Rosenheim – Der Genosse, dessen berufliche Wurzeln einst bei der Deutschen Bundesbahn lagen, ist als Mann deutlicher Worte bekannt. Schon vor Jahrzehnten nannte er seine Partei „einen Sauhaufen“ – und hatte prompt ein Ausschlussverfahren am Hals, das Parteifreunde aus der Region gegen ihn anstrebten. Durch alle parteiinternen Instanzen wehrte er sich gegen dieses Ansinnen und hatte Erfolg.
Das Hin und Her der Parteispitze über den Eintritt in Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen, der grundsätzliche Streit um eine Regierungsbeteiligung, das Verhalten der No-GroKo-Aktivisten und der aus seiner Sicht massive Glaubwürdigkeitsverlust des nach nur einem Jahr zurückgetretenen Vorsitzenden Martin Schulz sind für ihn nur einige der Gründe, warum er in seinem Schreiben deutliche Worte findet.
„Was sich heute in der Partei abspielt – durch Euch alle verursacht –, was Ihr dieser Partei antut, das ist beispiellos“, wettert Bamberg. Der Ansehensverlust der SPD sei noch viel verheerender, als es die sowieso schon „katastrophalen Umfragewerte“ belegen. Und weiter: „Sollten die Mitglieder nun auch noch gegen die Beteiligung an einer Großen Koalition votieren, dann wären das Chaos und damit unsere Verzwergung unaufhaltsam“, warnt Bamberg seine Partei.
Bamberg hat beim derzeit laufenden Mitgliedervotum zwar für den Eintritt der SPD in die Große Koalition gestimmt, von der Befragung der Parteibasis zu diesem Punkt hält er allerdings rein gar nichts. „Das passt nicht. Warum haben wir eigentlich ein Delegierten-System? Unsere Partei liegt sowieso schon am Boden, das Mitgliedervotum spaltet die SPD noch mehr“, ist der Ex-Parlamentarier überzeugt, der sich Jahre nicht mehr öffentlich zu politischen Vorgängen geäußert hat. Blockierte die Parteibasis den Eintritt der SPD in die Regierung und käme es zu Neuwahlen, sieht Bamberg ganz klar eine Konsequenz. „Davon würde die AfD massiv profitieren.“
Mit dem Agieren der Parteispitze in der jüngsten Vergangenheit ist der Rosenheimer mehr als unzufrieden. „Da wurden viele große strategische Fehler gemacht. Von Profis erwarte ich etwas anderes.“ Auch was den neu zu besetzenden Parteivorsitz betrifft, zeigt sich Bamberg über die aktuelle Entwicklung in der SPD besorgt. „Andrea Nahles denkt strategisch gut und beeindruckt mich rhetorisch, aber sie verkörpert keinen Neuanfang. Wir haben einfach niemanden.“
„Wähler sind zwar vergesslich, unser derzeitiges Chaos wird jedoch lange Zeit in den Gehirnen hängen bleiben. Ich werde es wohl nicht mehr erleben, wann die SPD wieder Fuß fasst. Ihr macht es einem schwer, bei der Stange zu bleiben“, so das Parteimitglied. Sollte ihn die SPD wegen seines Brandbriefes erneut aus ihren Reihen ausschließen wollen, weiß der 82-Jährige derzeit nicht, wie er in einem solchen Fall reagiert. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich jetzt noch dagegen wehren würde.“
Die SPD-Parteizentrale in Berlin scheinen Bambergs Sorgen eher weniger zu berühren. Eine von den OVB-Heimatzeitungen erbetene Stellungnahme zu dem Schreiben blieb aus – trotz einer telefonischen und zweier schriftlicher Nachfragen.