Rosenheim – Dr. Nicole Cujai, die Leiterin der Arbeitsagentur in Rosenheim, bewertet die Entwicklung auf dem heimischen Lehrstellenmarkt positiv. Dies zeigten die Zahlen, die die Entwicklung in der Berufsberatung im Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis 30. September 2017 belegen. Die Unternehmen in der Region böten ein breites Spektrum an betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten. Dies gelte auch für den Ausbildungsbeginn im Herbst nächsten Jahres. Junge Menschen, die sich frühzeitig mit der eigenen Berufswahl beschäftigen und sich Alternativen zum Hauptberufswunsch überlegen, hätten gute Chancen, eine Ausbildungsstelle ihrer Wahl zu bekommen, so Cujai.
Die Daten zeigten, dass sich die Zahl der Bewerber um eine betriebliche Ausbildungsstelle gegenüber dem Vorjahr erhöht hat (plus 195). Darunter sind auch anerkannte junge Flüchtlinge oder junge Asylbewerber, die eine hohe Bleibeperspektive haben. Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen ist ebenfalls leicht angestiegen (plus 57).
Cujai dazu: „Bei detaillierter Betrachtung sind – wie auch schon im vergangenen Jahr – deutliche Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage erkennbar. Sehr positiv stellt sich die Situation für die jungen Menschen dar, die gute schulische Voraussetzungen mitbringen. Da sich der Ausbildungsmarkt zum Bewerbermarkt entwickelt hat, bekamen auch junge Leute eine Chance, bei denen vor einigen Jahren schon allein das Zeugnis zu einer Absage geführt hätte.“ Auch bei jungen Menschen mit Fluchtgeschichte gebe es positive Beispiele, insbesondere dann, wenn ihre Sprachkenntnisse gut bis sehr gut waren. Circa 60 von ihnen begannen eine betriebliche Ausbildung.
„Insgesamt sind in diesem Jahr noch 36 Jugendliche unversorgt, sie suchen weiterhin eine Lehrstelle“, so Cujais Bilanz. Die Berufsberater der Agentur wollen sich bemühen, ihnen noch eine Ausbildungsoption zu verschaffen. Für die Firmen verschärfe sich das Problem, ihre freien Ausbildungsplätze nicht mehr oder nicht mehr zu hundert Prozent besetzen zu können.
Insgesamt hatten sich im Berichtszeitraum 3511 Bewerber um eine Ausbildungsstelle bemüht, darunter 679 (plus 128) ausländische Jugendliche. Damit liegt die Zahl der Bewerber um 195 höher als im Vorjahr. Die Ausbildungsbereitschaft ist laut Cujai nach wie vor groß. Leider variierten die Ausbildungswünsche der Jugendlichen seit Jahren kaum. Bei den männlichen Bewerbern stehen die Berufe Kaufmann im Einzelhandel, Kfz-Mechatroniker, Verkäufer und Industriemechaniker hoch im Kurs. Bei den Frauen rangieren die Medizinische Fachangestellte und die Kauffrau für Büromanagement ganz vorne, gefolgt von der Kauffrau im Einzelhandel.
Cujai weist darauf hin, dass unter der Gesamtzahl der Bewerber viele „Altbewerber“ sind, also Jugendliche, die im Vorjahr oder noch früher die allgemeinbildende Schule verlassen haben. „Wir verstehen, dass Betriebe gerne einen schulisch guten, ausbildungsfähigen Bewerber haben möchten. Wir sehen aber aufgrund der demografischen Entwicklung die dringende Notwendigkeit, dass sich Firmen ihre Fachkräfte selber heranbilden und auch vermeintlich Schwächeren und Spätstartern eine Chance geben.“
Seit Beginn des Berichtsjahres wurden der Rosenheimer Arbeitsagentur 3655 Lehrstellen gemeldet. Damit haben Betriebe, Verwaltungen und die sogenannten freien Berufe 57 Stellen mehr gemeldet als im Berufsberatungsjahr 2015/2016. Ende September waren noch 420 Lehrstellen, 17 mehr als im Vorjahr, zu besetzen. Von den 3511 Bewerbern blieben bis Ende September 36 „unversorgt“. In der Stadt und im Landkreis Rosenheim gibt es derzeit noch 200 unbesetzte Lehrstellen und etwa zwei Dutzend Jugendliche ohne Ausbildungsplatz.