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Der 13-jährige Sohn erklärte, die Mutter habe bei der Religion jedem Kind freie Wahl gelassen. Als Motiv könne er sich die „Religion“, auch „Hass und Neid“, denken: „Wir hatten Arbeit. Meine Mutter war Übersetzerin. Wir hatten Autos, sind schon sechs Jahre hier.“
Der 13-Jährige weiter: „Wir wollten in Prien in Frieden leben. Es hat sich alles geändert. Mein Vater, bei dem wir leben, hat seinen Job verloren. Er tut viel für uns. Aber er kann nie eine Mutter ersetzen. Die kleinen Brüder sind ängstlich geworden. Es ist schlimm für sie. Sie wollen keine Kontakte mehr aufbauen.“
Das Schwurgericht hörte gestern zahlreiche Zeugen. Kein einziger berichtete von einem missionarischen Eifer der Getöteten – auch wenn sie sich gefreut habe, wenn jemand zum christlichen Glauben übergetreten sei.
Auf Mitarbeiter des Bauhofs Rimsting – dort hatte der Angeklagte gearbeitet – wirkte der 30-Jährige „gläubig“. Er habe stets seinen Gebetsteppich dabei gehabt. Beten sah ihn niemand. Einem zum Christentum konvertierten Mitbewohner gegenüber zeigte sich der Angeklagte in der Flüchtlingsunterkunft „aggressiv“.
Eine Flüchtlingshelferin informierte über den Ablehnungsbescheid des seit 2013 in Deutschland lebenden 30-Jährigen und ihre Rückkehrberatung. Er habe „zu Fuß“ zurück nach Afghanistan gehen wollen. Eine andere Betreuerin konnte sich gut vorstellen, dass ihm der westliche Lebensstil der Getöteten ein Dorn im Auge war.
Eine Sozialpädagogin erinnerte sich, mit der Asylablehnung sei der 30-Jährige „immer schwieriger“ geworden. Zwei Wochen vor dem Mord habe er auf Deutschland geschimpft, wollte zurück nach Afghanistan: „Er war aggressiv und unverschämt. Ich hatte Angst, konnte nicht mehr mit ihm allein sein.“
Der Vater des Angeklagten habe die Rückkehr des Sohns nicht gewollt – weil dieser dann „in zwei Wochen tot sei“. Die Familie hatte in der Vergangenheit angeblich gewaltsame Konflikte mit den Taliban. Verwandte des 30-Jährigen sollen ums Leben gekommen sein. Die Verhandlung geht am 5. Februar weiter. kd