Eggstätt/München – Ob sich die Zeugen überhaupt noch an genaue Details des Vorfalls erinnern können? Vor sechs Jahren ist Eggstätts Ex-Bürgermeister Stefan Beer in der sogenannten „Kassenaffäre“ (siehe Kasten) vom Landgericht Traunstein wegen Verleitens einer Untergebenen zur Unterschlagung verurteilt worden. Am morgigen Mittwoch steht der 57-Jährige erneut vor Gericht. Die Kommune will vor dem Verwaltungsgericht in München über 50000 Euro vom Ex-Rathauschef erstreiten.
Während sich die Gemeindeverantwortlichen in puncto Rechtsstreit bedeckt halten, zeigt sich Klägervertreter Klaus Löber, Rechtsanwalt aus München, froh darüber, dass das Verfahren endlich beginnt.
Richterwechsel
verzögern Prozess
Die Gründe, weshalb sich die Streitparteien erst morgen zivilrechtlich vor Gericht begegnen, sind laut Löber mannigfaltig: „Fünf oder sechs Mal haben am Verwaltungsgericht die Richter gewechselt“, weiß der Jurist. Das habe letztlich dazu geführt, dass sich die Richter immer wieder erst einmal einarbeiten mussten. Ein weiterer Punkt sei die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Beer aufgrund der „Kassenaffäre“ gewesen, die Priorität gehabt habe.
„Es ist ein bisschen wie bei einem Wettkampf“, zieht der Münchner Anwalt eine außergewöhnliche Pa-rallele. „Sie haben sich aufgewärmt und bis ins Detail vorbereitet, und dann wird das Spiel immer wieder verschoben.“ Doch morgen wird die Partie – um im Bild zu bleiben – nun endgültig angepfiffen. Löber: „Wir sind bereit.“
Doch wie sieht es mit dem Beklagten aus? Beer, der nach seiner Abwahl 2008 als Eggstätter Bürgermeister kurzzeitig als Verwaltungsleiter in der Gemeinde Erdweg bei Dachau und viele Jahre als Geschäftsführer bei Hofstetter Reisen in Bad Endorf angestellt war, möchte das Thema endgültig hinter sich lassen.
„Es ist Gott sei Dank in den vergangenen Jahren für mich nicht immer präsent gewesen“, sagt der 57-Jährige gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. „Durch das Verfahren kommt natürlich alles wieder hoch.“ Zum Prozess will sich Beer, der seit Juni als Bauamtsleiter in der Gemeindeverwaltung Taufkirchen bei München angestellt ist, nicht groß äußern.
Im Gespräch mit dem OVB behauptet der Eggstätter allerdings, dass „ich nie die Möglichkeit hatte, meine Sicht der Dinge zu schildern“. Ein Vorwurf, der ganz speziell an den Eggstätter Gemeinderat gerichtet ist. „Ich saß ja nach meiner Zeit als Bürgermeister sogar noch im Gemeinderat“, erinnert sich Beer. „Doch auch da ist mir nie die Möglichkeit gegeben worden, Stellung zu beziehen. Das hat mich sehr enttäuscht.“
Weniger hart geht der ehemalige Rathauschef, der nach eigener Einschätzung „viel für die Gemeinde bewirkt hat“ und immer noch in der Kommune wohnt, mit seinen Mitbürgern ins Gericht. „Am Anfang sind einige auf Distanz zu mir gegangen“, erinnert sich Beer, „doch das hat sich schnell wieder gelegt.“
Vom Prozess vor dem Verwaltungsgericht in München erwartet der 57-Jährige, „dass einfach die Wahrheit ans Licht kommt“, betont aber auf Nachfrage auch, „dass es eigentlich keine neuen Details geben wird.“ Natürlich hoffe er auf einen Freispruch. Allerdings habe er mit der Judikative bislang nicht die besten Erfahrungen gemacht. Beer: „Mein Anwalt hat mal zu mir gesagt, dass eine Rechtssprechung nicht immer etwas mit Gerechtigkeit zu tun hat.“
Aussagen, über die Rechtsanwalt Löber, Vertreter der Gemeinde, vermutlich nur schmunzeln kann. Er geht nicht davon aus, dass schnell ein Urteil fallen wird, denn: „Herr Beer hat ja auch in den bisherigen Verhandlungen bewiesen, dass er die Verfahren gerne in die Länge zieht, um die Gerichte zu formellen Fehlern zu zwingen.“ Bisher habe diese Taktik allerdings nicht funktioniert. Löbers Rat: „Vielleicht wäre es sinnvoller, wenn er sich – wie früher, wenn man in der Schule etwas angestellt hat – hinstellen würde, seine Verfehlung zugibt und sich entschuldigt.“
Klägervertreter
erklärt Forderung
Dass der Gemeinde Eggstätt am Ende ein Schadenersatz zugesprochen wird, daran hat der Jurist keine Zweifel. Löber: „Offen ist letztlich, wie hoch der Schadensersatz ausfällt.“ Die geforderte Summe von über 50000 Euro setzt sich nach Angaben Löbers aus den rund 35000 Euro, die in der Gemeindekasse gefehlt haben und nie zurückgezahlt worden seien, sowie den Folgekosten aus Prüfung und den Verfahren.