Aschau im Chiemgau – Die Weihnachtszeit war für Sebastian Pertl und seine Kollegen heuer ein bisschen anders als sonst. Es mussten Regale aufgehängt, Lampen angebracht und alles von Grund auf weihnachtlich dekoriert werden. „Mittlerweile schaut das wirklich heimelig aus“, sagt der Geschäftsführer des Aschauer Bergbauernladens. Er wollte sich nicht beschweren, was aus dem kleinen Raum im Aschauer Bahnhof geworden ist – auch wenn es nur eine Übergangslösung ist. Denn dort, wo Sebastian Pertl die Plätzchen, das Rindfleisch für den Weihnachtsbraten oder die Liköre für nach dem Festessen eigentlich verkaufen wollte, steht nur noch eine verkohlte Ruine.
Bergbauernladen brennt
bis auf die Grundmauern
nieder
In der Nacht auf den 23. Oktober wurde der beliebte Laden für regionale Produkte wie Brot oder Käse ein Raub der Flammen. Das Feuer brach in den frühen Morgenstunden im hinteren Teil des Gebäudes am Bahnhofsvorplatz aus. Innerhalb kürzester Zeit stand das Haus in Vollbrand. Während der Bergbauernladen bis auf die Grundmauern niederbrannte, ein Teil sogar einstürzte, konnte die Feuerwehr gerade noch verhindern, dass auch der Bahnhof und andere Gebäude Feuer fingen.
Es habe „spitz auf Knopf“ gestanden, dass nichts „Schlimmeres“ passiert ist, sagte auch Aschaus Bürgermeister Simon Frank am Tag nach dem verheerenden Brand. Vor allem die starken Winde in jener Nacht hätten die Feuerwehren vor Herausforderungen gestellt. Dank einer „strukturierten und professionellen“ Gemeinschaftsleistung hätten die Einsatzkräfte das Feuer aber glücklicherweise schnell unter Kontrolle gehabt. Der Bergbauernladen ist dennoch „ein Totalschaden“, vom Gebäude an sich bis zum ganzen Mobiliar. Es sei „alles kaputt“.
Ursache des Feuers war
wohl Brandstiftung
Wie es überhaupt zu dem Inferno kam, dazu hatte die Polizei schnell einen Verdacht: Der Brand wurde absichtlich gelegt. Noch am Tatort fiel den ersten Ermittlern vor Ort eine 29-Jährige aus Aschau auf, teilte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd damals mit. Nach intensiven Ermittlungen und Untersuchungen der Brandermittler von der Kriminalpolizei Rosenheim waren sich die Beamten sicher: Die „dringenden Verdachtsmomente“ reichen aus, um die Frau einem Ermittlungsrichter vorzuführen. Die 29-Jährige wurde daraufhin in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht, da bei ihr Auffälligkeiten festgestellt werden konnten.
Dort sei sie auch nach wie vor untergebracht, teilt Gunther Scharbert, Oberstaatsanwalt und Leiter der Zweigstelle Rosenheim der Staatsanwaltschaft Traunstein, auf OVB-Anfrage mit. „Die Ermittlungen dauern an“, sagt er. Derzeit müssten noch Gutachten und digitale Geräte ausgewertet werden. „Voraussichtlich ist im Frühjahr 2026 mit dem Abschluss der Ermittlungen zu rechnen“, sagt der Oberstaatsanwalt. Erst danach wird womöglich eine Anklage- oder Antragsschrift zu erwarten sein.
Geschäft soll an der Stelle
wieder aufgebaut werden
Wut auf die Frau verspürt Sebastian Pertl aber nicht. „Das ist tragisch, aber eigentlich ist das für uns völlig egal“, sagte der Geschäftsführer des Bergbauernladens kurz nach der Festnahme. Der Schaden sei jetzt nun mal da, ob vorsätzlich oder unabsichtlich mache keinen Unterschied. „Die Frau tut mir eher leid, das Ganze ist einfach ein Drama und wir müssen halt jetzt die Misere tragen“, betonte Pertl damals. Sich lange mit der Frage zu beschäftigen, warum das jemand getan hat, bringe einem ja nichts. Der Blick müsse nach vorne gehen.
Denn eines steht für Sebastian Pertl und die beteiligten Landwirte fest: Der Bergbauernladen soll wieder aufgebaut werden. Und zwar am besten an der Stelle, an der sie ihn bereits 1999 das erste Mal eröffnet hatten. Bis der Laden abgebrannt ist, hätten die elf Gesellschafter „viel Herzblut“ hineingesteckt. Immer wieder sei er ausgebaut und verschönert worden – bis er zu einem „sozialen Treffpunkt“ für viele Menschen wurde.
Pläne für neuen
Bergbauernladen liegen
bereit
Genau das soll er in Zukunft auch wieder werden. „Wir haben uns schon überlegt, wie ein Neubau am vernünftigsten und zeitgemäß umgesetzt werden kann“, sagt Sebastian Pertl. Es gebe Wünsche, dass im neuen Laden Kunden- sowie Personaltoiletten einen Platz finden, eine Heizung und eine Küche eingebaut werden. So sei das Gebäude vielleicht auch anderweitig nutzbar. Genauso gebe es Überlegungen, dass ein Teil des neuen Bergbauernladens an mehreren Tagen die Woche betretbar sein könnte – und der Einkauf so zu jeder Zeit ohne Personal möglich ist.
„Wir sind da jedenfalls ganz offen“, betont der Geschäftsführer. Am 15. Januar soll es ein Treffen mit der Gemeinde Aschau geben, bei dem tiefer in die Planung für den neuen Laden eingestiegen wird. Bis das neue Gebäude aber wieder steht, wird wohl dennoch eine Zeit vergehen, glaubt Pertl. „Der Versicherung zufolge haben wir drei Jahre für den Wiederaufbau Zeit, aber so lange haben wir nicht“, sagt der Geschäftsführer. Sie bräuchten eine „pragmatische und eine schnelle Lösung“. Er hoffe ein wenig darauf, dass es deutlich schneller geht.
Übergangslösung im
Aschauer Bahnhof
Bis es so weit ist, bleibt der Bergbauernladen im Übergangsquartier in einem kleinen Raum des Bahnhofsgebäudes, das ihnen die Gemeinde zur Verfügung gestellt hat. Zunächst allerdings nur bis ins Frühjahr. „Der Bürgermeister hat uns aber schon gesagt, dass wir da länger drinbleiben können, falls der Aufbau länger dauert. Da sind wir sehr froh darüber“, sagt Pertl. Schließlich hätten sie sich jetzt dort inzwischen „ganz gut eingerichtet“. Selbst der Verkauf laufe wieder ganz normal. „Die Leute kommen eigentlich so wie zuvor auch“, sagt Pertl. Vor allem jetzt zum Weihnachtsgeschäft. Allerdings – ganz vergessen werden Sebastian Pertl und seine Kollegen die Ereignisse aus der Nacht auf den 23. Oktober trotz des Weihnachtsstresses und des zurückgekehrten Alltags nicht so schnell.