Oberaudorf – „Was läuft denn hier inzwischen falsch, wenn ich so einen Mist beim Grabbesuch am ganzen Friedhof finde?“ fragt Veronika Blüml empört. Bei „Oberaudorf, do san ma dahoam“ auf Facebook hat sie ein Foto der Schmähschriften veröffentlicht, die sie am Wochenende auf dem Friedhof am Florianiberg fand. Was sei nur aus ihrem Zuhause geworden, fragt sich die jetzt in Rosenheim lebende Gastrofachfrau entsetzt.
„Pubertärer Streich“ vermutet wörtlich eine Facebook-Nutzerin, die Tat eines Einzelnen vermutet ein anderer. Der rät aber auch, Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Volksverhetzung zu stellen. Das war bis Montagvormittag nicht geschehen. Volker Babel, der stellvertretende Dienststellenleiter der Polizei in Kiefersfelden, ist erst durch die Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen auf den Vorfall aufmerksam geworden. „Wir nehmen jetzt unverzüglich die Ermittlungen auf.“
Die sind allerdings in solchen Fällen nicht einfach. Der Schriftvergleich mit anderen Schreiben, die der Polizei vorliegen, ist eine Maßnahme, die Suche nach Zeugen eine andere.
Oberaudorfs Bürgermeister Hubert Wildgruber ist am Montagvormittag überfragt, er weiß von dem Vorfall nichts, muss sich erstmal kundig machen. An einen vergleichbaren Vorfall kann er sich nur ganz dunkel erinnern – es sei viele Jahre her, dass es in der Gemeinde einmal Hakenkreuzschmierereien gegeben hat. Aber sonst? „Nur der Kleinkram, wie er leider immer wieder in jeder Gemeinde mal vorkommt.“
Während im Internet die eine Fraktion abwiegelt, von „Dumme-Jungen-Streich“ schreibt und meint, das Ganze sollte einfach ignoriert werden, dann verlaufe es sich und mehr Aufmerksamkeit habe „der Spinner“ ohnehin nicht verdient, reagiert die andere Fraktion aufgebracht: Dass sich Juden im heutigen Deutschland nicht mehr sicher fühlen, Angst haben, die Kippa zu tragen, sei angesichts deutscher Vergangenheit unerträglich, beschämend und erschreckend, schreibt ein Mann. Menschen mit dieser Gesinnung finde man jetzt leider wieder überall, bedauert eine Frau. „Aus der Vergangenheit nichts gelernt“, so ihr Fazit.
Eine andere Frau fragt sich und die Abwiegler, warum es in Großstädten ernst zu nehmende gefährliche Gruppierungen sein sollen, die für derartige Dinge zuständig sind, „aber hier in Oberaudorf bloß Spinner? Erschließt sich mir nicht.“ Sie sei gerade in Braunau gewesen, „das ist auch eine kleine Stadt am Inn…“
Auch Facebook-Nutzer Jan Schmitt erntet viel Zuspruch für seinen Beitrag: „Das Schlimmste, was man machen kann, ist, das nicht ernst zu nehmen oder zu verharmlosen. Genau das ist es, was schon früher in die Katastrophe geführt hat.