Aus dem Gerichtssaal

Ein folgenreiches Telefonat

von Redaktion

Zu zwölf Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilte das Rosenheimer Schöffengericht einen syrischen Schleusungsvermittler aus Aleppo. Ein Telefonat, das der 39-jährige Lehrer mit einem Schleuser führte, brachte ihm diese Strafe ein.

Rosenheim/Kiefersfelden – Bei der üblichen Grenzkontrolle in Kiefersfelden kontrollierte die Bundespolizei am 17. Mai 2017 einen Mini-Bus. Darin befanden sich nicht nur neun illegale Einwanderer, sondern auch vier Kinder ungesichert im Kofferraum.

Die Polizisten nahmen den türkischen Lkw-Fahrer sofort fest. Vor dem Ermittlungsrichter sagte dieser aus, er sei von einem syrischen Bekannten dafür angeworben worden.

Er nannte den Beamten dessen Namen. Die Bundespolizei ermittelte daraufhin den Angeklagten, einen 39-jährigen Syrer aus Aleppo, der seit 2016 in Magdeburg lebt, problemlos. Der Mann wurde festgenommen und saß sechs Monate in Untersuchungshaft.

Syrer durch

Foto identifiziert

Durch eine Fotowahlvorlage wurde der syrische Lehrer klar identifiziert und so ging die Polizei zunächst davon aus, den Drahtzieher für die Schleusungsfahrt dingfest gemacht zu haben.

Der Türke – inzwischen rechtskräftig überführt und verurteilt – bestätigte als Zeuge, dass die Schleusungsfahrt durch den Angeklagten initiiert worden war. Das sei allerdings lediglich per Telefon geschehen. Der Angeklagte habe ihm mitgeteilt, dass es in Italien eine syrische Familie gebe, die für 600 Euro pro Kopf gerne nach Deutschland gebracht werden würde. Und ob er jemanden kenne, der diese Überführung machen könnte.

Daraufhin habe sich der Türke einen Mietwagen genommen und sei selbst nach Ventimiglia gefahren, um die Familie abzuholen und sich das Geld zu verdienen. Der Angeklagte, der ein flüchtiger Bekannter sei, habe keinen Cent verlangt oder bekommen.

Nachdem auch nicht nachgewiesen werden konnte, dass die illegalen Fahrgäste überhaupt von dem Angeklagten wussten oder mit ihm zu tun hatten, beschränkte sich der Vorwurf schließlich auf Beihilfe zur illegalen Einwanderung.

Der Staatsanwalt betonte, dass es ohne die telefonische Weitergabe der Information, zu der Straftat durch den türkischen Fahrer wohl nicht gekommen wäre. Deshalb sei der Angeklagte zwingend wegen Beihilfe zu verurteilen. Der Staatsanwalt beantragte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

Die Verteidiger, Rechtsanwälte Julia Weinmann und Wolfgang Höwing, erklärten, ihr Mandant habe lediglich eine Information weitergegeben, keinesfalls aber damit eine Straftat begangen. Darüber hinaus habe er die Tragweite seines Tuns unmöglich voraussehen können. Beide beantragten, den Angeklagten freizusprechen.

Richter: „Schleusung war das Ziel.“

Dem kam das Gericht nicht nach. Der Vorsitzende Richter Christian Merkel befand zwar, dass es sich bei dem Angeklagten natürlich nicht um einen klassischen Hintergrund-Organisator einer Schleuserorganisation handle. Dennoch habe er seine Information mit dem Ziel weitergegeben, dass diese Schleusungsfahrt stattfinden solle. Und das sei nun eben rechtlich Beihilfe zur Tat.

Freilich müsse unter den gegebenen Umständen das Strafmaß angemessen niedriger ausfallen, als dies bei den Mitwirkenden einer kriminellen Organisation wäre.

Das Gericht verurteilte den syrischen Angeklagten zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten, die es zur Bewährung aussetzte. Alleine die sechsmonatige Untersuchungshaft, so Richter Merkel, sollte dem Angeklagten eine hinreichende Warnung sein, um in Zukunft tunlichst die Finger von solchen Informationen zu lassen.au

Artikel 1 von 11