Radl-Demo gegen den Brenner-nordzulauf

„Problem geht das gesamte Inntal an“

von Redaktion

Teilnehmer fordern Kosten-Nutzen-Berechnungen für den Streckenausbau

Landkreis – Der Erfolg einer Radl-Demo ist wetterabhängig. Das wurde dem Bürgerforum Inntal am Samstag klar, als es bei Landregen und einem Wetterbericht, der über den Tag hinweg kaum Besserung versprach, am Startpunkt Neubeurer See auf Teilnehmer wartete.

Für Momente sah es so aus, als würde sich nur eine Handvoll von Leuten an der Demo gegen den Brenner-Nordzulauf beteiligen, doch kurz vor dem Start fanden sich dann immer mehr Teilnehmer ein. 150 bis 160 sind es laut der begleitenden Polizei trotz der schlechten Witterungsbedingungen schließlich gewesen, die schwankende Zahl resultiert aus der Tatsache, dass über die Strecke von Neubeuern über Raubling, Brannenburg, Flintsbach, Fischbach, Niederaudorf, Erl und Nußdorf zurück nach Neubeuern immer wieder neue Teilnehmer dazustießen, andere die Demo verließen.

Die Form der Radl-Demo war jedoch trotz des Wetterrisikos ganz bewusst gewählt worden, wie Dieter Dimmling von der Bürgerinitiative erläutert. „Dadurch haben wir unseren Protest in vielen Gemeinden statt nur an einem Standort sichtbar machen können. Wir wollten damit auch noch einmal ganz klarmachen, dass der Brenner-Nordzulauf nicht das Problem einzelner Gemeinden ist, sondern eines, das das gesamte Inntal angeht.“ Informationen über das Projekt und die Kritikpunkte der Bürgerinitiative gab es jeweils an den Haltepunkten in den Gemeinden, wobei für Dimmling, der die Informationsblöcke moderierte, eines besonders wichtig war: Es sollten, wie er erläutert, „harte“ Informationen sein, möglichst frei von Polemik, gestützt auf überprüfbare Zahlen und Fakten.

Mit diesem Anspruch, möglichst klar und nachprüfbar zu informieren, wolle man, wie Peter Margraf, der Zweite Vorstand der Initiative ergänzt, mit gutem Beispiel vorangehen und den Weg öffnen für grundsätzliche Verkehrsüberlegungen.

An Politik und Bahn gerichtet, wurde an diesem Tag immer wieder eine nach Meinung der Demonstranten festzustellende gewisse Unschärfe in den Argumenten, ein sich nicht Festlegen und das Offenhalten von Hintertürchen bemängelt. So werde für das Projekt immer das Ziel, das Inntal vom Straßenverkehr zu entlasten, ins Feld geführt. Nirgendwo deutlich werde aber, dass die neuen Trassen für Hochgeschwindigkeitszüge ausgelegt würden, weshalb ein Güterzugverkehr bei dem derzeit und auch auf absehbare Zeit noch rollendem Material schwierig werde, wenn nicht von Anfang an hohe Wartungskosten für die Trassen eingerechnet würden. In diesem Zusammenhang stehe die für solche Verkehrsprojekte vorgeschriebene Kosten-Nutzen-Berechnung aus.

Debatte über Kosten der Überquerung

Auf erhebliche Kritik stieß in diesem Zusammenhang bei der Demonstration auch die sogenannte „Argumentationshilfe“, die in der vergangenen Woche von den Landtagsabgeordneten Otto Lederer, Daniela Ludwig und Klaus Stöttner an alle Bürgermeister verschickt worden sei. Die Bürgerinitiativen, die sich gegen den Brenner-Nordzulauf engagieren, sind unisono der Meinung, dass ein Drittel des Lkw-Verkehrs über den Brenner „Kostenvermeidungsverkehr“ sei. Sprich: Würde man die Kosten der Brenner-Überquerung auf das Niveau anderer Alpentransitstrecken anheben, würde ein erheblicher Teil des Lkw-Verkehrs wegfallen. Was vom verbleibenden Lkw-Verkehr schienenverlagerungsfähig wäre, könnte, so die Bürgerinitiativen, von den Bestandsstrecken ohne Problem bewältigt werden.

Die Bundestagsabgeordneten würden in ihrer Aussendung ein gegenteiliges Bild zeichnen. Auf der Strecke Hannover-Mailand oder Aachen-Mailand, so errechnen sie, sei der Brenner nicht billiger, sondern teurer als die Alternativstrecke über die Schweiz. Zahlen, die bei der Radl-Demo nicht unwidersprochen blieben.

Die Veranstalter verwiesen auf den Stephanskirchner Bürgermeister Rainer Auer, der in einer schriftlichen Erwiderung mehrere, seiner Meinung nach vorhandene Schwachstellen der Hochrechnung aufgezeigt habe. Laut Auer sei in der Aufstellung unter anderem die Tatsache unberücksichtigt geblieben, dass das Tanken auf der Brennerstrecke bei einem durchschnittlichen Lkw-Tankvolumen von 1000 Litern rund 200 Euro Ersparnis brächte.

Nicht glücklich mit dem Hin und Her aus Behauptung und Gegenbehauptung zeigte sich auch Neubeuerns Bürgermeister Hans Nowak, der einzige Bürgermeister aus den durchfahrenen Gemeinden, der ein Grußwort sprach. Vor seiner kurzen Rede sagte er im Gespräch, dass Demos wie diese zweifellos sehr wichtig seien, noch wichtiger fände er aber einen Zusammenschluss aller betroffenen Bürgermeister, um sozusagen mit geballter Macht bei allen Seiten auf klare und verlässliche Aussagen zu drängen.

Klarheit und Ehrlichkeit war, soweit man sich auch umhörte, auch mit ein Hauptanliegen aller Demonstranten, übertroffen nur noch von dem Ziel, die Natur im Inntal zu bewahren.

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