Helmut A. Seidl: „Ein Mördertrio auf dem Schafott“

Ein mörderisches Bauernweib

von Redaktion

Beim ersten Einsatz der Guillotine in Bayern starb 1854 auch eine Frau aus dem Landkreis Mühldorf

Obertaufkirchen/München – „Schlag 6 Uhr fiel ihr Haupt“, schreibt die Zeitung. Maria Aschmaier war tot, das Fallbeil hatte „ganz ruhig, aber mit Blitzschnelle den Hals der Delinquentin durchtrennt“.

Ihr Kopf fiel in einen mit Sägespänen gefüllten Korb, zur vollsten Zufriedenheit der Schaulustigen. Die Volksmenge habe – so berichten die Beobachter – „mit sichtlich gutem Eindrucke die Richtstätte“ verlassen.

Schließlich war die Exekution „sicher und rasch“ und „ohne Unfall“ vonstatten gegangen. Das war den Journalisten auch deshalb eine Bemerkung wert, weil es der erste Einsatz einer Guillotine in Bayern war.

Vollstreckung auf dem Marsfeld in München

Der Augsburger Dr. Helmut A. Seidl, emeritierter Professor für Neuere Sprachen, hat die Geschichte rund um die drei Todesurteile, die am frühen Morgen des 19. August 1854 auf dem Marsfeld in München vollstreckt wurden, nachgezeichnet und die damalige Berichterstattung ausgewertet.

Im Mittelpunkt seines 40-Seiten-Büchleins steht ein Mordkomplott auf dem Weinberghof in Obertaufkirchen im westlichen Landkreis Mühldorf, das für besagte Maria Aschmaier und ihren Komplizen Lambert Denkl auf dem Schafott endete.

Dass diese Geschichte überhaupt ans Tageslicht kommt, ist Zufall. Bei den Recherchen über die Gattenmörderin von Oberzeitlbach, die 1857 hingerichtet wurde, stand der Heimatforscher Seidl auch vor der Frage, ob die Bäuerin A. M. Pickl die erste Frau war, die mit der Guillotine ermordet wurde. Seine Erkenntnis: „Sie war es nicht, Maria Aschmaier war früher dran.“ Und Seidls Interesse an der Geschichte geweckt.

Der „grässlichste“ Mord überhaupt

Das „hübsche Bauernweib“ hatte einen Mord in Auftrag gegeben, der nach Ansicht der Berichterstatter von einst „der grässlichste war, der jemals vor einem bayerischen Schwurgericht verhandelt wurde“. Tatsächlich erschrickt man ein wenig über die Kaltblütigkeit und Brutalität, mit der Maria Aschmaier ihren Ehemann Peter von zwei „Lumpen wegputzen“ ließ (siehe unten).

„Sie war ein hübsches Bauernweib, dem man nicht im Entferntesten ansieht, daß sie eine so schreckliche That zu begehen fähig war.“

Münchner Bote für Stadt und Land

Sowohl die beiden Männer als auch Marias Familie hatten sich hinterher so auffällig verhalten, dass der Verdacht zwangsläufig auf sie fallen musste. Der Altbauer – ebenfalls am Komplott beteiligt – hatte sich im Rausch im Wirtshaus verplappert, Auftragsmörder Denkl mit Geld um sich geworfen.

Vor Gericht gestand Maria Aschmaier als einzige der fünf Angeklagten. Vor dem Schafott rettete sie das Geständnis allerdings nicht. Für ihre Eltern und einen weiteren Komplizen hob König Maximilian II. das Todesurteil wieder auf, für Maria Aschmaier und Lambert Denkl blieb es bestehen. Mit ihnen wurde noch der Raubmörder Georg Markreiter hingerichtet.

Die Guillotine musste eigens aus Württemberg ausgeliehen werden. „Das Königreich Bayern hatte damals noch keine eigene Guillotine“, berichtet Seidl. Das bis dahin übliche Richtschwert hatte 1854 auch in Bayern als Tötungsinstrument ausgedient.

Der König ordnete Einsatz des Fallbeils an

Grund war ein schwerer Zwischenfall bei einer Exekution in München: „Scharfrichter Lorenz Schellerer hatte bei der Hinrichtung eines Mörders siebenmal ansetzen müssen, um den Kopf vom Rumpf zu trennen. Daraufhin wollte die aufgebrachte Zuschauermenge dem Scharfrichter selbst an die Gurgel“, erzählt Seidl.

Um „technisch sauberer köpfen zu lassen“ habe deshalb König Maximilian II. den Einsatz des Fallbeils angeordnet und genaue Regeln über den künftigen Ablauf der Hinrichtungen aufgestellt. Die Guillotine kam nach dem 19. August 1954 in München gleich noch in Amberg und dann in Passau zum Einsatz. Auch darüber will Professor Seidl noch berichten: Das Buch mit dem Titel „Zwei Spektakel im Morgengrauen“ soll in zwei Monaten erscheinen.

Hinrichtungen

ab 1862 nicht

mehr öffentlich

Die Geschichte der Guillotine in Bayern war damit übrigens noch lange nicht vorbei, auch wenn die Hinrichtungen ab 1862 nicht mehr öffentlich stattfanden. Vor allem mit der Wiedereinsetzung der Schwurgerichte 1924 erlebte das Fallschwert eine Renaissance.

Nazi-Henker köpfte 3000 Opfer, darunter die Geschwister Scholl

In der Zeit des Nationalsozialismus köpfte der Münchner Henker Johann Reichhart fast 3000 Opfer, darunter auch die Geschwister Scholl. Offiziell wurde die Todesstrafe in Bayern tatsächlich erst mit der Verfassungsreform 1998 abgeschafft. Bis dahin hieß es in Artikel 47: „Der Vollzug der Todesstrafe bedarf der Bestätigung der Staatsregierung.“ Laut Grundgesetz war die Todesstrafe aber bereits 1949 bundesweit abgeschafft.

Helmut A. Seidl: Ein Mördertrio auf dem Schafott. Die Hingerichteten beim ersten Einsatz der Guillotine in Bayern, 6,90 Euro. ISBN: 978-3-7448-6412-1. Online auch als E-Book erhältlich.

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