Rosenheim – Die Sprache verrät schnell, dass Artmanns Unterstützer aus Nordrhein-Westfalen kommt, während der CSU-Kreisgeschäftsführer seine Verwurzelung in der Region betont und den süddeutschen Einschlag in seiner Ausdrucksweise als Markenzeichen empfindet. Einer der wenigen Unterschiede zwischen den beiden Jungpolitikern, von denen der eine bereits im Bundestag sitzt und der andere sich ab Herbst gerne als Mitglied des Maximilianeums in München sähe.
Bundesweit über 100000 Mitglieder
Dass die Unionsparteien ihr konservatives Profil nicht politischen Taktiermanövern opfern dürfen, Generationengerechtigkeit ein wichtiges politisches Terrain ist und das Thema Migration und Flüchtlingspolitik vieles in den Hintergrund drängt – zum Bedauern der beiden auch die Erfolge der CSU in Bayern – , darin sind sich Artmann und Ziemiak einig.
Um das politische Gewicht des JU-Bundesverbandes zu unterstreichen, verweist dessen Vorsitzender beim Pressegespräch im Gasthaus Stockhammer in Rosenheim beiläufig, dennoch geschickt darauf, dass der Verband mit weit über 100000 Mitgliedern die größte politische Nachwuchsorganisation Europas sei. Artmann führt mit dem Bezirksverband Oberbayern dessen größte Untergruppierung in der Bundesrepublik.
Weil sich beide gut kennen und ihre Ansichten praktisch deckungsgleich sind, ist Ziemiak gerne gekommen, um Artmann zu unterstützen. Da darf an diesem Tag auch ein Besuch bei der Bundespolizei nicht fehlen. Für die haben sie viel Lob übrig, wenn sie beispielsweise an die mannigfachen Herausforderungen erinnern, die die Flüchtlingswelle im Jahr 2015 für die Region mit sich brachte. „In dieser Inspektion wurde Großartiges geleistet. Sie hatte eine bundesweite Bedeutung,“, sagt Ziemiak.
Von „großartig“ ist auch immer wieder die Rede, wenn die Jungpolitiker auf die Erfolge der Landespolitik zu sprechen kommen. Die Palette reicht vom Familiengeld über einen soliden Haushalt, der die Rückzahlung von Schulden ermöglicht, bis hin zu einer relativ hohen Investitionsquote, die der Freistaat aufgrund seiner Wirtschaftskraft stemmen kann. Da kommt dem Gast aus dem westlichen Bundesland ein freimütiges Bekenntnis über die Lippen. „Wir in Nordrhein-Westfalen sind neidig auf Bayern.“
Vor den vielen Problemen, die es auf Landes- und Bundesebene zu lösen gilt und die insbesondere auch ihrer Generation unter den Nägeln brennen, verschließen Ziemiak und Artmann keineswegs die Augen. Im Gegenteil: Der JU-Bundesvorsitzende räumt freimütig ein, dass die Politik an allen vier Stellschrauben drehen müsse, wenn sie die Sicherheit der Renten langfristig garantieren wolle: Eintrittsalter, Bundeszuschuss, Rentenniveau und Beitragssatz. „Wir brauchen jetzt Antworten, weil junge Menschen wissen müssen, wie sie privat vorsorgen sollen“, sagt Artmann. Von Ziemiak bekommt er Rückendeckung für seine Forderung, auch die Selbstständigen müssten einen Beitrag leisten, um die Altersversorgung der Rentner langfristig zu gewährleisten.
„Wir müssen den Schleusern im Mittelmeer das Handwerk legen“, leitet Ziemiak auf das zentrale Thema über, das den Wahlkämpfer Artmann derzeit beschäftigt: die Flüchtlingspolitik. Beide fordern die möglichst rasche Schaffung sicherer Anlaufstellen in Nordafrika, wohin die Menschen zurückgebracht werden können, die im Mittelmeer gerettet werden. Dort solle geprüft werden, ob sie asylberechtigt sind oder einen anderweitigen Schutzstatus beanspruchen dürfen, der ihnen eine Aufnahme in Europa ermöglicht. „Die Fahrt übers Meer darf nicht automatisch zur Eintrittskarte werden“, sind sich beide einig.
Schnellere Verfahren, ein besseres Schutz der EU-Außengrenzen und eine konsequente und raschere Rückführung abgelehnter Asylbewerber sind bekannte Instrumentarien aus dem Baukasten politischer Maßnahmen, die auch die beiden JU-Vertreter auf ihrer Agenda haben. Bei aller Kritik an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin tritt der Bundesvorsitzende jedoch einem Eindruck entgegen. „Wir dürfen nicht so tun, als sei seit 2015 in diesem Bereich nichts passiert.“ Zum Beweis führt er die deutlich abnehmenden Flüchtlingszahlen an.
Dass weiterhin viele offene Fragen in der Flüchtlingspolitik seinen Wahlkampf mitprägen und damit ein bundespolitisches Thema landespolitische Aspekte überlagert, davon kann Artmann ein Lied singen. „Selbst wenn wir die Gehwege golden pflastern würden, wäre es im Moment schwer, CSU-Erfolge zu verkaufen.“ Für den Wahlkämpfer Artmann eine Herausforderung, die ihn auch anspornt. Über jede Form der Unterstützung freut sich der 30-Jährige.
Gemeinsam mit Söder
im Keferloher Festzelt
Nicht nur Paul Ziemiak ist auf den Mann aufmerksam geworden, den nicht nur viele Mitglieder in den CSU-Kreisverbänden Rosenheim Stadt und Land als fähigen Kopf mit Führungsqualitäten ausgemacht haben. Das hat sich längst bis zur Parteispitze herumgesprochen. Es ist kein Zufall, dass der Zweitstimmenkandidat aus Rosenheim am Sonntag, 2. September, mit einem Auftritt im Festzelt in Keferloh ins Münchner Gäu vordringen und dort zusammen mit Ministerpräsident Markus Söder vor mehreren Tausend Besuchern sprechen darf.
Welche Bühne bietet ihm sein eigener Kreisverband, wenn Söder zum Wahlkampf-Endspurt nach Rosenheim kommt? Eine Frage, die derzeit an der Parteibasis in der Region durchaus erörtert wird. Der JU-Bundesvorsitzende hält sich da natürlich zurück. Trüge man diese Frage jedoch an ihn heran, wäre er wohl um eine rasche Antwort nicht verlegen.