Bahnhof je nach gesellschaftlicher Stellung mit Spalier, Beflaggung oder Girlanden begrüßt worden und wären vom Anfahrtshaus mit dem Schrägaufzug bequem hier hochgefahren.“ Heutzutage müssen die Besucher den steilen Burgweg zu Fuß erklimmen. Doch die vielen Informationen und Eindrücke der Führung machten jegliche Anstrengung wett.

Die Familiengeschichte des Schlosses ist eng mit Theodor junior verbunden. Wäre er, einer der reichsten Industriellen Bayerns, nicht so technikaffin in seinem Bestreben gewesen, das Schloss für sich und seine Familie zu erweitern und umzubauen, wäre es vielleicht noch immer in seinem Dornröschenschlaf oder sogar irgendwann verfallen.

Den Besuchern springt die eingemeißelte Inschrift im Sockelgeschoss des Vogelbaus ins Auge: „Non nobis domine, non nobis“ (Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gibt die Ehre).“

Diese Inschrift wirft die Frage nach Demutshaltung vor Gott oder Gottesgnadentum auf. Eine illustre Gästeschar besuchte das Schloss, darunter König Ludwig III., der Bankier Jan von Wendelstadt vom benachbarten Schloss Neubeuern, der Porträtmaler und Technikliebhaber Hubert von Herkomer oder der Ozeanflieger Charles Lindbergh.

Mit diesen Informationen gelangten die Teilnehmer über das Treppenhaus, das einen Blick auf Felsenwand und Innenhof bot, auf das Niveau der alten Burganlage. Dieses lag 20 Meter höher als der Kavalierbau, auf dem sogenannten Preysing-Niveau. Die Familie Preysing war hier von 1610 bis 1854 die Herren, wie Michaela Thomas erläuterte.

Im Prunktreppenhaus, das als Übergangszone von der neuen Pracht des Neubarocks zur alten Pracht der Preysing dient, verbirgt sich hinter den Türen eines originalen Barockschranks eine Überraschung: eine Warmhalteküche mit Speiseaufzug zur Küche, die sich einige Stockwerke darunter befand. Die Besucher kamen aus dem Staunen nicht heraus.

Prunkräume mit
erzieherischer Botschaft

Prunkvolle Empfangsräume, private Wohnbereiche, luxuriöse Badezimmer und ehemalige Kinderzimmer im Vogelbau beeindruckten die Teilnehmer. Deren reich verzierte Stuckdecken spiegelten die katholische Wertewelt der Familie wider. Tugenden wie silentium, parsimonia, aeternitas, gloria et salus (Ruhe, Maß, Ewigkeit, Ruhm und Heil) prägten das Erziehungsideal jener Zeit und erzählten zugleich vom Selbstverständnis des Hauses Cramer-Klett, wie Michaela Thomas ausführte. Hier wurde die Idee einer neuen, fast absolutistisch geprägten Herrschaftsinszenierung verwirklicht. Das Schloss präsentierte sich als Symbol von Romantik, Glaube und Fortschritt zugleich. Für die Besucher war es eine einmalige Zeitreise in die Ära des frühen 20. Jahrhunderts.

Natürlich durfte auch der Besuch des Dienstbotentrakts samt Wäschezimmer nicht fehlen. In manchen dieser Zimmer logieren heute Gäste des Sozialwerks. „Das möchte ich auch mal“, war ein oftmals geäußerter Wunsch. Geschäftsführerin Angelika de Buhr-Boelsems vom Sozialwerk erklärte jedoch: „Nur als Vereinsmitglied können Sie sich bei uns einbuchen.“ Dennoch konnten sich die Teilnehmer auf der exklusiven Führung dank der farbigen Schilderungen wie ein Schlossherr fühlen.

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