Elf Stolpersteine sollen an NS-Opfer erinnern

von Redaktion

Elf Opfer des Nationalsozialismus aus Aschau und Sachrang sollen künftig mit Stolpersteinen geehrt werden. Damit steht die Gemeinde vor einem bedeutenden Schritt hin zu einer sichtbaren und dauerhaften Erinnerungskultur.

Aschau – Die Kulturwissenschaftlerin Dr. Maria Anna Willer hat viele Jahre die Geschichte des Nationalsozialismus in Aschau erforscht. In Gesprächen mit Zeitzeugen und Recherchen in Archiven hat die Kulturwissenschaftlerin auch die Namen und Leidenswege von NS-Opfern ergründet. Für elf Opfer sollen nun Stolpersteine in der Gemeinde verlegt werden. Das haben die „Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim“ sowie der Heimat- und Geschichtsverein beantragt. Jetzt wurde der Gemeinderat darüber informiert.

Namen und Leidenswege
von 50 Opfern

„Hier fehlt ein Mensch. Hier ist etwas Ungeheuerliches geschehen. Vergesst es nicht!“, mahnte Landtagspräsidentin Ilse Aigner, als in Bruckmühl ein Stolperstein für Leonhard Widmann verlegt wurde und sie die Patenschaft übernahm. Die Schicksale der Opfer des Nationalsozialismus in Aschau und Sachrang hat Dr. Maria Anna Willer für ihre Doktorarbeit erforscht. In ihrem Buch „Nationalsozialismus auf dem Dorf“ nennt sie die Namen und beschreibt die Leidenswege von 50 Menschen, die verfolgt wurden, in der Region gelebt haben oder Schutz suchten.

Nicht für alle 50 sollen in der Gemeinde Stolpersteine verlegt werden. Die Initiative „Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim“ und der Heimat- und Geschichtsverein Aschau haben stellvertretend elf Menschen aus verschiedenen Opfergruppen ausgewählt.

„Stolpersteine werden von Künstler Gunter Demnig seit fast 30 Jahren für die Opfer des NS-Terrors verlegt, in der Regel im Gehweg vor deren letztem Wohnsitz, vor der Schule oder Arbeitsstätte“, erklärt Dr. Thomas Nowotny von der Initiative Stolpersteine in seinem Antrag an den Gemeinderat zur Verlegung der Stolpersteine. „Sind diese Orte sehr abgelegen, bieten sich Verlegungen an öffentlichen Orten in der Gemeinde an.“

Für die Erinnerung an die NS-Opfer im Priental haben die „Initiative Erinnerungskultur – Stolpersteine für Rosenheim“ sowie der Heimat- und Geschichtsverein Aschau beispielsweise die Plätze am Rathaus Aschau, an der Villa Elisabeth in Hohenaschau und vor der Grundschule sowie den Bahnhofsvorplatz, die Bernauer Straße (ehemals Hausnummer 111 – Familie Jonas), das Museum Sachrang und das ehemalige Landarzthaus in Niederaschau (Dr. Langer) als Erinnerungsorte vorgeschlagen.

„Der Bauhof müsste die Verlegestelle vorbereiten, indem er ein zehn mal zehn mal zehn Zentimeter großes Loch anlegt“, erläuterte Bürgermeister Simon Frank in der Gemeinderatssitzung. Der Gemeinde entstehen keine Folgekosten. Die Verlegungskosten in Höhe von 120 Euro pro Stein und die Pflege der Stolpersteine übernehmen Paten. Fünf Paten stehen schon fest, darunter die Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Köhler, der Berliner Verleger Douglas Grosse, der Verein Filmriss, der Heimat- und Geschichtsverein und der Deutsche Akademische Austauschdienst. Weitere Paten hat die Initiative Stolpersteine angefragt.

Angehörige
sind einverstanden

Wichtig war dem Gemeinderat, dass die Angehörigen der NS-Opfer mit dem öffentlichen Gedenken in Form von Stolpersteinen einverstanden sind. „Viele der Opfer haben keine Nachfahren“, informiert Dr. Maria Anna Willer. „Alle anderen Nachkommen oder Angehörigen sind einverstanden.“ Nach möglichen Nachkommen von Ludolf, Elisabeth und Franz Bodmer sucht die Kulturwissenschaftlerin noch. „Die Angehörigen von Ingrid Dybwad leben heute in Norwegen. Sie möchten zur Verlegung des Stolpersteins nach Aschau kommen“, berichtet Willer.

Im Landkreis Rosenheim wurden seit 2018 insgesamt 22 Stolpersteine verlegt, davon 15 auf öffentlichem Grund und mit großer Unterstützung von Gemeinderäten und Bürgermeistern. In der Stadt Rosenheim wurden sieben Stolpersteine auf Privatgrund verlegt. Mit über 120.000 Steinen ist das Projekt das größte Flächendenkmal der Welt. Gunter Demnig erhielt dafür zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem das Bundesverdienstkreuz.

Der Aschauer Gemeinderat will in seiner Sitzung am 9. Dezember darüber entscheiden, ob Stolpersteine der erste Schritt auf dem Weg zu einer sichtbaren Erinnerungskultur für die Opfer der NS-Diktatur sein sollen. Dr. Thomas Nowotny von der Initiative für Erinnerungskultur und die Kulturwissenschaftlerin Dr. Maria Anna Willer nehmen an der Sitzung teil und beantworten Fragen.

An diese Menschen soll erinnert werden