Bad Feilnbach/Raubling – Inhaber eines Jagdreviers mit 900 Hektar Fläche, Almbauer auf der Gundelsberger Alm, Jagdberater für Niederwild beim Landratsamt Rosenheim, Kommunalpolitiker: Vitus Gasteiger weiß um die Wirkung von Worten und wählt sie mit Bedacht, wenn er über seinen Verdacht spricht. Den hegte er erstmals bereits im September vergangenen Jahres. Da bemerkte er, dass sich das Rotwild in seinem Revier immer öfter in einem großen Verbund „zusammenrudelt“. Eine Auffälligkeit, welche die Tiere laut Gasteiger auch an den Tag legten, als vor einigen Jahren nachweislich ein Wolf im Jenbachtal umherzog. Auch das Verhalten der Hirsche in der Brunftzeit zwischen Mitte September und Mitte Oktober 2017 kam ihm eigenartig vor. „Ich habe in der Zeit keinen einzigen Brunftschrei gehört, die Tiere zogen sich außergewöhnlich früh in ihre Einstände zurück“, erinnert sich Gasteiger.
Eine Spur, die er vor rund zwei Wochen im Schnee entdeckte, bestärkt ihn in seiner Vermutung. „Die könnte von einem Wolf stammen“, glaubt Gasteiger. Ein weiterer Verdachtsmoment: Im Bereich der Tregleralm wurde kürzlich ein Wildrudel gesichtet. „Das ist in diesem Bereich sehr ungewöhnlich“, sagt Gasteiger. Gerissene Wildtiere oder Losungen (Ausscheidungen), die auf einen Wolf im Revier hindeuten, fand der Feilnbacher bisher allerdings nicht. Auf jeden Fall hat der Vizebürgermeister in der Nähe der beiden Wildfütterungen in seinem Jagdgebiet jetzt zwei Kameras aufgehängt. Seine Hoffnung: ein Schnappschuss von einem Wolf, der den Verdacht belegt.
Hinweise, dass sich ein Wolf in der Region aufhalten könnte, gibt es auch in der Gemeinde Raubling. Bürgermeister Olaf Kalsperger wurde beispielsweise im Dezember von einem Jäger über eine entsprechende Beobachtung in der Nicklheimer Filze informiert. Der Rathauschef war besorgt und blieb nicht untätig. Er hat unverzüglich das Landratsamt über das Gespräch mit dem Waidmann informiert. „Ein Wolf in unserer Gegend, das behagt mir nicht besonders. Für mich stand außer Frage, sofort die Behörde einzuschalten“, so Kalsperger.
Aktiv geworden ist das Landratsamt nach Auskunft von Pressesprecher Michael Fischer bisher nicht. Es gebe immer wieder Meldungen, dass jemand einen Wolf gesehen haben will. Ein eindeutiger Nachweis für die Präsenz eines Wolfes lasse sich nur über eine DNA-Probe führen, sagt Fischer. Geeignete Spuren für eine solche Probe – beispielsweise ein Abstrich von einem toten Beutetier – lägen bisher allerdings nicht vor.
Kreisobmann Josef Bodmaier vom Bayerischen Bauernverband hat die Gerüchte über einen in der Region streunenden Wolf ebenfalls bereits vernommen. Momentan halte sich die Beunruhigung bei den Landwirten noch in Grenzen. „Im Winter ist der Wolf für uns nicht das große Thema, weil sich ja zum Beispiel kein Vieh auf den Almen befindet. Die Verunsicherung ist aber generell da“, sagt Bodmaier. Wenn ein Wolf auf Beutezug gehe, seien natürlich auch die Jungtiere in Gefahr, die in Kälberboxen vor den Bauernhöfen stehen, weiß Bodmaier. Seine Meinung zu dem aus seiner Sicht „viel zu ideologisiert diskutierten Thema“ ist eindeutig. „Wir brauchen die Wölfe bei uns nicht.“
Beim Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) in Augsburg, das unter anderem für das Wildtiermanagement sogenannter großer Beutegreifer zuständig ist, zu denen der Wolf gehört, erfuhr man nach Angaben einer Sprecherin erst durch den Anruf der OVB-Heimatzeitungen von der brodelnden Gerüchteküche in der Region. Im gesamten Vorjahr und heuer im Januar habe die Behörde keine Hinweise auf Aktivitäten eines Wolfes im Landkreis Rosenheim erhalten. Gebe es solche, bittet die Behörde darum, dass diese möglichst rasch dem Landratsamt, der Polizei oder auch dem LfU unter der Rufnummer 09281/1800-4640 gemeldet werden.