Rosenheim/Wasserburg – Warnstreik morgen, Mittwoch, im Krankenhaus – Patienten in Not? Nein, die zentrale Notversorgung an den bestreikten Kliniken in Rosenheim und in Wasserburg hilft. Der Marburger Bund will mit dem bayernweiten Streikaufruf auch zwei freie Wochenenden im Monat erwirken.
Bürokratie
plagt Mediziner
„Bürokratie erstickt ärztliche Arbeit“, sagt der Marburger Bund (MB), die Interessengemeinschaft der beamteten und angestellten Ärzte in Deutschland. Eine ihrer bundesweiten Studien von 2017 zeigt, wovon – auch heutige – Ärzte träumen: Abbau von Bürokratie (für nichtärztliche Arbeit geben die meisten drei Stunden an), mehr Personal im ärztlichen und pflegerischen Dienst und auf jeden Fall mehr Zeit für Privatleben und eine bessere Lebensplanung. Pi mal Daumen arbeitet ein Krankenhausarzt pro Woche 50 bis 60 Stunden, sagt Klaus-Martin Bauer, Geschäftsführer des MB-Landesverbandes Bayern. Jeder Fünfte hat sogar eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 60 bis 80 Stunden inklusive aller Dienste und Überstunden. Insofern gilt der morgige bayernweite Warnstreik an kommunalen Krankenhäusern wie der Romed-Klinik Rosenheim und dem Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg vorrangig einer der Forderungen in den Tarifverhandlungen: zwei freie Wochenenden pro Monat.
„Das heißt auch, frei von Bereitschaftsdiensten“, definiert Bauer. Wobei die freien Wochenenden flexibel, je nach Kliniksituation, gehandelt werden könnten: Etwa an zwei folgenden Wochenenden Dienst, dann die freien Samstage und Sonntage. Trotz dieser Alternative „tun sich die Kommunalen noch schwer, darauf einzugehen.“
Von den rund 100 Ärzten am Bezirksklinikum in Wasserburg streiken vermutlich fünf. Betroffen ist die neurologische Klinik, teilt Personalleiter Tobias Forstner auf Anfrage unserer Zeitung mit. Die medizinische Versorgung werde unter dem Streik jedoch nicht leiden, betont er. Nicht nur Notfälle würden behandelt. „Wir werden auch alle bereits getroffenen Termine einhalten“. Untersuchungen fänden wie geplant statt.
Streik hin und her – die Patientenversorgung bleibt auch in Rosenheim das A und O. Die Notfallversorgung ist durch ausreichende Personalbesetzungen gewährleistet. „Die Bevölkerung in Stadt und Landkreis Rosenheim kann beruhigt bleiben. Dieser Streik trifft uns nicht unerwartet. Selbstverständlich wird die Versorgung zu jeder Zeit sichergestellt“, betont Hans Daxlberger, Personaldirektor der Romed-Kliniken. Der Marburger Bund bietet auch hier an, dass die Anzahl der Ärzte, die der Bereitschaftsdienst am Wochenende vorsieht, morgen in der Notversorgung eingesetzt werden kann. Das teilte Bauer auf Anfrage mit.
Klinikärzte
im Spagat
Dass Ärzte und Kliniken überhaupt in solch eine brenzlige Lage kommen, führt der Geschäftsführer auf Probleme wie diese zurück: Assistenzärzte verlassen die Kliniken, gehen in die Pharmaindustrie oder in Privatpraxen, um einen festen Zeitrahmen zu haben. Etwa 75 Prozent der in der zitierten Studie befragten Klinikärzte wollten nur noch Teilzeit arbeiten, weil sie mit Zusatzdiensten ohnehin auf 100 Prozent kommen. Die Situation für den Spagat zwischen Arbeits- und Familienwelt verschärft sich Bauer zufolge zudem durch betriebswirtschaftliche Faktoren.
Schon Anfang April hatte die Gewerkschaft zu einem Warnstreik aufgerufen. Ende Mai wollen sich der Marburger Bund und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände erneut zu Verhandlungen an einen Tisch setzen. ew/duc