Rosenheim/Inntal – Es geht in die nächste Runde: Am kommenden Montag, 21. Januar, wird Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ins Landratsamt Rosenheim kommen und sich den Fragen der Bürgermeister und Vertreter von Bürgerinitiativen stellen. Sie fordern den Stopp der Planungen von weiteren Gleisen durchs Inntal. Zunächst müssten belastbare Zahlen zum erwarteten Verkehrsaufkommen auf den Tisch, sagen sie.
Spannende Frage: Wird der Minister diese Zahlen, die in einer großen Szenarienstudie mit Blick bis ins Jahr 2050 erhoben werden, wirklich dabei haben? Zudem wird in dieser Studie untersucht, ob sich bei einer Ausstattung der Bestandsstrecke mit neuester Digitaltechnik der Bau von zwei neuen Gleisen vermeiden ließe. Dazu zählt das Zugbeeinflussungssystem ETCS, das kürzere Abstände zwischen den Zügen ermöglicht.
Sein Amtsvorgänger, der ehemalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, hatte bei seiner Visite im März 2017 bereits versprochen: Neustart des Bürgerdialogs und belastbare Zahlen zum Verkehr.
Am Montag soll es also zum Schwur kommen. Die Vertreter der Protestbewegung wollen „endlich Zahlen“. 14 Bürgerinitiativen haben deshalb einen Sternmarsch aus allen vier Himmelsrichtungen samt Traktorenkonvoi zum Rosenheimer Landratsamt angekündigt. Über 2000 Teilnehmer werden laut Veranstalter Brennerdialog Rosenheimer Land dort gegen 12.15 Uhr zur Kundgebung erwartet. Sie wollen den Bundesverkehrsminister mit ihrer Forderung nach einem Planungsstopp konfrontieren. Die Polizei weist darauf hin, dass mit Verkehrsbehinderungen zu rechnen ist.
Die Historie
Schon 1971 wird eine internationale Arbeitsgruppe „Achse Brenner“ mit Studie über die neue Brennerbahn mit Basistunnel gebildet. 2007 starten die Arbeiten zum Brennerbasistunnel (BBT). 2012 wird die Unterinntalbahn in Tirol in Betrieb genommen. Es sind die ersten 40 Kilometer des BBT-Nordzulaufs.
2015 startet der Bürgerdialog mit den Gemeindeforen im gemeinsamen Planungsraum im Inntal, 2016 auch im erweiterten Planungsraum.
2017 verspricht Bundesverkehrsminister Dobrindt einen Neustart des Bürgerdialogs und konkrete Zahlen durch eine groß angelegte Szenarienstudie.
2018 legt die Bahn erste Grobtrassenentwürfe durch das Inntal vor. Zuvor finden 30 Erkundungsbohrungen statt. 250 Bürger bringen eigene Trassenvorschläge ein. Eine Forsa-Umfrage ergibt, dass 78 Prozent der Bürger dem Ausbau der Trasse zustimmen. Zwei der sieben Beteiligungsforen setzen ihre Teilnahme so lange aus, bis der Bundesverkehrsminister „belastbare Zahlen zum Verkehrsaufkommen“ vorlegt.
Der Brennerbasistunnel (BBT)
Der BBT gilt als Herzstück des Skandinavien-Mittelmeer-Korridors, ist 64 Kilometer lang und soll 2026/27 in Betrieb gehen. Kosten: rund 8,7 Milliarden Euro.
Der Brennerdialog
Um das Großprojekt zu stemmen, wird ein Bürgerdialog durchgeführt. Allerdings sehen die Bürgerinitiativen hier keinen Dialog, sondern einen Monolog, denn wichtige Entscheidungen würden unter Ausschluss der Öffentlichkeit beispielsweise im Lenkungskreis getroffen, so Stephanskirchens Bürgermeister Rainer Auer. In seinen Augen ist es eine Scheinbeteiligung.
Die Bürgerinitiativen (BI)
In den Gemeinden Neubeuern, Rohrdorf, Riedering und Stephanskirchen regt sich früh Widerstand gegen die Planungen der Bahn. Der Brennerdialog e.V. gründet sich im Dezember 2016. Heute sind rund 4000 Menschen im Inntal Mitglied einer der zahlreichen Initiativen. Allerdings gibt es auch Gemeinden wie Kiefersfelden, die dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüberstehen.
Die Forderungen der Gegner
Die Planung für weitere Gleise soll sofort eingestellt werden. Was dringend verbessert werden müsse, seien die Bestandsgleise, damit Anlieger dort besser geschützt werden. Vertreter der Bahn sehen das anders.
Sie haben den Auftrag durch den Bundesverkehrsminister, eine weitere Trasse durch das Inntal als BBT-Nordzulauf zu finden und zu bauen.
Südzulauf zum BBT
Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher sagt beim Besuch der CSU-Landesgruppe in Banz: „Wir werden im Sommer Arbeiten von über 1,5 Milliarden Euro ausschreiben, um die südliche BBT-Zulaufstrecke zu realisieren.“