Banger Blick geht zur Hochplatte

von Redaktion

Die 266 Raitener haben die erste Nacht der Evakuierung hinter sich. Weitere werden folgen, wie sie jetzt wissen. Für sie hieß es gestern den ganzen Tag abwarten. Wer in Sichtweite war, schaute immer wieder zur Hochplatte, von wo eine Lawine in Richtung des Schlechinger Ortsteils abzugehen drohte.

Schleching – „Ich habe einen wunderbaren Blick auf die Hochplatte. Da fliegt gerade ein Bundeswehrhubschrauber“, informierte Barbara Reichenbach das OVB über Handy. Vom Feuerwehrhaus in Unterwössen aus sah sie genau zu der Stelle, wo bereits 2009 eine Lawine abgegangen war und eine kahle Schneise im Wald hinterlassen hatte. Die Kontrollflüge zur Mittagszeit sollten die Lawinenkommission mit neuen Informationen versorgen. Einige Stunden später rief die 81-Jährige nochmals in der Redaktion an. „Der Spalt an der Abrisskante ist breiter geworden“, teilte sie dann mit.

Die evakuierten Raitener haben die erste Nacht gut hinter sich gebracht. Die meisten sind laut Angaben des Landratsamtes bei Familienangehörigen, Freunden oder Bekannten untergekommen. Für alle anderen Betroffenen hatte die Gemeinde Schleching vor Ort Quartiere organisiert. In der Notunterkunft des Landratsamtes musste kaum jemand schlafen.

Raitener dürfen voraussichtlich bis Sonntag nicht heim

Zusammen mit ihren Nachbarn durften die Reichenbachs kostenlos im Unterwössener Hotel „Gabriele“ übernachten. „Die haben uns auch sehr nett mit Zahnbürsten und der weiteren Notversorgung ausgerüstet“, erzählt die 81-Jährige. Nur Wechselwäsche hat das Ehepaar, das gestern in der Eile nur Ausweise und Geldbeutel mitgenommen hat, nicht zur Verfügung. Doch davon lassen sich die beiden nicht unterkriegen. „Ein paar Tage halte ich es schon in meinen Langlaufsachen aus“, scherzt die Raitenerin. Wie berichtet, wollten die Reichenbachs gerade auf die Loipe, als der Ort geräumt wurde.

Eine weitere Nacht können sie noch in dem Unterwössener Hotel bleiben. „Danach geht nichts mehr. Dann sind wegen Biathlon alle Zimmer ausgebucht“, so Reichenbach. Ab dem heutigen Freitag sind sie und ihr Mann in einer Ferienwohnung. Denn voraussichtlich dürfen die Raitener bis Sonntag nicht in ihre Häuser zurück. Die Information kam am gestern Nachmittag über eine Whatsapp-Gruppe. Zudem mussten alle beim Landratsamt angeben, wer in welcher Unterkunft zu erreichen ist. Auch das OVB verweist Barbara Reichenbach für den nächsten Anruf aufs Hotel. Der Akku ihres Handys ist nämlich so gut wie leer. Und das Ladekabel liegt zu Hause.

Rinder, Ziegen,

Schaf, Pferd und Hase

sind in Sicherheit

Während die „normalen“ Einwohner Raitens gar nicht zu ihren Häusern durften, konnten die betroffenen Landwirte am Mittwochabend zumindest kurz zurück, um ihr Vieh zu füttern. Gestern Morgen um 4 Uhr wurden dann auch die Tiere aus der Gefahrenzone gebracht. Die Zahl der Evakuierten ist somit um 80 Rinder, fünf Ziegen, ein Schaf, ein Pferd und einen Hasen angestiegen.

Zunächst, so berichtete Landwirt Sepp Hell, wurden die Tiere auf den Parkplatz vor dem „Raitner Wirt“ getrieben. Von dort ging es im Viehtransporter weiter. Die Kühe kamen nach Schönram auf einen kürzlich aufgegebenen Bauernhof. Dorthin, zwischen Teisendorf und Waging, müssen die Landwirte jetzt zweimal am Tag zum Melken und Füttern fahren. Aber die Tiere sind in Sicherheit, und das ist das Wichtigste für die Bauern.

Die Bergwacht Schleching verteilte Piepser an alle Helfer, über die sich jeder an- und abmelden musste. Denn der Ort durfte ja eigentlich nicht betreten werden. Geleitet wurde die eineinhalbstündige Aktion von Schlechings Bürgermeister Josef Loferer und Mitgliedern des Rinderzuchtverbandes Traunstein.

Auch Stefan Mross betroffen

Stefan Mross ist der bekannteste Betroffene. Auch er kam nicht mehr zu seinem Haus. Zur Räumung wollte der Trompeter, Sänger und Fernsehmoderator nichts sagen. Der 42-Jährige hat aber ein Video auf Facebook zu den Ereignissen gepostet, auf dem er mit seiner Lebensgefährtin Anna-Carina Woitschack (25) zu sehen ist.

Artikel 5 von 11