Ballhaus ist zurück als „Tollhaus“

von Redaktion

Ob jemand als Filmrolle kommt? Wohl eher als Leinwandheld der Neuzeit – denn das Motto im Rosenheimer Ballhaus/Hofbräu „Be A Movie-Star“ gibt die Richtung der Kostüme vor. Dort wird der gesamte Komplex erstmals nach 50 Jahren wieder zur Faschingshochburg.

Rosenheim – Wie viele Kilometer Luftschlangen, wie viele Tonnen Konfetti werden im Gebäudekomplex am Samstag, 23. Februar, verstreut? Kein einziges Gramm. Denn: Edles Gold und Schwarz herrschen vor, wenn über den roten Teppich „Film-und Gesangstars“ und -„Sternchen“ ins Ballhaus/Hofbräu-Gebäude an der Weinstraße schreiten, getreu dem Motto: „Be A Movie Star“. Aus dem City-Dome wurden Aufleger entliehen, die den schönen Schein verstärken. Bühne frei also für den großen Auftritt.

Zum Beispiel für Alexandra Birklein (Stadtmarketing). Als „der große Gatsby“ sitzt sie an der Kasse, während etwa Stadtarchivar Karl Mair zusammen mit seiner Frau und einem befreundeten Paar als die schwedische Pop-Gruppe ABBA auftritt.

Nach 50 Jahren wieder Faschingshochburg Ballhaus/Hofbräu – das ist auch ein Blick zurück auf die Prioritätenliste von Faschingskostümen. 1969, da kann sich Monika Reiter erinnern, war die Zeit von Holländerinnen, den ewigen Clowns, Marienkäfern, Waschfrauen und vielen selbst geschneiderten Kostümen. „Aus dem Stoff-Vorrat, den man überhaupt hatte“, sagt die Obermeisterin der Maßschneider-Innung in Stadt und Landkreis Rosenheim, die heute für den Faschingsverein Mangfalltal in Kolbermoor alle Kostüme näht – für Garde, Elferrat, Präsident und Co.

„Ich ging als selbst genähte Ampel“

Sie selbst, damals gerade 18, ging als Ampel. „Weißer Futterstoff, darauf aus Filz Kreise in Rot, Orange und Grün, billige Ohrringe und auch daran kleine Farbkreise an Fäden“ – fertig war die Verkleidung. Die Bernauerin ist überzeugt, dass damals mehr Fantasie gefragt war. Denn es galt: „Aus Wenig mach´ viel.“ Heute brauchte es nur wenige Clicks im Internet, um sich mit den vorgefertigten Kostümen in eine andere Person zu verwandeln, sagt sie.

In eine andere Rolle schlüpfen zur Faschingszeit – das hat OVB-Verleger Alfons Döser noch nie sonderlich begeistert. Natürlich, in jungen Jahren und in einer Clique, habe man sich geschminkt und das Fortgehen genossen. Als Cowboy sei er gern mal unterwegs gewesen, man habe ja die Damenwelt beeindrucken wollen. Aber recht bald stand für ihn fest: Ein Liebhaber des Faschings werde er nicht. „Ich war aber auch kein Muffel, eher ein Mitläufer.“ Er bevorzuge es längst, dem Treiben aus der Distanz zuzusehen.

Wechselnde „Rollen“ waren im Laufe der Zeit auch dem Ballhaus zudiktiert, 1816 startete es als Hofbräu. „Hofbräu wurde nicht vom Landesherrn gegründet wie andere Hofbräuhäuser in Bayern“, sagt Stadtarchivar Karl Mair. „Der Name der Brauerei geht auf ihre Lage um einen großen Innenhof zurück. Aus dem Bräu im Hof wurde der Hofbräu“.

1876 dann das Brandjahr: „Ein im Rückgebäude des nahen Stern-Bräus ausgebrochenes Feuer hatte auf gut ein Dutzend Häuser übergegriffen“, erläutert Mair. Die damalige Besitzerin wollte dann im Untergeschoss Lagergewölbe errichten und im Erdgeschoss Festsaal und Faschingshochburg. Aber: Es gab massive Kritik aus der Bürgerschaft. Im Jahr 1993 übernahm die Stadt Rosenheim den Saalbau und wollte ihn sanieren – ¨was nach der Veräußerung 1999 durch den neuen privaten Besitzer und mithilfe von einigen Fördermitteln geschah.

