Fellnase schlägt Technik

von Redaktion

Die Suche nach einer vermissten Person in unwegsamem Gelände ist eine Herausforderung für die Teams der Rettungshundestaffel Bergwacht Hochland Ost. Jährlich wird geprüft, ob die Hunde und Menschen im Notfall einsatzbereit sind. Der enorme Aufwand für dieses Ehrenamt ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Dabei ist die feine Hundenase mit keiner Technik zu ersetzen.

Aschau – Für Veronika Messert und ihre Hündin Zola ist es die erste Prüfung zur Bergwacht-Hundeführerin überhaupt. Messert fühlt sich eigentlich nicht aufgeregt, aber am Morgen habe sich Zola, ein Border Collie, übergeben. Sonst zeigte sie keinerlei Krankheitssymptome, also hat sich doch etwas Aufregung von Mensch auf Hund übertragen? Drei Prüfungen gibt es für die Menschen und ihre Tiere der Rettungshundestaffel Bergwacht Hochland Ost. Eine im Sommer, eine im Winter und eine allgemeine Unterordnungsprüfung.

Die Vermisstensuche im unwegsamen Gelände wird im nordwestlichen Waldgebiet unterhalb der Kampenwand geprüft, eine der drei sogenannten „jährlichen Rezertifizierungen“, wie Ulrich Sperlich von der Bergwacht-Lawinenhundestaffel Hochland Ost beschreibt. Dabei werden die Hunde ohne Hinweis auf die vermisste Person losgeschickt und suchen ein fünf bis sechs Hektar großes Gebiet ab.

Suchhunde können
Menschen in Not erkennen

„Der Hund macht das im Ausschlussverfahren“, sagt Sperlich und erklärt genauer: „Unsere Hunde scannen quasi die Fläche nach menschlichem Geruch. Im Training werden verschiedene Opferbilder spielerisch aufgebaut, etwa ein liegender, verletzter Patient oder ein kleines Kind, welches weinend hinter einem Baum sitzt, weil es die Eltern verloren hat.“

So können die Tiere Menschen, die Hilfe brauchen, von anderen, wie Sportlerinnen oder Wanderern, unterscheiden. Das erfordert enorm viel Training: Zweimal pro Woche trifft sich die Hundestaffel Hochland Ost der Bergwacht, damit Mensch und Hund im Ernstfall bereit sind. Das Einsatzgebiet erstreckt sich dabei zwischen Kampenwand und Tegernsee. Zusätzlich sind Trainingseinheiten am Wochenende mehr die Regel als die Ausnahme.

Die Abstimmung zwischen Mensch und Hund ist dabei entscheidend, die Hundeführer müssen ihre Tiere präzise lesen können. Außerdem müssen sie die Vierbeiner richtig führen, indem sie die Hunde so lotsen, dass der Wind ihnen Gerüche in die Nase wehen kann. Sobald die Hunde dann fündig geworden sind, teilen sie das auf verschiedene Arten dem Hundeführer im Suchtrupp mit: Die meisten setzen sich neben die vermisste Person und bellen, andere laufen zwischen Hundeführerin und Fundort hin und her und bringen so die Rettung.

Dabei ist die Vermisstensuche eigentlich nur die Nebenaktivität der Hundestaffel, denn viel wichtiger sind sie als Lawinenhunde im Winter. Durch die herausragende Nase der Tiere sind sie Lebensretter, zu denen Menschen und modernste Technik nicht fähig sind. Der Aufwand im Winter ist deutlich größer für die Teams als im Sommer. Vor allem, wenn es im Chiemgau kaum noch Schnee hat – wie in den vergangenen Jahren. Das Training im Schnee ist aber unvermeidlich, damit Mensch und Hund im Lawinennotfall funktionieren.

