Nußdorf – Wenn sich im Dorf am 27. Dezember die Dämmerung über den Biergarten des Schneiderwirts legt, beginnt ein Abend, der seit Jahren viele Menschen anzieht. Hunderte Besucher aus dem Ort und der Umgebung folgten auch diesmal der Einladung zur Johanninacht, die vom Nußdorfer Gebirgstrachtenverein organisiert wird. Was andernorts längst in Vergessenheit geraten ist, lebt hier als lebendige Mischung aus Brauchtum und Geselligkeit weiter und verleiht den Tagen zwischen Weihnachten und Dreikönig eine besondere Note.
Die Johanninacht zählt zu den sogenannten Raunächten, jenen zwölf Tagen, die im Volksglauben seit jeher als geheimnisvoll gelten. Sie ist dem Apostel Johannes gewidmet, um den sich die Erzählung vom vergifteten Weinkelch rankt, den er unversehrt geleert haben soll. Aus dieser Überlieferung entwickelte sich der Brauch der Weinweihe, bei der der gesegnete Trank Schutz vor Unheil versprechen soll.
In Nußdorf wurde daraus ein zeitgemäßer Zugang: Der Wein wurde als heißer Glühwein ausgeschenkt, angereichert mit Kräutern, denen eine wohltuende Wirkung nachgesagt wird – vorausgesetzt, der Genuss bleibt maßvoll.
Musik, deftige und süße Schmankerl sowie viele Gespräche prägten das Bild des Abends. Mittelpunkt des Geschehens war das Johannifeuer, dessen Flammen nicht nur für Wärme sorgten, sondern sinnbildlich alles Böse vertreiben sollen. Neben der festlichen Stimmung schwang auch altes Erfahrungswissen mit: Ein überlieferter Wetterspruch besagt, dass ein trockener 27. Dezember ein gutes Jahr verheißt – eine Hoffnung, die viele Besucher an diesem Abend gerne teilten.
So erwies sich die Johanninacht einmal mehr als ein Ereignis, das Tradition nicht museal bewahrt, sondern gemeinschaftlich erlebbar macht. Für Einheimische wie Gäste wurde der Abend zu einem besonderen Abschluss der Weihnachtszeit, der zeigt, wie stark alte Bräuche noch immer verbinden können. stv