Übrigens wurde der Brauereibetrieb 1960 eingestellt, Es gab Probleme mit der Fluchtwegsituation sowie wegen der Statik. Dies waren die Folgen häufiger Überbelegungen.

Gäste wüteten und der Boden wankte

Ein Beispiel: Bandleader Max Greger etwa lockte auf einen Schlag 900 Besucher an. In einem Aktenvermerk aus Amtsstuben hieß es dazu, dass „die Gäste derart wüteten, daß der Boden und die Galerie ganz bedenklich wankten“. Das Ende vom Lied: Der Saal wurde 1967 geschlossen. Der Ratskeller hingegen wurde als Pee Wee Keller und später als Nachtlokal genutzt.

Ein Meilenstein war 2001 die Wiedereröffnung: Ab da hatte das Gebäude seinen Markennamen „Ballhaus Rosenheim“ weg. Der Stadtarchivar erinnert sich: „Der einstige Hofbräusaal galt wieder als festlichster Veranstaltungsraum in Rosenheim und sorgte dafür, dass nicht mehr als 500 Personen Einlass fanden.“ Als Verkaufsraum und später als Lager hatte der Saalbau während seiner langen Geschichte ebenfalls herhalten müssen. Denn: Im Rathaus hatte man auf neue Veranstaltungsräume wie Luitpold- und Inntalhalle gesetzt. „Der Gebäudekomplex lag in den 1970er- und 1980er Jahren im Dornröschenschlaf,“ so Mair. Und zehrte wohl von Erinnerungen an „Indische Feste“, an die jährlichen Faschingsbälle wie Metzger-, Bäcker-, Sportlerball, Ball der Stadt Rosenheim, Inthronisationsball, Bal paré.

Ein Stichwort für Franz Schuster, den langjährigen „Macher“ des Bal paré in Bad Aibling und in Rosenheim (bis 2003). Als Jungspunde sei man in Rosenheims Zentrum von einer Gaststätte in die andere gezogen. Kostümiert? Er habe immer schon wenig Haare gehabt, räumt Schuster ein, deswegen gab´s Hut, Hütchen, Kappe, Mütze in allen Variationen. Und einen roten Pullover.

0,5 Promille-Grenze ändert Gepflogenheit

Schuster sind zwei Veranstaltungen immer noch präsent: Die vom Skiclub Rosenheim – „da gab es Gesichtskontrollen. Auch wenn man geschminkt war, erkannten die einen“ – und die „Nacht der Nächte“ im legendären „Papagei“. Faschingsdienstag sei es ins Café Schick gegangen, wo der Fasching keine Unterschiede machte – angefangen vom Barkeeper über Weibsbilder bis hin zum Oberbürgermeister war „alles traut vereint.“ Heute, meint Schuster, gehe man gezielt und nicht aufs Geratewohl zu einer Fascingsveranstaltung. Für ihn stellt das Jahr 2001 zudem einen Einschnitt in die Gepflogenheiten dar: Die 0,5 Promille-Grenze wurde eingeführt, die ein „mal schnell von Bad Aibling nach Rosenheim oder umgekehrt“ zunichte gemacht habe. Im Übrigen schlägt „mein Herz immer noch Fasching“, sagt der 83-Jährige, auch wenn er nicht mehr aktiv dabei sei.

Tickets

Rosenheim – Mit Hip-Hop-DJ, Schlager- und Fox-DJ sowie „Guten A-Band“ – damit soll im Ballhaus Rosenheim, im Rizz eat & drink und in der Tanzschule Rosenheim am Samstag, 23. Februar, wieder an die Tollerei und den Glanz von damals angeknüpft werden. „Filmstars“, „Künstler“ und Lebenskünstler können nach 50 Jahren unter Helau-Rufen alle drei Veranstaltungsbereiche ungehindert jederzeit aufsuchen. Und: Faschingsgilden wollen an dem Abend mitreißende Shows zeigen. ( (Tickets: Tanzschule Rosenheim (Telefon 08031/401680), Rizz eat&drink (Telefon 08031/231731), Kroiss Ticket-Zentrum (Telefon 08031/15001) und www. muenchen-ticket.de.

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