AbgasSkandal sorgt bald für Dicke Luft im Gerichtssaal

Diesel-Opfer haben gute Chancen

von Redaktion

Im Zuge des VW-Abgasskandals könnte bald eine Klagewelle auf das Traunsteiner Landgericht zurollen. Dort hat ein Rosenheimer Rechtsanwalt eine Musterklage eingereicht – mit guten Erfolgschancen. Zahlreiche weitere klagewillige Besitzer von manipulierten Dieselautos stehen in den Startlöchern.

Rosenheim/Traunstein – Der Rechtsanwalt Dr. Jürgen Klass vertritt mittlerweile fast 100 Mandanten aus der Region, die vom VW-Abgasskandal betroffen sind. Sie alle fahren einen VW, Audi, Seat oder Porsche – und fühlen sich über den Tisch gezogen.

Das Landgericht Traunstein könnte das genauso sehen. Zumindest hat das Gericht in einer ersten schriftlichen Stellungnahme zur von Klass eingereichten Klage signalisiert, dass VW aus verschiedenen Gründen in die Haftung genommen werden kann – „vor allem auch deshalb, weil das Schummel-Fahrzeug ohne gültige Übereinstimmungsbescheinigung verkauft wurde“, so Klass.

Für den Klägeranwalt aus Rosenheim ist das ein deutliches Signal dafür, dass Kunden ihre Ansprüche gegen den Volkswagenkonzern durchsetzen können: „Das Landgericht stellt sich auf die Seite der Verbraucher und gibt zu erkennen, dass Erfolgsaussichten für die auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichtete Klage gegen die Herstellerin Volkswagen AG bestehen“, so Klass weiter.

Die Musterklage dreht sich um einen neuen VW Tiguan, den eine Frau aus Tuntenhausen im April 2017 bei einem Autohaus im Landkreis Miesbach für rund 18500 Euro gekauft hat – zum Teil kreditfinanziert. Die Anklage lautet auf „Schadensersatzanspruch wegen eines manipulierten Dieselfahrzeugs“.

Die Kundin will ihr investiertes Geld zurück und raus aus dem Leasing-Vertrag – samt Zinsen, Gerichts- und Anwaltskosten. Der Streitwert beträgt rund 20000 Euro. Im Gegenzug bekommt der VW-Konzern das manipulierte Auto wieder.

Für ihren Anwalt ist der Fall klar: „Meine Mandantin hat nicht das bekommen, was ihr aus dem Kaufvertrag zustand, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug. Stattdessen hat sie einen Schummel-Diesel erworben.“

So wie die VW-Fahrerin aus Tuntenhausen fürchten viele Betroffene in der Region, dass die vom Hersteller geforderte „Umprogrammierung“ ihrer Fahrzeuge zu einer Wertminderung führt, weiteren Ärger bringt und Kosten verursacht.

Eine Skoda-Fahrerin aus Eggstätt kann ein Lied davon singen. Den Diesel hatte sie 2013 gekauft. Weil der Wagen ebenfalls von der Software-Trickserei betroffen war, hat sie auf Aufforderung des Herstellers im März 2017 ein „Update“ in einem Traunsteiner Autohaus durchführen lassen. „Ab diesem Zeitpunkt fingen die Probleme an“, sagt sie. Das Auto begann zu stottern, die Höchstgeschwindigkeit nahm ab, dafür erhöhte sich der Spritverbrauch.

Also fuhr die Eggstätterin im Mai 2017 nochmals in die Werkstatt. Vier Ventile wurden ausgetauscht, aber damit war die Sache nicht erledigt. Im Gegenteil: Der Skoda ging im Kroatien-Urlaub mit dem Ehemann und den Kindern kaputt, die Werkstatt musste ein Motorteil bestellen. Die Familie musste länger bleiben, das Ehepaar verpasste zwei Arbeitstage.

Die Frage, ob bei nachgerüsteten Autos die neue Software langfristig mit der unveränderten Hardware harmoniert, ist laut Klass völlig offen. Er rät deshalb jedem Verbraucher, der ein Auto vom VW-Konzern mit dem vom Dieselskandal betroffenen Motor EA189 gekauft hat, anwaltlich prüfen zu lassen, ob auch ihm Schadensersatzansprüche zustehen. Auch Betroffene, die das Update bereits haben aufspielen lassen, können Ansprüche bis Ende 2018 geltend machen. Maßgeblich sei allein der Kaufvertragsabschluss. Ob danach das Software-Update aufgespielt wurde oder nicht, sei unerheblich.

Die richterlichen Hinweise aus Traunstein hält Klass für wegweisend: „Auf dieses Zeichen dürften viele Geschädigte des Diesel-Abgasskandals in den Landkreisen Rosenheim, Mühldorf, Traunstein, Altötting und Berchtesgadener Land, insbesondere die Besitzer von teuren Premium-Fahrzeugen der Marken Audi, Porsche und VW, gewartet haben.“ Zumal die Rechtsschutzversicherer verpflichtet seien, in den VW-Fällen Deckung zu gewähren und alle Kosten zu übernehmen. Gleichzeitig würden die Chancen auf außergerichtliche Einigungen und Vergleiche steigen.

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