Versuchter Totschlag?

von Redaktion

Prozess um Streit zwischen zwei Männern

Traunstein/Wasserburg – Mit einem Messer, dessen Klinge 15 Zentimeter lang war, soll ein 29-jähriger Kroate in Wasserburg auf einen 28-Jährigen eingestochen haben. Das Opfer überlebte dank einer Notoperation. Das Schwurgericht Traunstein mit Vorsitzendem Richter Erich Fuchs prüft seit gestern, ob sich der Angeklagte eines versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung schuldig gemacht hat. Der Prozess wird am 5. und 8. Februar (9 Uhr) fortgesetzt.

Der Tat vorausgegangen war ein Streit. Dabei wurde das Auto vom Vater des Angeklagten beschädigt. Gegenseitige Strafanzeigen wurden eingestellt. Am 25. Juli 2018 um 1.15 Uhr entdeckte der 29-Jährige den 28-Jährigen mit zwei Bekannten in der Wasserburger Altstadt an einer Parkbank. Laut Anklage von Staatsanwalt Dr. Oliver Mößner fuhr er auf den 28-Jährigen zu und touchierte die Bank. Die Personen sprangen unverletzt beiseite. Der Angeklagte soll ein Messer gezogen und dem Nebenkläger mit „Umbringen“ gedroht haben. Eine Viertelstunde später trafen alle Vier vor dem Elternhaus des 29-Jährigen wieder zusammen, weil der 28-Jährige die Angelegenheit „geklärt haben wollte“. Die Auseinandersetzung eskalierte. Der Kroate soll das Messer aus dem Pkw geholt und zweimal zugestochen haben. Der Getroffene flüchtete und ging schwer verletzt neben dem Wagen eines Zeugen zu Boden. Der Angeklagte folgte ihm, stoppte und entschied sich für die Flucht nach München zur Freundin. Die Begleiter des 28-jährigen Bosniers setzten einen Notruf ab. Der Verletzte wurde im Krankenhaus notoperiert. Verteidiger Harald Baumgärtl (Rosenheim) gab für den 29-Jährigen eine Erklärung ab. Demnach kannten sich der Angeklagte und der 28-Jährige flüchtig. Nach der Sache mit dem Pkw und den Anzeigen sei längere Zeit Ruhe gewesen. Der Anwalt betonte, bei der Szene vor der Haustür habe sich sein Mandant, der unter „Panikattacken und Angstzuständen“ leide, von den drei Männern „bedroht gefühlt“. Das Messer habe er im Auto gehabt, „weil er sich gefürchtet hat“ und „aus Angst“ habe er es eingesetzt. Nach einem Telefonat mit dem Vater habe sich der 29-Jährige der Polizei gestellt. Der Kroate schilderte, der 28-Jährige habe ihn im März 2017 angezeigt, „weil ich ihn in die Nase gebissen habe“. Das Auto sei damals nach Fußtritten kaputt gewesen. Der 29-Jährige berief sich auf eine Notwehrlage. Von schweren Verletzungen des Nebenklägers habe er nichts gesehen. Diese Version bezweifelte das Schwurgericht. Zeugen hätten anderes ausgesagt, Gutachter am Angeklagten keine Verletzungen registriert.

Der Verteidiger legte eine mit Opferanwalt Jörg Zürner (Mühldorf) geschlossene Schmerzensgeldvereinbarung (7500 Euro) und einen schriftlichen Täter-Opfer-Ausgleich vor, in dem der Täter sein Handeln „zutiefst bereute“ und der 28-Jährige die Entschuldigung akzeptierte. Der Staatsanwalt sah in der jetzigen „Notwehr-Version“ des Angeklagten kein Geständnis und keinen kommunikativen Prozess im Sinne eines wirksamen Täter-Opfer-Ausgleichs.

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