Samerberg – Das Rosenheimer Ingenieurbüro dme consult war zu Gast in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Das Büro hat den Auftrag, eine kommunale Wärmeplanung für die Gemeinde zu erstellen. Marc Siegle, Alexander Siebold und Klaus Gottschalk stellten nun den Zwischenstand vor. Als Planungsbüro übernehmen sie bei der kommunalen Wärmeplanung Aufgaben in den Bereichen Analyse und strategische Planung bis hin zur Erarbeitung von Umsetzungskonzepten, um die kommunale Wärmeversorgung in Zukunft auf erneuerbare Energie umzustellen.
Fahrplan für
Dekarbonisierung
Die Gemeinde Samerberg hat für den Abschluss des Konzepts bis zum 30. Juni 2028 Zeit. Ziel der Wärmeplanung sei die Erstellung eines Fahrplans für den Wechsel zu einer klimafreundlichen Wärmeversorgung sowie die Entwicklung einer langfristigen Strategie. Dabei soll der kosteneffizienteste und praktikabelste Weg zu einer klimafreundlichen und langfristig tragfähigen Wärmeversorgung vor Ort in Samerberg ermittelt werden.
Marc Siegle betonte, dass nach Fertigstellung des Konzepts kein privater Bürger zu irgendetwas verpflichtet sei. Der Wärmeplan habe keinerlei rechtliche Auswirkungen. Ihre Arbeit diene der Kommune und den Bürgern lediglich als Leitfaden und zum Aufzeigen der Potenziale.
Derzeit sei die Hälfte der Wärmeplanung abgeschlossen, so Marc Siegle. Zu Beginn wurde in einer Bestandsanalyse die Versorgungsinfrastruktur durchleuchtet und genau ermittelt. In einem freiwilligen Fragebogen an die Samerberger Bürger wurde der Ist-Stand der aktuellen Wärmeversorgung analysiert.
Klaus Gottschalk betonte, dass er in seiner gesamten beruflichen Laufbahn noch nie so eine Rückmeldung wie in der Gemeinde Samerberg erlebt habe. Über 280 Fragebögen, das entspreche rund 30 Prozent der versendeten Unterlagen, seien vollständig wieder zurückgekommen. Dies zeuge vom hohen Interesse und ermöglichte eine Bestandsanalyse mit aussagekräftigen Zahlen.
Aus den verschiedensten Bereichen und Ämtern, wie beispielsweise der Gemeinde, dem amtlichen Liegenschaftskataster, den Kehrbuchdaten des Kaminkehrers, dem Energieatlas Bayern und vielen mehr, flossen die benötigten Daten zur Erhebung einer Analyse zusammen. Die Ergebnisse wurden für die einzelnen Bereiche der Gemeinde zusammengefasst.
Potenzialanalyse
zeigt Optionen
Der nächste Schritt war die Potenzialanalyse, in der geprüft wurde, welche Optionen denn überhaupt möglich seien. Dabei wurden Einsparmaßnahmen genauso in Betracht gezogen wie lokal verfügbare Potenziale, denn nicht jede erneuerbare Energie sei für die Gemeinde Samerberg letztlich auch umsetzbar.
Das Zielszenario bis 2040 sei die Deckung des zukünftigen Wärme- und Strombedarfs mit erneuerbaren Energien, die Identifizierung möglicher Eignungsgebiete für Wärmenetze und Einzellösungen, sowie die Definition der Zwischenschritte für die Jahre 2030, 2035 und 2040.
Klaus Gottschalk erläuterte die Eckdaten zur Analyse. Im Gemeindegebiet seien 804 Wohngebäude, 21 öffentliche Gebäude und 35 gewerbliche Gebäude für die kommunale Wärmeplanung relevant. Die Gesamtsumme der beheizten Flächen dieser Gebäude belaufe sich auf 229.361 Quadratmeter. Dies entspreche einem Gesamtwärmebedarf von 45,3 Gigawattstunden pro Jahr (45,3 Millionen kWh).
Auf den einzelnen Einwohner am Samerberg umgerechnet, sind dies 16.208 kWh pro Jahr. In Bayern läge der Durchschnitt bei 14.185 kWh pro Jahr. Hauptenergieträger in der Gemeinde Samerberg seien momentan Heizöl, Holz und Holzpellets. Die relevante Gesamtsumme der fossilen Energieträger läge bei 57 Prozent. Der Gesamtausstoß an CO² über das ganze Jahr beträgt 6.090 Tonnen. Dies entspreche 2,2 Tonnen pro Kopf am Samerberg. In Bayern läge der Pro-Kopf-Ausstoß an Emissionen bei 5,1 Tonnen. Dass der CO²-Ausstoß in der Gemeinde Samerberg unter dem bayerischen Durchschnitt liegt, obwohl der Gesamtwärmebedarf über dem bayerischen Durchschnitt liegt, sei auf den hohen Anteil von Holz und Pellets bei der Wärmeerzeugung zurückzuführen.
Der CO²-Ausstoß der Hauptenergieträger Heizöl und Gas beträgt in Samerberg 5.321 Tonnen pro Jahr. Dies entspreche rund 86 Prozent aller Emissionen.
