Rosenheim – Wenn keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, welche Mobilitätsalternativen gibt es dann für Menschen ab 55 Jahren im ländlichen Raum? Zu dieser Thematik hat der ADAC Südbayern zusammen mit dem Iges-Institut Berlin eine Studie entwickelt.
„Mobilität im Alter gewinnt immer mehr an Bedeutung“, waren sich gestern im Happinger Hof der CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner und Rüdiger Lode, Vorstandsmitglied für Verkehr, Umwelt und Fahrzeugtechnik beim ADAC Südbayern, einig. Gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel hätten Ältere neue Bedürfnisse hinsichtlich ihrer Fortbewegung.
„Die Situation dieser Personengruppe auf dem Land war bis dato nur unzureichend untersucht“, so Christoph Gipp, Iges-Geschäftsführer. Das soll die Studie nun ändern – und die Politik die richtigen Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen.
1964 Menschen ab 55 Jahren befragte die Betrachtung für acht Planungsregionen. Das Ergebnis: Das Auto ist und bleibt immer noch die Nummer eins. Wünsche nach Alternativen seien aber durchaus vorhanden: So ist den Befragten eine Optimierung ihrer individuellen Mobilität und des öffentlichen Nahverkehrs wichtig.
Für Oberbayern – diese Ergebnisse lassen sich laut Gipp auch auf den Landkreis Rosenheim übertragen – zeigte die Studie, dass ältere Menschen im ländlichen Raum auf das Auto schlichtweg angewiesen sind. Interesse an Mitnahme-Angeboten bestehe durchaus. „Hierfür brauchen wir Lösungen“, meinte Gipp. Für die Auswerter der Studie überraschend: „Die Oberbayern sind vor allem gegenüber E-Bikes sowie Ruf- beziehungsweise Bürgerbussen offen.“
In diesem Zusammenhang verwiesen die Teilnehmer an der Podiumsdiskussion – Gipp, Stöttner, Andrea Degl (Regierungsvizepräsidentin von Oberbayern), Veit Bodenschatz (Geschäftsführer Regionalverkehr Oberbayern), Alexander Schmid (Geschäftsführer Standortmarketing-Gesellschaft Landkreis Miesbach) und Alexander Kreipl (Verkehrs- und Umweltpolitischer Sprecher des ADAC Südbayern) – auf lobenswerte Projekte aus der Region: zum Beispiel den Filzenbus, der in Pfaffing und Albaching auf telefonische Bestellung angefordert werden kann. Praktisch für Radfahrer: der Chiemsee-Radlbus, der durch einen Anhänger eine Fahrradmitnahme gewährleistet. Ebenso gebe es viele gute Carsharing-Angebote im Landkreis.
Auch im Fokus der Studie: der öffentliche Nahverkehr. Hier gibt es laut Gipp Entwicklungsbedarf. Dazu gehöre vor allem die Barrierefreiheit. „Die hat aber nicht nur mit Bewegungsfreiheit, sondern auch mit Information zu tun.“ Er berichtete von seiner gestrigen Fahrt vom Rosenheimer Bahnhof nach Happing: Viel zu klein sei hier die Schrift auf dem Fahrplan gewesen. Digitale Angebote vermisst er ebenso. Die heutige Smartphone-Generation sei schließlich die ältere Gesellschaft von übermorgen. Ein weiterer Denkanstoß Gipps: „Es gilt, Mobilitätskonzepte zu vernetzen. Wie wäre es zum Beispiel mit Fahrradständern an Bushaltestellen?“
Anton Heindl, Rosenheims Zweiter Bürgermeister, sieht die Stadt hinsichtlich des Mobilitätsangebots gut aufgestellt. Der neue geplante Omnibusbahnhof und der kostenlose Adventsbus seien positive Beispiele. „Allerdings werden wir derzeit mit den Parkplätzen den Anforderungen der Pendler kaum gerecht.“ Ein Parkhaus im Norden des Bahnhofes könnte bald Abhilfe schaffen.
Einig waren sich am Schluss alle: Mobilitätsalternativen können künftig nur gemeinsam gelingen.suh/re