Gerät mit Signalwirkung

Rehkitzretter im Probelauf

von Redaktion

Was passiert, wenn Mähwerk und Rehkitz aufeinandertreffen, kann sich jeder ausmalen. Im Revier der Jagdgenossenschaft Gstadt/Gollenshausen wird so ein Szenario künftig niemand mehr erleben, so die Hoffnung. Ein neuartiges Gerät soll Abhilfe schaffen.

Gstadt – Für den Bauern ist die grüne Wiese die Nahrungsgrundlage für seine Rinder, für die Rehgeiß eine Art Nest für ihre Kitze. Zwei Interessen, die bei der Mahd regelmäßig kollidieren. Das hat nicht selten dramatische Folgen – auch für die Rinder: Das Rehkitz wird durch das Mähwerk schwer verletzt oder gar getötet. Für die Rinder besteht durch den Verbleib von organischem Material des ausgemähten Kitzes in den Ballen und Silos die Gefahr von Botulismus. Die Folge: unter anderem Durchfall, Lähmungen und schließlich der Tod. Bei der Jagdgenossenschaft Gstadt/Gollenshausen sollen solche Fälle der Vergangenheit angehören. Hoffnungsträger: der Rehkitzretter.

Dabei handelt es sich um ein 13 Zentimeter hohes und fünf Zentimeter breites Kästchen, das die Kitze mittels optischer und akkustischer Signale vertreiben soll. Radius: 300 Meter. Der akkubetriebene „Wildschreck“ wird an einer Stange befestigt so in der Wiese aufgestellt, dass er über das hohe Gras hinausragt. Das optische Signal gleicht dem eines Polizei-Blaulichts, beim akustischen handelt es sich um einen durchdringenden Pfeifton. „Ich habe das Gerät in der Garage ausprobiert“, erzählt Max Schinner, verantwortlicher Jäger im Revier Gstadt-Nord. „Das war so laut, dass die Nachbarn gefragt haben, was los ist.“

Für sich genommen, ist das noch nichts Außergewöhnliches. Das Besondere am Rehkitzretter ist der Zufallsgenerator. Der sorgt dafür, dass die Signale in unregelmäßigen Abständen gesendet werden. Bei den akkustischen variiert zudem Tonart und -länge. Ein Gewöhnungseffekt bleibt damit aus. „Der setzt beim Rehwild normalerweise sehr schnell ein“, erklärt Schinner.

Bislang mussten Schinner und Co. die Wiesen im Revier zu Fuß absuchen. Das war gerade im hohen Gras einerseits sehr mühsam, andererseits auch nicht zwangsläufig erfolgreich. Von den Flurschäden ganz zu schweigen. Eine Alternative wäre ein Quadrocopter, eine Drohne, die die Wiese mit einer Wärmebildkamera abfliegt. „Die sind aber sehr teuer“, sagt Schinner. Rund 1000 Euro kostet ein solches Gerät. „Außerdem ist das zeitaufwendig.“ Zum Vergleich: Zum gleichen Preis gibt es acht der Rehkitzretter, die Schinner im Februar auf der Jagdmesse in Salzburg entdeckt hat. Und auch der Zeitaufwand ist deutlich geringer: Einfach zwei Tage vor der Mahd aufstellen und abwarten.

Seit dem 15. Mai, also eine Woche früher als üblich, bringen die Geißen ihre Kitze zur Welt. Jetzt, zur zweiten Grasmahd und zur ersten Heumahd Anfang Juni besteht damit akute Gefahr. Entsprechend wichtig ist die Kommunikation zwischen Bauer und Jäger: Schinner muss wissen, wann wo gemäht wird. Die beiden Rehkitzretter, die Jagdgenossenschaft und Revierjäger gemeinsam für einen ersten Versuch angeschafft haben, kommen dann da zum Einsatz, wo erfahrungsgemäß immer wieder Kitze liegen.

Erstmals erfolgreich im Einsatz waren die beiden Geräte am vergangenen Samstag, als Hans Reif, Jagdvorstand bei der Jagdgenossenschaft, gemäht hat. „Da war kein Kitz in der Wiese“, sagt der Betreiber des landwirtschaftlichen Urbanhofs in Gollenshausen. Ob das dem Rehkitzretter zuzuschreiben ist, vermag Schinner nicht zu beurteilen – zu viele Faktoren spielten da eine Rolle. So oder so: „Hauptsache es ist nichts passiert“, sagt Schinner. „Ganz egal, warum.“

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