Rosenheim – Draußen Schnee, drinnen Kaminfeuer und Kerzen. Das ist für viele die Idealvorstellung von einem Tag im Winter. Allerdings nur dann, wenn das Ganze auf freiwilliger Basis geschieht. Viele Menschen im Bereich Siegsdorf und Grabenstätt mussten mit diesen Bedingungen gestern unfreiwillig Vorlieb nehmen. Der Grund: Unter der hohen Eislast war gegen Mittag ein Leiterteil gerissen.
Wie die zuständige Bayernwerk AG mitteilt, liegt die beschädigte 110-Kilovolt-Hochspannungsleitung an der Bundesstraße 306. Diese war aufgrund der beiden am Boden liegenden Leiterseile abschnittsweise gesperrt. Aufgrund der schweren Beschädigung dauerte die Wiederversorgung betroffener Haushalte teils bis in die Abendstunden an. Laut Bayernwerk konnte aber ein Großteil der betroffenen Haushalte und Betriebe über alternative Leitungsstrecken und Spannungsebenen bis zum frühen Nachmittag wiederversorgt werden.
Schäden
an Gebäuden
Wer sich in Prien mit Lebensmittel versorgen wollte, der hatte gestern zumindest zeitweise eine Anlaufstelle weniger – der dort ansässige Rewe-Markt musste für einige Stunden geschlossen werden. Der Grund: Auf dem Dach des Geschäftsgebäudes hatte sich so viel Tauwasser gesammelt, dass selbiges in den Laden lief.
Beretst am Sonntagabend mussten in Traunstein das Technische Hilfswerk und die Feuerwehr ausrücken. Wie sich herausstellte, haben die Schneemassen auf dem Dach das Gerüst an der Klosterkirche, die derzeit renoviert und saniert wird, teilweise stark eingerissen. Daraufhin mussten die Ludwigstraße und die Klosterstraße komplett gesperrt werden – die Sperrung wird wohl im Laufe des heutigen Tages aufgehoben. Weil die Zufahrtswege gesperrt sind, findet der Unterricht an der Ludwig-Thoma-Grundschule, der gestern ebenso wie an der Grundschule in Unterwössen ausfiel, auch heute nicht statt.
Baum legt
Zugverkehr lahm
Bereits am Sonntagabend gegen 23 Uhr legte ein aufgrund der Schneelast umgestürzter Baum den Zugverkehr zwischen Traunstein und Ruhpolding lahm. Kurios: Der Baum knickte genau in dem Moment um, als ein Zug der Südostbayernbahn die entsprechende Stelle passierte, und beschädigte sowohl dessen Dach als auch die Oberleitung.
Die Fahrgäste blieben glücklicherweise unverletzt und sollten mit einem kurzfristig organisierten Bus nach Ruhpolding gebracht werden. Da der Zug allerdings genau auf einem Bahnübergang zum stehen kam – laut eines Bahnsprechers die einzige Verbindung zwischen Siegsdorf und Ruhpolding – musste besagter Bus weiträumig ausweichen und seine Fahrt schließlich in Inzell aufgrund der Verkehrslage vorzeitig beenden. „Das war Pech im Unglück“, sagt der Bahnsprecher. Die Fahrgäste seien in Hotels untergebracht beziehungsweise von Angehörigen abgeholt worden.
Auf Hilfe waren auch die Sternsinger, die die Pfarrei Heilig Kreuz am Sonntag in Kiefersfelden entsandt hatte, angewiesen. Sie gerieten in einen Schneesturm. Einige Gruppen brauchten Hilfe dabei, ihre Autos aus Schneehaufen zu befreien.
