Rosenheim – Bei Margit Meyer (61) aus Bad Aibling klingelte der Wecker gestern eine Viertelstunde früher. Schuld sind die Fahrplanänderungen, die der Meridian angesichts von Bauarbeiten an den Oberleitungen auf der Strecke München-Rosenheim vorgenommen hat. „Halb so wild“, dachte sich die Regierungsangestellte, die von Montag bis Donnerstag von Bad Aibling bis Siemenswerke in München pendelt. Wenigstens blieben Fahrgäste, die auf der Mangfalltal-Strecke unterwegs sind, von den Verzögerungen durch die Baumaßnahme verschont, hoffte sie. Vergeblich.
„Als ich am Bahnhof ankam, hieß es erst, der Zug hat fünf Minuten Verspätung. Daraus wurden dann zehn“, erzählt Meyer. Richtig ärgerlich wurde es für sie dann eine Station weiter in Heufeld: Dort wartete der Meridian etwa 30 Minuten lang, bis laut Meyer mindestens zwei Güterzüge vorbeigefahren waren. Als der Zug dann schließlich den Bahnhof Holzkirchen erreicht hatte, hieß es, er würde in Deisenhofen enden. Wie viele andere ebenfalls verärgerte Fahrgäste stieg die Bad Aiblingerin deshalb in die Bayerische Oberlandbahn um und kam schließlich 45 Minuten zu spät in die Arbeit. „Das war jetzt erst der erste Tag“, schimpft Meyer. Da frage man sich schon, was da noch auf die Pendler zukommt. „Wenn das so weitergeht, dann habe ich meine Überstunden bis zum Ende der Bauarbeiten im August allein wegen der Verspätungen abgebaut.“
Meridian ist nicht verantwortlich
Laut Meridian-Sprecher Christopher Raabe ist das Unternehmen für die Verspätung, die Meyer und ihre Leidensgenossen schon frühmorgens auf die Palme brachten, nicht verantwortlich. „Das hat uns auch missfallen“, sagt der Sprecher. „Da sind aber nicht wir zuständig, sondern die DB Netz AG.“ Dass der Zug außerplanmäßig in Deisenhofen endete, war laut Raabe seiner enormen Verspätung geschuldet: „Wäre der Zug planmäßig weitergefahren, hätte er das Streckennetz und damit auch andere Züge blockiert.“
In eine ähnliche Richtung argumentiert auch die für die Fahrplan-Disposition verantwortliche DB Netz AG, die den Meridian zugunsten der Güterzüge gleichsam aufs Abstellgleis beorderte. „Wir können die Güterzüge nicht warten lassen, sonst ist die Strecke dicht“, erklärt ein Bahnsprecher auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen. Genau darauf wäre es aber hinausgelaufen – schließlich blockiere der Regionalzug die Strecke an jeder einzelnen Haltestelle.
„Alle machen
gewisse Abstriche“
Dass gestern verstärkt Güterzüge auf der Mangfalltal-Strecke unterwegs waren, sei mehreren Umständen geschuldet gewesen: zum einen einer nächtlichen Vollsperrung der Strecke Rosenheim-München. „Deswegen mussten wir die Züge über das Mangfalltal fahren lassen“, erklärt der DB-Sprecher. Zum anderen komme es derzeit aufgrund der bevorstehenden Pfingstferien zu einem erhöhten Güterverkehr-Aufkommen. „Das Aufkommen schwankt sehr stark, oft werden Züge auch erst kurzfristig angemeldet.“ Entsprechend schwierig sei es, den Zugverkehr zu koordinieren. Eines möchte die DB Netz AG jedoch klarstellen: „Alle machen gewisse Abstriche.“ Züge der Deutschen Bahn seien gleichermaßen betroffen.
Überfüllte Busse im Schienenersatzverkehr
Viele Pendler mussten wegen der Bauarbeiten auf der Strecke Rosenheim-München mit Schienenersatzverkehr vorliebnehmen – und deshalb zum Teil bis zu einer Stunde früher aufstehen. So auch ein verärgerter Ostermünchner: Der Bus, der laut Fahrplan bereits um 6.05 Uhr hätte abfahren sollen, sei erst um 6.13 Uhr angekommen. Und nicht nur das. „Es war kaum ein Sitzplatz frei, alle Ostermünchner mussten stehen“, schimpft er. Trotz des bereits überfüllten Busses sei anschließend auch noch der Bahnhof in Aßling angefahren worden. „Mit uns Pendlern kann man das ja machen“, wetterte der Mann im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.
Die genaue Ursache für die Verspätung des 6.05-Uhr-Busses kennt Raabe nicht. „Der Fahrplan für den Schienenersatzverkehr basiert auf Erfahrungswerten“, erklärt der Meridian-Sprecher. Treffe der Bus unterwegs auf Verkehrsbehinderungen oder passiere ein Unfall auf der Strecke, so ziehe sich die Fahrzeit in die Länge. Über den Grund für die Überfüllung kann Raabe nur spekulieren. „Da sind möglicherweise Fahrgäste aus anderen Zügen zugestiegen, beispielsweise Verbindungen aus Salzburg oder Kufstein“, sagt Raabe. Und auslassen dürfe der Bus selbstverständlich keine Haltestelle, schließlich müsse die Möglichkeit des Zu- oder Ausstiegs überall gegeben sein.
Die Lösung, zumindest für das Kapazitätsproblem, liegt auf der Hand: mehr Busse einsetzen. Ganz so einfach sei das aber nicht, erklärt Raabe: „Leider stehen in Bayern nicht unbegrenzt viele Busse herum.“ Man habe nur ein begrenztes Kontingent zur Verfügung. Das versuche man optimal zu disponieren. „Es kann sein, dass in den nächsten Tagen noch etwas passiert“, macht er den Pendlern dennoch ein wenig Hoffnung.