Rosenheim/Kolbermoor/ Amerang – Wenn Rike Stienen den Motor ihres dunkelbraun-metallicfarbenen Käfer-Cabrios anlässt, dann geht ihr noch heute das Herz auf. Den Pkw, Baujahr 1978, bekam sie von ihrem Vater zum 22. Geburtstag geschenkt. „Das war mein absolutes Traumauto“. Ans Verkaufen dachte sie nie. „Mein Ehemann ließ sich von meiner Begeisterung infizieren und seitdem ist das einfach unser Sommerauto“, berichtet die Kolbermoorer Autorin. Gerne erinnert sie sich an lange Fahrten in den Achzigern zurück: „Damit bin ich sogar bis nach Spanien in den Urlaub gefahren.“ Der Käfer hat noch seinen ersten Motor, die Qualität des Autos ist einmalig, findet Stienen. Mittlerweile ist das Gefährt der Autorin ein Oldtimer – und der wird zu ihrer Freude immer wertvoller.
Ebenfalls in Kolbermoor unterwegs ist Wolfgang Romig (54) mit seinem 67er-Käfer. „Das Modell ist eigentlich ein 68er“, berichtet er fachmännisch. Eine Art Übergangsmodell, das eine Restauration schwierig gestaltete. „Ersatzteile mussten wir teilweise mehrfach bestellen, bis eins passte“, sagt er. Inzwischen ist der schnuckelige beige VW-Wagen mit Grünschimmer komplett saniert und nahezu ein Neuwagen. Viele Jahre stand er zuvor bei Romig ungenutzt in einer Scheune, seit drei Jahren düst er überwiegend in den Sommermonaten damit durch den Landkreis.
„Es macht Spaß, ein Auto ohne viel Elektronik zu fahren“, beschreibt der 54-Jährige seine Liebe zum Gefährt. Als Oldtimer-Fan ist er Mitglied beim Inntaler Veteranen-Fahrzeug-Club. Im Frühjahr fährt er mit seinem Käfer erstmals auf die Blütenrallye nach Südtirol. „Darauf freue ich mich schon jetzt.“
VW Käfer geht
auf 1934 zurück
Wie Stienen und Romig fahren viele in der Region noch ein solches Kultauto. Mit dem Käfer hat Volkswagen seinem Namen alle Ehre gemacht – der VW Käfer war ein Wagen fürs Volk. Die Idee dazu ging allerdings auf die Nationalsozialisten zurück: Bereits 1934 forderte Hitler ein erschwingliches Auto für jeden.
Die Produktion des sogenannten Kraft-durch-Freude-Wagens ging über einige Prototypen allerdings nicht hinaus. Erst nach dem Krieg nahmen die Volkswagen-Werke in Wolfsburg die Produktion des VW Käfers auf.
So ein Modell, das 1949/50 direkt nach dem Zweiten Weltkrieg produziert wurde, gibt es auch im Efa-Automuseum in Amerang zu bestaunen. „Man nennt es auch den Brezel-Käfer“, erklärt Museumsleiter Hans Klauser (63). „Wegen seiner geteilten Heckscheibe.“ Für viele Besucher gehört das VW-Gefährt nach wie vor zu den Höhepunkten der Einrichtung. „Sie verbinden viele Erinnerungen damit“, weiß Klauser, dessen Museum aktuell auf den neuesten Stand gebracht wird und daher erst wieder im Sommer öffnet. „Das war ein tolles Auto“, schwärmt er weiter. „Vor allem wegen seiner Einfachheit. Schaut man sich den Motor an, wundert man sich im Vergleich zu heute, dass dieser überhaupt funktionierte. Viel konnte man selbst reparieren.“
Groß selbst Hand angelegt hat Heiner Koala (58) aus Rosenheim bei seinem schwarzen Cabriolet mit weinroten Sitzen noch nicht. Dafür hat der Schneidermeister es rundum restaurieren lassen. „Der Wagen war am Unterboden komplett verrostet.“ „Bubu“, wie ihn die Familie liebevoll nennt, aufzugeben, kam nie infrage. „Der gehört zu uns. Ich werde den VW Käfer solange fahren, wie ich lebe. Dann wird er an meine beiden Söhne vererbt“, ist sich der 58-Jährige sicher. 160000 Kilometer hat Bubu schon auf dem Buckel – „seine „Kurven“, wie Koala sie scherzend beschreibt, sind deswegen aber nicht weniger „sexy“.
In den Hafen der Ehe fahren verliebte Paare mit dem Käfer von Renate Steiger (39) aus Stephanskirchen. Sie bietet sich als Chauffeurin und ihr „Brautauto Rosenheim“ zum Verleih an. Im Repertoire hat sie eben auch den VW-Klassiker. Das Gefährt ist ein Liebhaberstück, das Steiger einst selbst von ihrem Mann geschenkt bekommen hatte und in die Restaurierung viel Liebe und Energie steckte. „Ich finde das Auto kuschelig. Ich und die Hochzeitspaare, wir fühlen uns darin geboren. Die hohen Wände schaffen eine ganz eigene Gemütlichkeit“, sagt sie. Vor allem bei vielen Jubilaren zur Goldhochzeit sei der Käfer beliebt. „Sie verbinden damit schöne Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit, als das noch ihr Alltagsauto war.“
Wer in den Sommermonaten wieder einen Käfer sieht, darf gerne winken. Darüber freut sich jeder VW-Fahrer, verrät Stienen.