Pittenhart – „Kie-witt – Kie-witt“ – tragen die Bemühungen von Gerd Grundner Früchte, wird der Ruf des mittlerweile in heimischen Gefilden rar gewordenen Kiebitzes bald wieder rund um Fachendorf bei Pittenhart zu hören sein. Der Betriebsleiter des Katharinenhofs hat auf einem nahegelegenen Acker ein etwa 3000 Quadratmeter großes Fenster für den etwa taubengroßen Steppenvogel aus der Familie der Regenpfeifer zur Verfügung gestellt.
Brutgebiet
markiert
Im Beisein von Markus Fröschl, dem Vorsitzenden des Landschaftspflegeverbands Traunstein (LPV), Luise Antwerpen von der Unteren Naturschutzbehörde und Bürgermeister Sepp Reithmeier markierte die zuständige Projektbetreuerin Bettina Gschlößl das angebotene Brutgebiet nun, um damit die Zerstörung des Nests während der landwirtschaftlichen Bearbeitung zu verhindern.
„Die Markierung soll für Maschinenführer gut sichtbar, aber für Räuber unauffällig sein und bei der Bewirtschaftung umfahren werden“, erläuterte Gschlößl, die seit März das Projekt in Traunstein betreut und die Landwirte bei Fragen rund um den Gelegeschutz und die Lebensraumverbesserungen für den Kiebitz gerne berät. Als ihre Aufgabe sieht sie es auch an, ein ehrenamtliches Betreuer-Netzwerk zu schaffen.
Bereits im vergangenen Jahr war Gerd Grundner auf das vom Landkreis Traunstein seit 2017 erfolgreich durchgeführte Projekt aufmerksam geworden. Über den freigehaltenen Korridor habe sich dann zwar kein Kiebitz, dafür aber eine Feldlerchenfamilie gefreut. „Auch gut“, sagt Grundner, der Mitglied im Verband Naturland ist und den Weidebetrieb mit 180 Kühen, 160 Hektar Nutzfläche, 60 Hektar Wald und Biogasanlage biologisch bewirtschaftet.
Handlungsbedarf sei in jedem Fall gegeben, ergänzte Bettina Gschlößl. Auf Grund des dramatischen Rückganges der Kiebitze in den heimischen Feldfluren, wurde das landkreisübergreifende Bayernnetz-Naturprojekt über die bestehenden Gebiete hinaus in den Landkreisen Traunstein, Rosenheim und Altötting ins Leben gerufen. Ziel ist es, stabile Kiebitzbestände aufzubauen und dadurch die Biodiversität in der Agrarlandschaft zu erhalten.
Die Schwerpunkte liegen dabei im Aufbau eines Betreuer-Netzwerkes aus ehrenamtlichen Kiebitz-Betreuern und die Schaffung ausreichend natürlicher Bruthabitate. Ursprüngliche Lebensräume wie feuchte spät gemähte Wiesen seien heute meistens entwässert und zu Äckern umgebrochen. Der Bodenbrüter müsse deshalb auf Ackerflächen ausweichen.
Der lückenhafte, kurze Bewuchs der Sommerkultur biete eine gute Rundumsicht und einigermaßen gute Bedingungen für den Nachwuchs. Allerdings fielen die unauffälligen Gelege mit meist vier braunen Eiern häufig der frühen Bewirtschaftung dieser Flächen zum Opfer.
Über die Entwicklung modellhafter Strategien soll eine dauerhafte Sicherung der lokalen Kiebitzpopulation in sogenannten Kiebitz-Fenstern gewährleistet werden, erklärte Luise Antwerpen. Die Schutzmaßnahmen in diesen Gebieten umfassen unter anderem die Gelegesuche sowie den Gelegeschutz, die Beratung von Landwirten, die Optimierung der Habitate und Kartierungen.
Der personelle und finanzielle Aufwand ist dabei nicht unbedeutend. Die Beteiligung der Kommunen und der Landwirte zur Schaffung neuer Lebensräume für den Steppenvogel mit den waghalsigen Flugmanövern sei in den vorangegangenen Jahren weitgehend positiv und kooperativ gewesen, so Gschlößl. Allerdings sei es für die zukünftige Beteiligung wichtig, Ertragseinbußen der Gelege-Schutzmaßnahmen in der Landwirtschaft auszugleichen, wodurch der personelle und finanzielle Aufwand verstärkt werde.
Im Jahr 2018 konnten über das vorangegangene Biodiversitäts-Projekt im Landkreis Traunstein etwa 80 Nester auf Ackerflächen geschützt werden. Für eine bessere Zusammenarbeit und als Entschädigung des Mehraufwandes in der Landwirtschaft wäre aus der Sicht der Verantwortlichen eine Nester-Prämie vorteilhaft.
Für Einbußen entschädigt
Gerd Grundner bezifferte seine Ertragseinbuße bei der Sommergerste im vergangenen Jahr auf etwa 16 Doppelzentner. Dafür sei er mit 500 Euro entschädigt worden. Für ihn habe das gepasst. „Es geht einfach ums Drandenken“, sagte Markus Fröschl. Es koste schon Überwindung, die Saatmaschine hochzuheben und ein entsprechendes Areal unbewirtschaftet zu lassen.
Doch der Kiebitz brauche während seiner Brutzeit dringend Unterstützung, um sein Überleben in der aktiven Landwirtschaft zu sichern. Dafür müssten Überzeugungsarbeit geleistet und noch mehr Landwirte und ehrenamtliche Betreuer mit ins Boot geholt werden.