Rosenheim – Professor Dr. Kai Nowak ist ein Pionier. Er war Erstanwender des Laserfluoreszenzverfahrens, das in Europa 2014 eingeführt wurde, und hat maßgebliche Studien mit diesem Verfahren begleitet. Seit Mai ist er Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Thoraxchirurgie am Romed-Klinikum Rosenheim. Und seitdem arbeitet der 44-Jährige mit dieser Methode, mit der am Klinikum bis jetzt über 60 Patienten behandelt wurden.
Das Neue am Verfahren: Patienten erhalten während der Operation (intraoperativ) einen fluoreszierenden Farbstoff in die Vene verabreicht, zum Beispiel bei Schilddrüsen-OPs. Bei Tumoroperationen wird das Mittel zur Darstellung des Lymphabflusses in der Tumorregion lokal gegeben. Dieser Farbstoff verbindet sich mit dem Bluteiweiß, er ist nicht selbstleuchtend, ein Infrarotlaser macht die Verbindung sichtbar – bei einer Wellenlänge im Nahinfrarotbereich von 803 Nanometer und mit einer Spezialkamera detektiert. So kann der Chirurg herauslesen, wie und wo das Gewebe durchblutet wird. Genau gesagt: „Das Verfahren kann zur Darstellung der Gewebedurchblutung verwendet werden. Dies ist bei komplexen Operationen im Bauch und Brustraum vorteilhaft, um hier die Durchblutung von beispielsweise Darmnähten zu überprüfen“, betont Nowak. Bei Tumoroperationen werde das Verfahren angewendet, um etwa Metastasen zu entdecken. In jedem Fall könne man deutlich präziser arbeiten und das Ergebnis für die Patienten verbessern, so der Mediziner. Das sei zum Beispiel entscheidend bei Tumoroperationen am Darm oder der Speiseröhre für die Heilung und die spätere Lebensqualität des Patienten.
Komplikationen werden reduziert
So konnten am Romed- Klinikum bereits eigene Ergebnisse der Nahtheilung durch Überprüfung der Durchblutung verbessert werden. Allgemein wurde in klinischen Studien, deren Anzahl weiter zunimmt, nachgewiesen, dass sich ein Loch oder eine Undichtigkeit (Leckage beziehungsweise Leckagerate) von Darm- oder auch Speiseröhrenanastomosen (Anastomosen = Verbindungsgänge) unter Verwendung der Laserfluoreszenz deutlich reduzieren lassen. Auch die Schilddrüsen-Chirurgie erfährt Nowak zufolge dadurch einen neuen Stellenwert: „Die gefürchtete Komplikation der Nebenschilddrüsen-Unterfunktion kann vermindert werden.“
Wie sicher aber ist das Verfahren? Der verwendete Farbstoff Indocyaningrün wurde in den 50er-Jahren von der Firma Kodak entwickelt. Er wird bereits seit Jahren in der Augenheilkunde eingesetzt „um die Durchblutung des Augenhintergrundes darzustellen“, so der Professor. Die Nebenwirkungen seien sehr niedrig, da lediglich bei Patienten mit Jodallergien zur Vorsicht geraten ist. „Schwere Nebenwirkungen oder Todesfälle sind bisher in über 50 Jahren nicht beschrieben.“
Nächste Frage: Wie lange dauert es, bis das fluoreszierende Gewebe sichtbar ist? Bei intravenöser Verabreichung laut Chefarzt 20 bis 30 Sekunden, bis sich die Gewebeperfusion (Durchfluss) darstellt. „Durch die kurze Halbwertszeit von drei bis vier Minuten des Stoffes durch Abbau in der Leber kann eine Darstellung der Gewebedurchblutung auch mehrfach während einer Operation erfolgen“, sagt er. Verabreicht werde eine geringe Standarddosis bei Erwachsenen.
Ungefährlich
für den Körper
Ähnlich verhält es sich mit der Markierung von Tumoren oder tumorbefallenen Lymphknoten. Das Mittel ist für den Körper ungefährlich: Die Dosierung ist auch hier nach Angaben des Professors sehr gering, und ebenfalls kann es während der Operation mehrfach wiederholt werden, da der Stoff vollständig durch die Leber abgebaut und ausgeschieden wird. Das Verfahren verlängert die Operationszeit nicht, im Gegenteil: „Durch Zusatzinformation können Operationsergebnisse verbessert und gegebenenfalls auch eine Verkürzung der Operationszeit erreicht werden“, so der Experte.
Das fluoreszierende Laserverfahren kommt bei offenen und minimalinvasiven Eingriffen zum Einsatz.