Wirtsfamilie vermisst Karpfenbild

von Redaktion

Im Stephanskirchener Gasthaus Gocklwirt wurde ein kleines Gemälde gestohlen. Das Bild eines Karpfens der Künstlerin Gertruda Gruber- Goepfertova hat für die Wirtsfamilie Huber einen großen ideellen Wert. Nun hoffen die Betreiber, dass das Erinnerungsstück an einen ehemaligen Stammgast wieder auftaucht.

Stephanskirchen – Irgendwas fehlt da, dachte sich Willi Huber, den meisten bekannt als Wirt des Stephanskirchener Gasthauses Gocklwirt am Simssee. Jeden Morgen schaltet er in seinem Restaurant die Lichter an und geht durch die Gaststube. Jeden Morgen bleibt er im Jägerstübchen vor dem kleinen Bild mit dem Karpfen stehen und rückt es zurecht. Denn es hängt etwas tief, sodass Gäste es oft mit dem Rücken verschieben. Doch am Morgen des 6. Dezember war es anders. Der kleine Karpfen war verschwunden.

Besonderes
Erinnerungsstück

„Seit Jahren ist das Bild nur an einem kleinen Nagel an der Wand befestigt“, berichtet der Wirt auf Nachfrage des OVB. Schon länger habe er vorgehabt, es fest anzubringen. Um den originalen Bilderrahmen nicht zu beschädigen, habe er es dann doch gelassen. Darüber ärgere er sich nun.

Jeder, der das Restaurant am Weinberg einmal besucht hat, weiß: Beim Gocklwirt gibt es viel zu entdecken. Denn das Lokal bietet nicht nur Gaumenfreuden, sondern auch Kurioses fürs Auge. Von Gockeln in allen Formen und Farben über altes Bauernwerkzeug bis hin zur größten Kunstuhr der Welt – es war die Sammelleidenschaft „vom Opa“ und Gocklwirt-Gründer Anton Rietz, die den Gocklwirt zu dem gemacht hat, was er heute ist. „Für uns sind die Unikate in unserem Restaurant nicht irgendwelche Deko-Teile, sondern es sind persönliche Gegenstände, die für uns eine Bedeutung haben“, sagt Huber. Dazu gehörte auch das etwa postkartengroße Bild eines Karpfens der Rosenheimer Künstlerin Gertruda Gruber-Goepfertova alias GGG. „Gertruda war ein gern gesehener Stammgast“, erinnert sich Huber. Vor elf Jahren starb die Künstlerin. Um an sie zu erinnern und „die Verbundenheit zu ihr auszudrücken“, hat die Wirtsfamilie das von ihr signierte Bild des Fisches in der Jägerstube aufgehängt. Dort, wo GGG am liebsten gesessen habe, so Huber. Einen großen materiellen Wert hätte das Bild nicht. Aber einen ideellen.

Auch Gerti Kern erinnert sich gut an das Bild. 43 Jahre arbeitete die Bad Endorferin als Bedienung in dem Wirtshaus der Familie Huber und war eng mit Gruber-Goepfertova befreundet. „Sie war ein toller Mensch. Früher hat sie uns öfter Bilder von sich gebracht“, berichtet die 74-Jährige gegenüber dem OVB. Die Bilder seien immer auf den Gocklwirt bezogen gewesen. Der Karpfen sei ursprünglich für das Fischerstübchen des Wirtshauses gedacht gewesen und habe symbolisch für die Simssee-Fische gestanden, erinnert sich Kern.

Gertruda Gruber-Goepfertova war in Stadt und Landkreis Rosenheim bekannt. Die ursprünglich aus Mähren (Tschechien) stammende Künstlerin widmete sich neben der Malerei auch der Literatur. Beide Talente vereinte sie in der Serie der „Dorfskizzenblätter“, die ab 1976 in den OVB-Heimatzeitungen erschien. Nach der Machtübernahme der Kommunisten in Tschechien im Jahr 1948 floh sie gemeinsam mit ihrem Mann Dr. Leo Gruber und ihren Kindern nach Paris, ab 1953 lebten sie in München.

Die Sommerferien verbrachte die Familie jahrelang auf einem Bauernhof in der Hemhof-Eggstätter- Seenplatte. Da ihnen die Gegend so gut gefiel, wollten sie, wenn Leo Gruber in Rente geht, nach Bad Endorf ziehen. Doch da sie kein geeignetes Haus fanden, landeten sie 1979 in Rosenheim. Ihre letzten 25 Jahre wohnte GGG Am Stocket, wo sie am 30. Juli 2014 im Alter von 90 Jahren verstarb.

Hoffnung auf ein kleines Weihnachtswunder

Es sei auch nicht das erste Bild der Künstlerin, das abhandengekommen sei. Wie Gerti Kern berichtet, hätten auch Bilder im Eingangsbereich der Gaststube gehangen, die „jemand mitgenommen hätte.“ Deswegen habe sich Gocklwirt Willi Huber auch dazu entschlossen, den Diebstahl öffentlich zu machen – in den sozialen Medien bittet er: „Falls Ihr dieses Bild, sollte ein Unikat sein, irgendwo sehen oder möglicherweise gar als Weihnachtsgeschenk bekommen solltet, wisst Ihr, wo es eigentlich hängen sollte und wo GGG wollte, dass es hängt.“ Die Wirtsfamilie hat die Hoffnung aber nicht aufgegeben. „Vielleicht dürfen wir ja auch auf ein kleines Weihnachtswunder hoffen und das Bild kommt zu uns zurück“, so Willi Huber.

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