Das Geschäft mit der illegalen Personenbeförderung

„Taxi-Krieg“ in Rosenheim?

von Redaktion

„Guerilla-Krieg“ in Rosenheim? Baron Harald von Koskull bemüht diesen martialischen Begriff, um auf „Schattengeschäfte“ bei der Personenbeförderung hinzuweisen. In einer Pressemitteilung spricht von Koskull von „gemeinschädlichem Wildwuchs“ durch illegale „Taxis“ in Rosenheim.

Rosenheim – „Es geschieht halt nichts. Jetzt haben wir uns entschlossen, Gas zu geben“, begründet der Rosenheimer Rechtsanwalt auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen, warum er nicht nur einen offenen Brief an die Stadt geschrieben hat, sondern auch Anzeige erstatten wird – bei der Ordnungsbehörde und bei der Staatsanwaltschaft. Seine Mandanten, konzessionierte Taxi-Unternehmen in Rosenheim, seien nicht länger bereit, die Konkurrenz durch ein „Schattengewerbe“ hinzunehmen.

Das Fass zum Überlaufen brachte anscheinend das Herbstfest. Aus Privatfahrzeugen heraus seien wiederholt Wiesnbesucher auf den Straßen rund um das Festgelände angesprochen worden, ob sie ein Taxi benötigten – mit dem Angebot, die Fahrt zu übernehmen. Mehrfach wurde laut von Koskull beobachtet, dass nach dem letzten Ausschank private Pkw voll besetzt stadtauswärts fuhren und nur mit einem Fahrer wieder zurückkamen – um den Privatwagen wieder vollzuladen.

Im Auftrag seiner Mandanten machte von Koskull einen Praxistest. Auf der Rosenheimer Innstraße ging er ein paar Schritte mit suchendem Blick – und wurde nach eigenen Angaben in gebrochenem Deutsch angesprochen: „Du brauchen Taxi?“. Er steuere zwar kein richtiges, biete aber die Beförderung an, habe der Fahrer gesagt. „Auf die Frage nach dem Preis meinte der Anbieter, dass man sich da schon einigen würde.“

Von Koskull schildert, wie es weiterging: „Eingestiegen – los ging die Fahrt. Was der Chauffeur nicht wusste: Dem Fahrzeug folgten die Mandanten mit einem privaten Pkw. Am Fahrziel angekommen, bemerkte der Chauffeur, dass er einen Fehler begangen hatte.“ Gegen ihn und den Halter des von ihm gelenkten Fahrzeugs wird der Rechtsanwalt nun im Auftrag seiner Mandanten Anzeige erstatten.

„Schattengewerbe“ bietet keinen Schutz

Von Koskull weist darauf hin, dass diese illegalen „Taxis“ nicht nur während des Herbstfestes, sondern auch an den Wochenenden im Raum Rosenheim unterwegs seien. Er sieht die Ordnungsbehörde der Stadt Rosenheim in der Pflicht, einzuschreiten. Denn es handele sich um einen Verstoß gegen das Personenbeförderungsgesetz. Dieses verlange die Einhaltung von zahlreichen Vorschriften zur Sicherheit der Fahrzeuge, zur Schulung der Fahrer und zur Preishöhe. Taxi fahren dürfe jemand nur, wenn er einen gewerblichen Schein zur Erlaubnis der Personenbeförderung vorweisen könne.

„Während sich die legalen Taxiunternehmer wegen der Einhaltung aller dieser Vorschriften gegenseitig kontrollieren und die Behörden auch die kleinsten Verstöße verfolgen, bietet ein Schattengewerbe insbesondere während des Rosenheimer Herbstfestes die Personenbeförderung ohne jeden Schutz für die Fahrgäste auf dem Schwarzmarkt an“, ärgert er sich. Auch sieht er die Bürger in der Pflicht, zu illegalen Angeboten nein zu sagen. Denn wer in ein nichtoffizielles Taxi einsteige, gefährde nicht nur sich selbst, sondern schädige auch das Sozialsystem.

Die Polizeiinspektion (PI) Rosenheim bestätigt auf Anfrage, dass auch den auf der Wiesn eingesetzten Beamten verdächtige Fahrzeuge und Personen aufgefallen sind. „Wir haben das Thema auf dem Schirm“, sagt PI-Sprecher Thomas Schelshorn. Regelmäßig hätten Kollegen Verdächtige angesprochen und kontrolliert. Doch die illegale Personenbeförderung nachzuweisen, sei sehr schwierig. In der Regel würden sich die Fahrer herausreden, oft die „Kunden“, die auf eine Heimfahrt zu Schnäppchenpreisen hoffen, behaupten, den Chauffeur privat zu kennen. Nur in einem Fall sei es der Polizei deshalb während der Wiesn gelungen, eine Anzeige zu erstatten, so Schelshorn.

Missbrauch schwer nachzuweisen

Auch die Stadt bestätigt, dass ihr die Machenschaften seit Jahren bekannt sind. Die Kommune versuche im Rahmen ihrer Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. „Auswüchse wurden bereits mit der Polizei besprochen, es wurde um geeignete Unterstützung gebeten. Der Nachweis der illegalen Personenbeförderung ist aber schwierig. Die Stadt ist dabei auf Anzeigen von Polizei, Taxiunternehmern oder Privaten angewiesen. Verdeckte Ermittlungen städtischer Mitarbeiter kommen nicht in Betracht“, stellt Pressesprecher Thomas Bugl klar.

Nur wenn belastbare Anzeigen wegen illegaler Personenbeförderung eingehen würden, könne ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren eingeleitet werden. 2017 wurden nach Angaben der Stadt zwei Vorfälle gemeldet, 2018 gab es bisher noch keine Anzeige, teilte die Stadt weiter mit.

Grundsätzlich steht nach Angaben der Pressestelle fest: Privatleute dürfen als Gefälligkeit andere Personen mitnehmen. Wer aber gewerblich Menschen befördere, benötige dafür eine Genehmigung und in der Regel auch eine entsprechende Fahrerlaubnis. In der Stadt sind derzeit 46 Taxi-Lizenzen vergeben.

Das Geschäft mit illegalen Fahrten blüht nicht nur in Rosenheim, sondern ist seit Jahren auch ein Dauerthema in anderen Städten – vor allem zur Oktoberfestzeit in der Landeshauptstadt München. Dort werden Berichten zufolge regelmäßig ahnungslose Gäste abgezockt: Sie steigen nach Zeltschluss in die Privatwagen, lassen sich heimfahren – und müssen danach oft horrende Preise zahlen, weil es keinen Taxometer im Pkw gibt.

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