Raubling – Fast einen ganzen Tag lang hat das Technische Hilfswerk (THW) bei Minusgraden im Januar gearbeitet, um einen Lkw auf der Autobahn bei Achenmühle zu bergen. Doch die Unfallserie am Freitag auf der A 93 toppte diesen schweren Einsatz noch einmal: Denn es galt, gemeinsam mit der Feuerwehr an einem Tag gleich auf drei verunglückte Sattelzüge zu reagieren. „So etwas hatten wir schon lange nicht mehr“, sagt THW-Pressesprecher Stefan Huber.
Kaum war die Aufräumaktion für einen Lkw, der mit auf Paletten geladenen Autoteilen verunglückt war, beendet, folgte schon der nächste Einsatz. Und dieser hatte es in sich: Diesmal waren gleich zwei Sattelzüge betroffen. Trotz Warnblickanlage hatte der Fahrer eines bulgarischen Hängerzuges einen auf der rechten Fahrspur wegen eines Getriebeschadens stehenden Lkw übersehen, und war ungebremst auf das Heck des österreichischen 40-Tonners geprallt.
Die Unfallstelle auf der Autobahn Kufstein-Rosenheim zwischen Reischenhart und dem Inntal bot ein katastrophales Bild: Denn die Ladung der beiden Lkw – Baustoffe und Nudeln – hatte sich durch den Aufprall weit verstreut. Bitumenrollen, Kabeltrommeln, Ziegelpakete und Einzelteile von transportierten Saunen blockierten die Fahrbahn und das angrenzende Gelände. Dazwischen: ein Meer aus italienischen Nudeln.
THW Rosenheim und die Feuerwehren Degerndorf, Nußdorf, Flintsbach sowie Pfraundorf, die wegen des ersten Unfalls noch vor Ort waren, mussten nachalarmieren: Über 60 Kräfte gingen gemeinsam mit der Autobahnmeisterei Rosenheim und Vertretern des Landratsamtes Rosenheim ans Aufräumen und Säubern. Unter anderem mussten die Feuerwehren auch ausgelaufenen Diesel binden. 200 bis 300 Liter waren im Erdreich versickert, das ausgebaggert wurde.
Viele Arbeiten mussten trotz schwerem Bergungsgerät wie Staplern, Kran und Radlader per Hand vonstatten gehen, so THW-Sprecher Huber. Die Bergungsfirma Waldschütz transportierte nicht nur die in Einzelteile zerschnittenen Sattelzüge, sondern auch die Ladungen ab ins Sammellager.
„Eine Ausnahmesituation“, fasst Huber den Großeinsatz auf der Autobahn, der erst gegen 22.30 Uhr zu Ende war, zusammen. Leider keine Ausnahme: Erneut hielten auf der Gegenfahrbahn Gaffer an und zückten ihre Handys.
Glück im Unglück hatten die Lkw-Fahrer, die aus den ineinander verkeilten Sattelzügen geborgen wurden. Doch auch ihre Rettung hatte sich als kompliziert erwiesen. Denn die Führerhäuser waren aufgrund der Blockade der Fahrspuren samt Seitenstreifen nur schwer erreichbar. Der 55-jährige Bulgare kam mit schweren, aber nicht lebensbedrohlichen Verletzungen an Beinen und Bauch ins Romed-Klinikum Rosenheim. Der Fahrer des österreichischen Sattelzuges, ein 47-jähriger Kroate, wurde mit Verdacht auf Schleudertrauma ins Krankenhaus Kufstein eingeliefert.
Die Autobahn wurde an der Anschlussstelle Brannenburg gesperrt und der Verkehr ausgeleitet. Der Rückstau ging bis auf eine Länge von 15 Kilometern bis Kiefersfelden zurück. Erst gegen 21.40 Uhr konnte die Fahrbahn wieder freigegeben werden. Der Gesamtschaden dürfte sich auf etliche 100000 Euro belaufen, teilt die Verkehrspolizeiinspektion Rosenheim abschließend mit.