Trainingsort ist deshalb meistens weiter westlich, zum Beispiel an der Zugspitze. Über das Jahr kommen so tausende Kilometer und hunderte Stunden zusammen, dazu Liftkosten, Ausrüstung und vieles mehr. Der Aufwand ist so in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, die Staffel kann nicht mehr kostendeckend dem Ehrenamt nachgehen. Deshalb wurde der Förderverein Rettungshunde Bergwacht Hochland gegründet. Sobald der erste Schnee liegt, haben die Hundeführer sowohl ihre Skiausrüstung immer bei sich als auch den Hund. „Wenn ich einen Außentermin bei der Arbeit habe, überlege ich mir vorher genau, wo der Heli landen könnte, um meinen Hund und mich einzusammeln“, erklärt Uli Sperlich.

„Für mich war die Prüfung herausfordernd und anstrengend. Es ist ein großes Gebiet gewesen und ich war auf mich allein gestellt. Vorher waren die Ausbilder mit dabei und haben Tipps gegeben“, blickt Messert auf ihre erste Prüfung mit Zola zurück. In den Übungen habe sie grob gewusst, wo die Opfer sich versteckt hätten, um den Hund lesen zu lernen. Dies sei in der Prüfung natürlich nicht der Fall gewesen. Dazu habe die Länge durch das große Gebiet die Sache anspruchsvoll gemacht. Hündin Zola habe es aber super gemacht – und bestanden.

Messert betont, wie wichtig das Lesen der Körpersprache des Hundes ist: „So weiß ich, was sie gerade braucht oder macht. Ich wusste auch sofort, als sie die Fährte gerissen hat. In dem Moment machte der Kopf eine Wendung, der Schwanz ging in die Höhe und dann ist sie abgedüst.“ Wichtig nach einer erfolgreichen Suche ist die ultimative Belohnung für den Hund. Das heißt, das mit den Hunden machen, was sie am liebsten mögen. Alle Hunde haben die aktuelle Prüfung bestanden und deshalb mindestens einmal ihre größte Belohnung bekommen.

Auch hier hat jeder Hund seine speziellen Vorlieben: Spiel mit einer Beißwurst, Lieblingsfutter oder intensive Streicheleinheit. In der Hundestaffel ist Messert seit einem halben Jahr, so lange war auch die Vorbereitung auf die Prüfung. Als Nächstes folgt die Prüfung zum Lawinensuchhund. Bis ein Hund und sein Mensch wirklich zum Einsatz mitgenommen werden, dauert es. Die Hund-Mensch-Teams sind in die Kategorien A, B und C eingeteilt, wobei C die höchste, die der erfahrenen Duos ist. In der Lawinenhundestaffel Hochland Ost sind aktuell neun C-Teams und vier A-Teams. Alle Mitglieder der Lawinenhundestaffel haben eine Grundausbildung bei der Bergwacht.

Verschiedenste
Hunderassen im Einsatz

20- bis 25-mal werden die Hunde der Bergwacht bei Suchaktionen im Sommer angefordert, im Winter zwischen zehn- und 20-mal. Vor allem die Einsätze im Winter müssen ins Detail vorbereitet und einstudiert sein, da jede Minute im Ernstfall zählt. Nach einer halben Stunde unter der Lawine beträgt die Überlebenschance nur noch 50 Prozent, nach einer Stunde ist sie bei unter zehn Prozent, laut Bergwacht.

Die Hunderassen sind in der Bergwacht mittlerweile deutlich diverser. Früher waren es viele Schäferhunde, heute sind viele Border Collies im Team. Auch ein Australian Shepherd, ein Retriever und verschiedene Mischlinge sind dabei. „Bei uns kann eigentlich fast jeder Hund mitmachen. Worauf wir achten, ist eine gewisse Unterwolle. Der Hund darf nicht schnell frieren. Der muss viel abkönnen, gerade die Kälte im Winter“, sagt Sperlich. Dazu sollten die Hunde nicht zu leicht und nicht zu schwer sein, gerade beim Transport im Winter kann jedes Kilo zu viel ein Problem auf Skiern sein. Und dann ist da noch die Sache mit dem Heli: Auch hier braucht es jede Menge Training, damit die Hunde auch durch luftige Höhe zum Einsatzort kommen – um dann zu funktionieren und Leben zu retten.

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