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Die Gefühlskälte, die er bei sich und seinem Kameraden feststellte. „Der meinte nur, der Hubschrauber ist verständigt, das dauert etwa eine halbe Stunde, eine weitere halbe Stunde bis er geborgen ist, dann treffen wir uns in einer Stunde wieder oben.“ Maxi Werndl: „Ich war so schockiert von dieser Beobachtung, mir wurde in dem Moment klar, dass ich damit aufhören muss.“ Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kolbermoorer schon erste Kontakte zu seinem Coach, doch jetzt erst machte er sich bewusst daran, auszusteigen.
Der Ausstieg, zurück ins normale Leben: ein harter Weg. Die Beweggründe, die Hintergründe der Gefühllosigkeit galt es zu ergründen, die kollektive Unzufriedenheit, die ständige Ungeduld. „Erst mit Coach schaffte ich es, meine Gefühlswelt zu erkunden, mit meinen Emotionen umzugehen, zu entschleunigen, bewusst durchs Leben zu gehen, mit dem Moment zufrieden zu sein“, blickt Maxi Werndl zurück. „Zuvor hatte ich immerzu das Bedürfnis, extrem zu sein, um mich lebendig zu fühlen.“ Sein Ziel heute: Zufriedenheit. Damals: Befriedigung durch Adrenalin. Und er weiß heute: „Ohne professionelle Hilfe hätte ich das niemals geschafft.“
Den Weg aus dem Extremsport begleitete der Rosenheimer Filmemacher Puria Raviahi (Beech Studios) – er hielt Maxi Werndls letzten Sprung, dieses Frühjahr in Italien, mit der Kamera fest. Es entstand der sehr emotionale Kurzfilm „Last Exit“, der kürzlich auf dem Bergfilmfestival Tegernsee Premiere feierte und mit einem Preis ausgezeichnet wurde. Ausgestrahlt wird „Last Exit“ zudem am 18. November beim Bergfilmfestival in Salzburg, zeitgleich beim Mountainfilmfestival in Graz.
Der letzte Sprung – wie fühlt er sich an? „Ein komisches Gefühl, ganz anders als sonst. Die Nacht zuvor bin ich schweißgebadet aufgewacht, ob mein Fallschirm richtig gepackt ist“, gesteht Maxi Werndl. „Noch dazu, weil ein paar Tage zuvor mein Mentor bei einem Sprung ums Leben gekommen ist. Geplant war, meinen letzten Sprung mit ihm zu machen.“ Doch auch bei seinem „Last Exit“ hatte der 29-Jährige das Glück auf seiner Seite: Ein guter Sprung, ein guter Flug – und bei der Landung der Blick nach oben: mit ein wenig Wehmut, aber auch viel Dankbarkeit, dass alles vorbei ist.