Gebäudesanierung
der erste Schritt
Im Idealfall sollen also nun die 45,3 GWh Gesamtwärmebedarf pro Jahr in erneuerbare Energie umgewandelt werden. Dies beginne laut Marc Siegle bereits bei der Gebäudesanierung. Mit einer Sanierungsquote von aktuell 0,7 Prozent sei diese jedoch nicht hoch. Hierbei könne bis 2040 nur eine Reduktion des Wärmebedarfs bei allen Gebäuden um neun Prozent verzeichnet werden. Bei einer Hochrechnung der Sanierungsquote auf bis zu zwei Prozent im Jahr läge die Reduktion bis 2040 bei allen Gebäuden bereits bei 27 Prozent.
Im Bereich Photovoltaik sowie in der Solarthermie sei bei der Nutzung von Dach- und Freiflächen noch einiges an Potenzial in der Gemeinde vorhanden. Auch im Bereich von Biogas gäbe es ein nennenswertes Potenzial, dies mache aber aufgrund der Klärung des Abwassers in Rohrdorf wenig Sinn. Mögliche Wärmenetzeignungen müssen nach Abschluss der kommunalen Wärmeplanung fundiert untersucht werden. Die kommunale Wärmeplanung liefere lediglich die Anhaltspunkte dazu.
In den weiteren Schritten sollen nun sogenannte Fokusgebiete in der Gemeinde definiert und untersucht werden. Dabei sollen die einzelnen Versorgungsmöglichkeiten dieser Gebiete und auch für eine dezentrale Versorgung aufgezeigt werden. Nach der Fertigstellung des gesamten Konzepts könne dann der Wärmeplan durch den Gemeinderat geprüft und anschließend verabschiedet werden.
Bürgermeister Georg Huber bedankte sich bei dme consult für die interessante Präsentation. Nachdem aus dem Gemeinderat Zweifel in mancher Umsetzung einer Photovoltaik- oder Solarthermieanlage eingebracht wurden, appellierte er an ein wirtschaftlicheres Denken. Egal ob Kommune oder Privatperson, man müsse immer erst abwägen, ob die Umstellung auf erneuerbare Energien auch wirtschaftlich sei.
Braucht Samerberg eine extra Treibhausbilanz?
In einem weiteren Tagesordnungspunkt bat Gemeinderatsmitglied Dr. Irene Schulze-Strein (Zukunft Samerberg) um Erstellung einer Treibhausgasbilanz. Im Juni 2022 habe der Gemeinderat mit deutlicher Mehrheit beschlossen, dass die Gemeinde Samerberg zeitnah das Ziel der Klimaneutralität verfolgen und entsprechende Maßnahmen entwickeln solle. Drei Jahre nach diesem Beschluss lägen jedoch weder eine aktualisierte Treibhausgasbilanz noch ein darauf aufbauender Maßnahmenfahrplan vor. Damit könne man den eigenen Beschluss nicht mit Leben füllen, kritisierte Dr. Irene Schulze-Strein. Sie beantragte, bis spätestens zum 31. März 2026 die Erstellung einer aktuellen Treibhausgasbilanz für das gesamte Gemeindegebiet, welche für die Entwicklung eines umsetzbaren Fahrplans diene. Diesen Maßnahmenkatalog befristete sie bis zum 30. September 2026.
Wärmeplanung Thema
in jeder Ratssitzung
Bürgermeister Georg Huber (ÜPW) konnte den Grund für diesen Antrag nicht nachvollziehen, denn die Gemeinde sei ja permanent an diesem Thema dran. Kaum eine Gemeinderatssitzung in diesem Jahr drehte sich nicht um die kommunale Wärmeplanung. Soeben hatten drei Ingenieure einen fundierten Vortrag über erneuerbare Energien gehalten und dabei festgestellt, dass die fossilen Brennstoffe zur Wärmegewinnung am Samerberg 57 Prozent des CO²-Ausstoßes ausmachen.
Bernhard Schönberger von der Gemeindeverwaltung beklagte, dass Irene Schulze-Strein nicht zuerst zu ihm komme und sich nach dem aktuellen Stand der Lage erkundige, bevor sie einen solchen Antrag im Gemeinderat stelle. Er betonte, dass es leider viel Zeit in Anspruch nehme, die möglichen Fördermittel in diesem Bereich abzuschöpfen, doch er sei mit voller Kraft dahinter. Er nannte zahlreiche Maßnahmen, welche in jüngster Zeit durch die Gemeinde angestoßen und auch bereits umgesetzt wurden. Beispielsweise den Beschluss zur Errichtung von Photovoltaikanlagen auf sämtlichen Gemeindeliegenschaften, der erst einen Monat zurückläge. Die Gemeinde Samerberg sei gut unterwegs, aber all diese Maßnahmen kosten auch Geld, welches zum Schluss der Bürger bezahlen müsse.
Auch aus dem restlichen Gemeinderat fand der Antrag wenig Zustimmung, vor allem die äußerst knappe Fristsetzung stieß allgemein negativ auf. Die Umstellung auf erneuerbare Energien einer ganzen Kommune sei eine Generationenaufgabe und könne nicht innerhalb von drei Jahren bewirkt werden. Der Antrag von Dr. Irene Schulze-Strein wurde mit 1:13 Stimmen abgelehnt.