Kiefersfelden – Der bewegende Märtyrertod des heiligen Sebastian, der geifernde Satan, der unter Getöse und Feuerschein vom Höllenschlund auf- und wieder hinabfuhr, die Ritterschaft, die mitten im Kampf im Standbild „erstarrt“ oder der „Lipperl“, der Kieferer Kasperl, der im heimischen Dialekt den einfachen Menschen eine Stimme gibt – bilderreich und mitreißend gestaltete sich der Festakt im Theaterhaus.
Nicht nur Bürgermeister Hajo Gruber, sondern auch der Vorstand der Theatergesellschaft Kiefersfelden, als Ritter Rudolf von Westerburg gekleidet, zeigten sich erfüllt vom „großen Stolz, das gewaltige Erbe unserer Vorfahren fortzuführen und damit ein Glied in der langen Tradition derer sein zu dürfen, die allen widrigen Umständen zum Trotz am Volkstheater festhielten“. Kurz: „Unsere Nachkommen sollen auch ein 500-jähriges Jubiläum feiern können“.
Spielleiter Andreas Gruber unterstrich die stete Begeisterung aller Mitwirkenden über die Jahrhunderte hinweg: Vom betagten Herzog, vom ganz jungen Knappen bis hin zum Kulissendreher – alle würden sich nach der Winterpause wieder auf die Theatersaison freuen.
Ein besondere Rolle spielt bei den Ritterdramen im Volkstheater Kiefersfelden die Bühnenmusik. Zu den Inszenierungen gehören Chorgesänge aber etwa auch die besonderen vierstimmigen Lieder. Zum Jubiläum wurde das „Goaßerlied“ vorgetragen, das es 1930 sogar zum Preissingen des berühmten Kiem Pauli geschafft hat. Seit einigen Jahren entwickelt der heimische Komponist und Arrangeur Sepp Pirchmoser die Bühnenmusik hin zu einer „untermalenden Effektmusik“. Eine weitere Besonderheit in Kiefersfelden: Musik, wie auch alle sonstigen Geräuscheffekte hinter der Bühne, sind „immer handgemacht und live“, so Moderator Rudi Erhardt, der mit viel Wortwitz durch die Feierstunde führte.
Die in Kiefersfelden so einzigartige Drehbühnenkulisse ermöglicht einen Szenenwechsel im Minutentakt. Das sei dem Ministerpräsidenten sicher nicht fremd, meinte Erhardt. Schnelle Kulissenwechsel, neue Bilder und Szenen zur Verwunderung des Publikums habe es ja im letzten Jahr auch im bayerischen „Staats-Schauspiel“ vor, auf und hinter den Bühnen von Staatskanzlei und Landtag mehr als genug gegeben. Besonders beeindruckt zeigte sich Söder in seinem Grußwort davon, dass das Volkstheater über die Jahrhunderte von Laien getragen wurde. „Das ist ein Bekenntnis zur Heimat und zur Identität“, so der Ministerpräsident.
Ministerpräsident enthüllt das neue Ritterdenkmal
Unter dem Gesang des großen Schlusschors trugen sich der Ministerpräsident und die Landtagspräsidentin Barbara Stamm ins Goldene Buch der Gemeinde Kiefersfelden ein. Dann präsentierte sich die Inntalgemeinde in ihrem ganzen Glanz: Vertreter aus fast allen Dorfvereinen, Musikkapellen von den Nachbargemeinden rechts und links des Inns, Abordnungen der Theatervereine aus Bad Endorf, Thiersee und Erl – die Erler trugen sogar ihr großes Passionskreuz durch den Ort – zogen hin zum neuen Ritterdenkmal vor dem Kiefersfeldener Rathaus. Unter den Klängen der Musikkapelle Kiefersfelden enthüllte der Ministerpräsident die beiden je 1,90 Meter hohen und 220 Kilo schweren Bronzefiguren zweier typischer Kiefersfeldener Ritter, die vom oberbayerischen Steinmetz Hanno Größl zusammen mit dem Bildhauer Markus Barthuber modelliert worden waren.
Mit dem Schwert in der Hand erinnern sie nun mitten im Ort an die bewegte Geschichte des Volkstheaters.