Teilweise in Notwehr gehandelt

von Redaktion

Blutiger Streit auf Raublinger Parkplatz: Bewährung für Polen (33)

Rosenheim/Raubling – Am zweiten Verhandlungstag um die Prügelei zwischen zwei Lkw-Fahrern auf dem Autohof in Raubling kamen die Gutachter zu Wort. Unter anderem aufgrund eines Vergleichs zwischen Opfer und Täter waren sich letztlich alle Seiten einig, dass eine Bewährungsstrafe für einen 33-jährigen Polen als Strafe ausreichend ist.

Lebensgefährliche Verletzungen

Am Wochenende 17./18. November 2018, hatten ein 33-jähriger polnischer und ein 44-jähriger ukrainischer Lkw-Fahrer, die ihre Zugmaschinen auf dem Autohof in Raubling abgestellt hatten, zunächst gemeinsam gefeiert, ehe sie in Streit gerieten. Im Zuge der körperlichen Auseinandersetzung hatte der 44-Jährige teils lebensgefährliche Verletzungen erlitten (wir berichteten).

Gerichtsmediziner Dr. Oliver Peschl schilderte die Verletzungsursachen im Wesentlichen durch den Sturz beider aus der Fahrerkabine in einer Umklammerung als durchaus nachvollziehbar. Zumal bei dieser Alkoholisierung die natürlichen Schutzreflexe nicht funktionieren. Es sei glaubhaft, dass sowohl das Schädelhirntrauma als auch die Brüche in Gesicht und Rippen vom Sturz herrühren. Dazu sei bei einem Alkoholgehalt von 2,5 Promille die Schuldfähigkeit zumindest eingeschränkt. Des Weiteren führte er aus, es sei mit Sicherheit lebensrettend gewesen, dass der Angeklagte sich anschließend umgehend um Hilfe bemüht habe.

Gutachter Dr. Jiri Adametz bestätigte, dass der Angeklagte keinesfalls schweres Schuhwerk getragen habe. Anhand der Blutflecken sei aber auch unbestreitbar, dass dieser mit seinen Füßen das Tatopfer getreten habe. Gutachter Dr. Josef Eberl bestätigte ebenfalls, dass der Blutalkoholgehalt eine eingeschränkte Schuldfähigkeit nach sich ziehen müsse.

Der Angeklagte und sein Verteidiger Rechtsanwalt Harald Baumgärtl stimmten daher einem Schmerzensgeld-Vergleich zu, in dem sich der Pole verpflichtet, an den Ukrainer in monatlichen Raten insgesamt 10000 Euro zu zahlen.

In seinem Schlussvortrag hielt es selbst der Staatsanwalt dann nicht mehr für ausgeschlossen, dass tatsächlich ein Großteil der Verletzungen des Ukrainers aufgrund einer Notwehrreaktion entstanden sein könnten. Was aber keinesfalls mehr durch Notwehr gedeckt gewesen sei, seien die heftigen Tritte gewesen, als der Kontrahent bereits regungslos am Boden gelegen habe. „Es handelt sich also insoweit um eine gefährliche Körperverletzung, die mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden kann“, stellte der Staatsanwalt fest.

Allerdings komme aufgrund der Alkoholisierung und des finanziellen Täter-Opfer-Ausgleichs eine sogenannte Strafrahmenverschiebung zum Tragen. So beantragte der Staatsanwalt eine Gefängnisstrafe von 18 Monaten. Weil der Angeklagte aber nicht vorbestraft sei, könne die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Vertreter der Nebenklage bezweifelte zwar Ursache und Wirkung in dieser verhängnisvollen Auseinandersetzung, stimmte den Ausführungen des Staatsanwaltes aber grundsätzlich zu.

Verteidigung lobt Staatsanwaltschaft

Verteidiger Baumgärtl hob hervor, dass der Antrag des Staatsanwaltes korrekt und fair gewesen sei und dass er sich dem Antrag durchwegs anschließen könne. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Cornelia Doliwa beklagte die „Brutalität dieser Auseinandersetzung“, schloss sich letztlich aber dem Strafmaß von 18 Monaten Gefängnis auf Bewährung an.

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