Chaos auf
der Autobahn
Starker Rückreiseverkehr aus den Urlaubsgebieten sowie anhaltende Schneefälle haben am Sonntag, auf der Autobahn Salzburg-München im Bereich Traunstein zu erheblichen Verkehrsbehinderungen geführt. Gegen 12.30 Uhr blockierten mehrere Bäume bei Siegsdorf eine Spur in Fahrtrichtung München, es kam schnell zu Stauungen von etwa zehn Kilometern Länge. Aufgrund der kurzzeitigen Sperrungen und wegen des starken Verkehrsaufkommens in Richtung München kam es bis gegen 17 Uhr auf einer Länge von rund 20 Kilometern zu Stauungen beziehungsweise zähfließendem Verkehr zwischen der Grenze beim Walserberg und Bergen. Gegen 18 Uhr wurde auch die Sperre eines Fahrstreifens bei Bergen wieder aufgehoben. Bis 20.30 Uhr hatten sich die Stauungen in Richtung München aufgelöst.
Autobahnmeisterei zeigt sich zufrieden
Am späten Montagnachmittag fuhr die Autobahndirektion Südbayern dann schwere Geschütze auf: ein Hubschrauber, der die angrenzenden Bäume von schwerem Nassschnee befreien soll. Dazu wurde zwischen 16 und 17 Uhr der Verkehr auf der Autobahn München-Salzburg im Bereich zwischen Schweinbach und Neukirchen in beiden Fahrtrichtungen mehrfach kurzzeitig angehalten.
Martin Rabe, Dienststellenleiter der Autobahnmeisterei Rosenheim, ist zufrieden. Tiefe Augenringe – wie man sie angesichts der derzeitigen Wetterlage vermuten würde – sucht man in seinem Gesicht vergeblich. „Bislang läuft alles rund. Keine Schäden, kein Salzengpass – Nachschub ist unterwegs – und genügend Personal. Der Winterdienstplan mit festen Arbeits- und Ruhezeiten sei bereits im Sommer disponiert worden und habe sich bewährt: Seit Freitag sind im Schichtdienst zwölf Räumfahrzeuge im Einsatz, hinzu kommt ein Mitarbeiter in Rufbereitschaft sowie einer im Büro.
Mit Schwierigkeiten, so Rabe, habe man derzeit an den Brennpunkten zu kämpfen. Etwa in Sachrang, wo derzeit rund 1,20 Meter Schnee liegen. „Dort hat sich neben der Fahrbahn ein Wall gebildet. Wir müssen den Schnee mit der Frässchleuder über das Bankett hinauswerfen.“ In Aschau ragt ein solcher Wall immer weiter in die Straße hinein. „Wir können die Fahrbahnbreite nicht mehr herstellen. Dort müssen wir den Schnee ausfahren.“
Gemischte Gefühle bei Skilift-Betreibern
Hannes Rechenauer, Geschäftsführer der Hocheck Bergbahnen in Oberaudorf, kann dem Schnee ausschließlich Positives abgewinnen. Sowohl auf der Piste, als auch auf der Straße. „Wir profitieren, wenn es nicht so leicht ist, nach Tirol oder ans Sudelfeld zu kommen.“ Die Hocheck Bergbahnen sind dagegen problemlos zu erreichen, entsprechend verzeichne man derzeit mehr Besucher. Ein weiterer Pluspunkt: „Wir sind windgeschützt und absolut lawinensicher“, sagt Rechenauer.
Nicht ganz so leicht hat es dagegen Egid Stadler, Geschäftsführer der Bergbahnen Sudelfeld. Er ist einerseits froh über den Neuschnee – andererseits bringe dieser großen Aufwand mit sich. „Die Pisten sind unser Metier, das kriegen wir hin. Aber die Parkplätze zu räumen, ist viel Arbeit.“
Auch darüber hinaus hat Stadler zu kämpfen. Die Rosengasse ist wegen Lawinengefahr gesperrt, der Einer-Sessellift, der von Bayrischzell aus startet, wegen umgestürzter Bäume. „Das ist zum Glück passiert, als der Lift außer Betrieb war“, sagt Stadler. Nicht befahrbar – ebenfalls wegen umgestürzter Bäume ist die Zufahrtsstraße von Oberaudorf.