Bad Endorf/Rosenheim – Wann immer es geht, nimmt Elisabeth Vogl, 39, aus Bad Endorf den Zug – der Umwelt zuliebe und weil sie Fahrten mit dem Meridian als angenehm empfindet. Eigentlich. Denn das, was sie gemeinsam mit Tochter Regina (11) am Silvestertag, erlebt hat, trübt ihr ansonsten positives Bild vom Öffentlichen Personennahverkehr doch deutlich. „Vorfälle wie dieser treiben die Menschen in den privaten Pkw, mit allen negativen Folgen.“
Was war passiert? Vogl und ihre Tochter planten einen Verwandtschaftsbesuch in Landshut. Natürlich mit dem Zug. An Bord des Meridians sollte es zum Münchner Hauptbahnhof gehen, von dort aus weiter Richtung Niederbayern. Dieser Plan geriet allerdings schon kurz nach dem Zustieg in Bad Endorf um 8.13 Uhr ins Wanken. „Ich habe mitbekommen, dass der Zugbegleiter Leute anspricht.“
Wie sich herausstellte, bezichtigte der Schaffner besagte rund 30 Leute, die allesamt ein sogenanntes Bayern-Ticket erworben hatten, des Schwarzfahrens. Zurecht, möchte man zunächst meinen, dieser Fahrschein gilt bekanntlich erst ab 9 Uhr morgens. Aber: Samstage, Sonntage, die in ganz Bayern gültigen gesetzlichen Wochenfeiertage sowie der 15. August, der 24. Dezember und eben auch der 31. Dezember sind von dieser Regelung ausgenommen.
Vogl wusste das. „Ich habe mich vorher informiert.“ Der Zugbegleiter aber ganz offensichtlich nicht. Er hat die Leute aufgefordert, sich bis Rosenheim ersatzweise neue Tickets zu kaufen, und dort auszusteigen, erzählt Vogl. Sie habe sich beschwert und versucht, ihm die entsprechende Passage der Tarifbestimmungen auf der Meridian-Homepage zu zeigen. Vergeblich. „Er hat gesagt, dass es ihn nicht interessiert, was im Internet steht und dass bei der Deutschen Bahn vielleicht andere Bestimmungen gelten.“
Auch Hotline gibt falsche Auskunft
So ganz spurlos gingen die Beschwerden am Schaffner dann aber doch nicht vorüber. „Er hat angeblich bei der Hotline angerufen, um sich rückzuversichern.“ Fall erledigt, dachte Vogl. Von wegen. Auch vonseiten der Hotline hieß es, das Bayern-Ticket sei erst ab 9 Uhr gültig. Auch Vogls Anrufe bei der Hotline brachten zunächst nicht das gewünschte Ergebnis – erst beim dritten Ansprechpartner kam die richtige Auskunft. „Das finde ich eigentlich am schockierendsten.“ Vogl und ihre Tochter wurden übrigens nicht kontrolliert. „Ich bin so pampig geworden, dass der Schaffner wohl Angst hatte.“
Trotzdem, Ruhe kehrte für Vogl und die übrigen Fahrgäste erstmal nicht ein. „In Rosenheim hat der Zugbegleiter die Bundespolizei hinzugezogen.“ Warum, das weiß die 39-Jährige nicht. „Das habe ich nicht so ganz mitbekommen.“ Wohl aber die Folgen: 15 Minuten Verspätung. „Am Hauptbahnhof mussten wir rennen, um unseren Anschlusszug noch zu erwischen. Entspannt reisen geht anders.
Christopher Raabe, Pressesprecher der Bayerischen Oberlandbahn, die den Meridian betreibt, räumt auf Nachfrage ein, dass der Zugbegleiter falsch gehandelt hat. „Das Bayern-Ticket war sehr wohl ab 0 Uhr gültig.“ Besonders ärgerlich sei die falsche Auskunft seitens der Hotline. „Ich habe das an die entsprechenden Stellen weitergegeben.“ Fahrgäste, die ein zusätzliches Ticket gelöst haben oder wegen Schwarzfahrens ein erhöhtes Beförderungsentgelt bezahlen mussten, bekommen ihr Geld zurück, verspricht Raabe.
Was den Einsatz der Bundespolizei angeht, tappen sowohl Raabe als auch Rainer Scharf, Pressesprecher der Bundespolizeiinspektion Rosenheim, im Dunklen. Da keinem der beiden dazu Informationen vorliegen, kann es so schlimm aber nicht gewesen sein.